Die Bedeutung menschlicher Nähe ist in unseren Grundbedürfnissen verankert und so suchen Konsumentinnen und Konsumenten während ihres Kaufprozesses auch nach menschlicher Nähe. Die zunehmende Verlagerung des Einzelhandels in den digitalen Bereich hat jedoch zu einem spürbaren Rückgang der erlebten menschlichen Nähe geführt. Eine Möglichkeit, wieder Nähe zu den Konsument:innen aufzubauen, ist die Verwendung der richtigen Schriftart. Dazu haben Schroll, Schnurr und Grewal eine Studie im renommierten Journal of Consumer Research veröffentlicht.
Schriftarten kommen in der Marketing-Kommunikation vielfältig zum Einsatz: auf Verpackungen, auf Webseiten, auf Werbeanzeigen, u. v. m. Dabei ist das Spektrum an Schriftarten scheinbar grenzenlos. Die meisten Unternehmen verwenden serifenlose Schriften (z. B. Helvetica, Gill Sans, Futura) – diese können auch als „maschinengeschriebene“ Schriften bezeichnet werden. Daneben gibt es auch Schriftarten, die handgeschrieben aussehen, jedoch seltener genutzt werden. Obwohl diese „handgeschriebenen“ Schriftarten auch von Maschinen geschrieben werden, wirken sie wie von Menschen geschrieben.
Maschinengeschriebene Schriftart
Handgeschriebene Schriftart
Handgeschriebene Schriftarten haben unregelmäßige Abstände zwischen den Buchstaben, unregelmäßige Größen zwischen den Buchstaben, unregelmäßige Dicke zwischen den Buchstaben und innerhalb der Buchstaben und einige ungleichmäßig gezogene Linien.
Wie beeinflusst die Wahl der Schriftart die Produktwahrnehmung? Ein genauerer Blick auf den Einfluss der Schriftart im Marketing
Die in der Kommunikation verwendete Schriftart bietet für Unternehmen eine Möglichkeit, die Wahrnehmung des Produkts zu beeinflussen. Dabei entscheiden die Produktcharakteristika, welche Schriftart bei der Vermarktung der Produkte gewählt werden sollte:
Hedonische Produkte (z. B. Dekorative Kerzen, Mode, Erfahrungen, etc.) sollten in ihrer Kommunikation handgeschriebene Schriftarten (z. B. Moon Flower, All Things Pink) verwenden.
Dagegen sollten für funktionale Produkte (z. B. Werkzeug, Buchhaltungsdienstleistungen, etc.) maschinengeschriebene Schriftarten (z. B. Helvetica, Gill Sans, Futura) eingesetzt werden.
Denn handgeschriebene Schriftarten vermitteln ein Gefühl der menschlichen Präsenz und fördern die emotionale Bindung zwischen Konsument:innen und dem hedonischen Produkt. Diese Vermenschlichung des Produkts schafft eine positive Wahrnehmung und erhöht die Kaufwahrscheinlichkeit. Umgekehrt vermitteln maschinengeschriebene Schriftarten bei funktionalen Produkten oder Dienstleistungen, bei denen Konsument:innen auf Robustheit, Kosteneffizienz oder technisches Know-how Wert legen, die Botschaft besser und steigern somit die Kaufwahrscheinlichkeit.
Jedoch wird die Wirkung der zugrundeliegenden Mechanismen abgeschwächt, wenn die Konsument:innen bereits eine starke Marken- oder Produktbindung haben, wie bei bekannten Marken wie Coca-Cola. Denn diese Marken haben oftmals bereits eine stärkere Nähe zu den konsumierenden Personen. Bei funktionalen Produkten hingegen tritt der gegenteilige Effekt auf.
In der Praxis setzen mehrere Unternehmen diese Strategie bereits um. Die Website von Danone, die Verpackung von Evolution Fresh und die Werbung von Oreo und Whole Foods sind nur einige Beispiele. Viele Unternehmen haben diese Nuance jedoch noch kaum genutzt und verwenden weiterhin maschinengeschriebene serifenlose Schriften, unabhängig vom hedonischen oder funktionalen Charakter ihres Produkts. Für diese Unternehmen besteht weiterhin das Potential, die Wahrnehmung und Kaufwahrscheinlichkeit ihrer Produkte mit der richtigen Schriftart zu erhöhen.
Basierend auf: Schroll, Roland, Benedikt Schnurr und Dhruv Grewal (2018), „Humanizing products with handwritten typefaces,“ Journal of Consumer Research, 45(3), 648-672.