Darf man eine Gewinnspielteilnahme mit einer Einwilligung für Werbetelefonate oder Newsletter verbinden? Das OLG Frankfurt (Urt. v. 27.06.2019, 6 U 6/19) hat sich dieser Frage gewidmet und die Kopplung jetzt unter Geltung der DSGVO erlaubt. Das Urteil enthält wichtige Hinweise zum Inhalt der Einwilligung. ECC CLUB Mitglied Rechtsanwalt Rolf Becker, Partner bei WIENKE & BECKER – KÖLN, erläutert diese für die Praxis wichtige aktuelle Entscheidung.
Mit der DSGVO und dem dort geregelten Kopplungsverbot ergaben sich neue Unsicherheiten zur Frage, ob Unternehmer die Teilnahme an einem Gewinnspiel von der Einwilligung zum Newsletter-Empfang abhängig machen dürfen.
Zwar hat das beklagte Unternehmen den Prozess verloren. Das lag aber nicht an der Kopplung, sondern daran, dass man die Einwilligung nicht beweisen konnte. Es ging um ein Gewinnspiel. Teilnehmer mussten zwingend darin einwilligen, auch Telefonwerbung zu erhalten. Im Januar 2018 erklärte ein Teilnehmer seine Einwilligung. Später – und wohl nach dem Inkrafttreten der DSGVO – erhielt dieser einen Werbeanruf.
Freiwillige Einwilligung nach der DSGVO
Die Frankfurter Richter verwiesen auf die Definition der Einwilligung in der DSGVO:
„Nach der Definition in Art. 4 Nr. 11 DSGVO ist eine Einwilligung der betroffenen Person ‚jede freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutig bestätigenden Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist‘.“
Wichtig ist die Freiwilligkeit der Einwilligung. Dies sei gleichbedeutend mit „ohne Zwang“. Ohne Zwang handelt jemand, der eine echte Wahl hat und keine Nachteile zu fürchten hat, wenn er sich für oder gegen eine Einwilligung entscheidet oder diese zurückzieht. Druck wäre hier schädlich, aber es ging ja um eine Vergünstigung: Man nahm an dem Gewinnspiel teil. Eine solche Vergünstigung ist aber nicht mit Druck gleichzusetzen. Der Betroffene „zahlt“ zwar mit seinen Daten. Das liegt aber in der Entscheidung des Verbrauchers.
Im Urteil des OLG Frankfurt heißt es dazu:
„Der Verbraucher kann und muss selbst entscheiden, ob ihm die Teilnahme die Preisgabe seiner Daten ‚wert‘ ist.“
Sofern also transparent dargestellt wird, dass für die Teilnahme an einem Gewinnspiel die Einwilligung in Werbeanrufe erforderlich ist, widerspricht das nicht der Freiwilligkeit der Einwilligung. Niemand zwingt den Verbraucher, an dem Gewinnspiel teilzunehmen.
Gleiches gilt dann natürlich auch für die Einwilligung in E-Mail-Newsletter.
Weitere Anforderungen an die Einwilligung
Eigentlich war die Einwilligung vor Inkrafttreten der DSGVO erteilt worden und das Gericht hätte hier meines Erachtens prüfen müssen, ob die erteilte Einwilligung für den Einsatzfall danach noch Gültigkeit hat. Jedenfalls stellte das Gericht fest, dass die Einwilligung für einen bestimmten Fall gedacht war. Im Urteil heißt es zu der Anforderung:
„Eine Einwilligung erfüllt diese Voraussetzung, wenn sich aus ihr klar ergibt, welche einzelnen Werbemaßnahmen welcher Unternehmen davon erfasst werden, d.h. auf welche Waren oder Dienstleistungen welcher Unternehmen sie sich bezieht (BGH GRUR 2013, 531 Rn. 24 - Einwilligung in Werbeanrufe II; BGH WRP 2017, 700 Rn. 25). Unabhängig von einer etwaigen AGB-Kontrolle ist eine Einwilligungserklärung unwirksam, wenn sie nicht klar erkennen lässt, auf welche Werbemaßnahmen welcher Unternehmen sich die Einwilligung erstrecken soll (…).“
Es muss also aus der Einwilligung die Identifikation der Unternehmen hervorgehen und die Bereichsangabe, also Angaben zu den Waren oder Dienstleistungen für die geworben wird.
Identität der von der Einwilligung begünstigten Unternehmen
In der Vergangenheit hatte es die Rechtsprechung mit ganzen Unternehmenslisten zu tun, die noch dazu ergänzt oder sonst verändert werden konnten. Bei langen Listen befasst sich ein Verbraucher nicht mehr im Einzelnen mit den Unternehmen. Das war den Gerichten zu intransparent. Im aktuellen Fall ging es „nur“ um acht Unternehmen und hierin sah das Gericht kein Problem.
Bereichsangabe oder Produktbezug
Zur Transparenz der Einwilligungserklärung zählt auch die Nennung des Geschäftsfeldes oder des Produktes, das in Zukunft die Werbung betrieben werden darf. Hier ergeben sich bei der Formulierung von Einwilligungen in der Praxis Schwierigkeiten. Zu allgemein darf nämlich die Beschreibung nicht ausfallen.
„Finanzdienstleistungen aller Art“ wäre etwa zu allgemein gefasst. Zu einem Unternehmen („X-Ltd“) hieß es „Marketing und Werbung“. Hier erwartete also den Einwilligenden Werbung zu Marketing und Werbung. Das war den Richtern nicht konkret genug. Gegen die Angabe „Strom und Gas“ hatte das Gericht keine Einwände.
Interessant: Die fehlende Konkretheit bei einem Unternehmen machte die Einwilligung zu den anderen Unternehmen nicht unwirksam (Geltungserhaltende Reduktion).
Beweisbarkeit der Einwilligung
Trotz der teilweise wirksamen Einwilligungsformulierung scheiterte das beklagte Unternehmen. Das werbende Unternehmen konnte nicht nachweisen, dass der Angerufene eine Einwilligung erklärt hatte.
Gerade bei Einwilligungen für Telefonwerbung steht der Unternehmer vor dem großen Problem, dass er in der Regel nicht nachweisen kann, dass der Anschlussinhaber seine Einwilligung erteilt hat.
Im aktuellen Fall hatte man die Angabe von E-Mail und Telefonnummer vorgesehen. Sodann wurde er nach erteilter Einwilligung durch eine E-Mail oder durch einen Anruf um Bestätigung seines Teilnahmewunsches gebeten.
Ein Beweis durch eine Double-Opt-In E-Mail für die Einwilligung des Telefonanschlussinhabers hatte der BGH schon in 2011 nicht als zulässig angesehen (BGH, Urt. v. 10.02.2011, AZ. I ZR 164/09). Es bestehe kein notwendiger Zusammenhang zwischen der angegebenen E-Mail-Adresse und der angegebenen Telefonnummer.
Zwar könnten hier die Adressen aus dem Telefonbuch ermittelbar sein und evtl. auch die Telefonnummer, die E-Mail-Adresse hingegen nicht, so dass der vorliegende Datensatz in der Kombination eine Vielzahl von Informationen enthalte. Je mehr persönliche Daten die Antragsgegnerin habe, desto eher könnten diese nur von der Zeugin stammen. Allerdings sei auch gerichtsbekannt, dass komplette Adressdatensätze in erheblichem Umfang gehandelt würden, so dass dem Umfang der Daten kein erhöhter Indizwert zukomme, so die Richter.
Das OLG Frankfurt vermisste Vortrag dazu, wie denn die Daten des Teilnehmers in die Datenbank des werbenden Unternehmens gekommen waren. Dagegen hatten die angerufenen Teilnehmer an Eides statt versichert, an keinem Gewinnspiel teilgenommen zu haben, keine Telefonnummer angegeben zu haben und auch keinen SMS-Code erhalten zu haben. Damit standen die Behauptungen gegeneinander und das Gericht hatte keine Anhaltspunkte, dass die Versicherung falsch war.
Wie man konkret die Einwilligung in Werbeanrufe nachweisen kann, lässt das Urteil aber leider offen.
Angabe von Identität und Zweck beim Werbeanruf
Das Gesetz verpflichtet den Anrufenden bei einem werblichen Telefonat zu Beginn des Gesprächs seine Identität anzugeben. Im konkreten Fall kam der Anruf nicht direkt von dem beworbenen und von der Einwilligung begünstigten Unternehmen sondern von der Z GmbH, die als Handelsvertreterin Geschäftsabschlüsse zwischen dem beworbenen Unternehmen und den Angerufenen vermitteln sollte. Nach Ansicht des OLG Frankfurt hätte man nicht die Identität der Z GmbH, sondern die des beworbenen Unternehmens angeben müssen. Das geschah aber nicht ausreichend, so dass auch hier ein Unterlassungsanspruch gerechtfertigt war. Die Angabe, man sei „vom Energiedienstleister“ reichte nicht, da kein konkretes Unternehmen benannt wurde. Vielmehr war aus Sicht des Gerichts sogar wahrheitswidrig suggeriert worden, man rufe im Auftrag der bisherigen Anbieterin an.
Auch fehlte die konkrete Angabe des geschäftlichen Zwecks, hier dazu, dass der Anruf den Wechsel des Stromanbieters zum Gegenstand hatte.
Fazit
Einwilligungsformulierungen sind nichts für den rechtlichen Laien. Sie sollten von einem Rechtsanwalt geprüft werden. Ansonsten riskieren Sie, Ihre Marketingbasis irgendwann zu verlieren. Kopplungen mit Gewinnspielen und Einwilligungen, die mehrere Unternehmen begünstigen, sind künftig rechtssicherer zu realisieren.
Mit besten Grüßen
Rolf Becker
- ECC-Rechtstipp zum Download
Nr. 169 | August 2019
Über den Autor
Rechtsanwalt Rolf Becker ist Partner der Rechtsanwälte WIENKE & BECKER in Köln und Autor von Fachbüchern und Fachartikeln zum Wettbewerbsrecht, Markenrecht und Vertriebsrecht insbesondere im Fernabsatz. Als Mitglied im ECC-Club kommentiert Rechtsanwalt Becker für das ECC KÖLN regelmäßig aktuelle Urteile zum Online-Handel und gibt Händlern praktische Tipps, wie sie mit den gesetzlichen Vorgaben umgehen sollen.
RA Becker auf Twitter: http://twitter.com/rolfbecker
Er ist auch Autor auf den Informationsdiensten www.versandhandelsrecht.de und www.fernabsatz-gesetz.de.
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