Wie können deutsche Innenstädte sich aufstellen, um erfolgreich Zukunft gestalten? Für Antworten auf diese Fragen und für neue Ansätze wurden im Herbst 2022 in 111 deutschen Innenstädten rund 69.000 Menschen persönlich interviewt. Nach 2014, 2016, 2018 und 2020 haben wir auch im Jahr 2022 wieder die Befragung „Vitale Innenstädte“ durchgeführt und Passant:innen in teilnehmenden deutschen Innenstädte befragt, wie gut sie den jeweiligen Standort nach Schulnoten bewerten und welche Erwartungen sie mit einem Innenstadtbesuch verknüpfen. In der Folge ist der europaweit größte Datenpool aus Befragungen in Innenstädten entstanden.
Was sind 2022 relevante Ergebnisse?
Erfreulich: Zufriedenheit mit der Innenstadt steigt, Gastro gewinnt deutlich an Bedeutung
Es hellt sich auf bei der Durchschnittsnote zur Attraktivität deutscher Innenstädte. War es 2016 noch der Wert 2,7 (also eine Schulnote von 3+), ist der von allen Antworten abgeleitete Durchschnittswert bei der aktuellen Befragung im Herbst 2022 nunmehr 2,5 (also analog eine Schulnote von 2-).
Dies zeigt, dass nach der Pandemie und während der aktuell wirtschaftlichen Herausforderungen rund um Inflation und Energiekosten Bewertungen positiver sind und Innenstädte sich messbar verbessert haben.
Für eine genauere Einschätzung ist die Betrachtung der Besuchsmotive interessant. Hier wird deutlich, dass der Bereich Gastronomie besonders zulegen konnte. Der vielfach beschriebenen Gastrokrise zum Trotz hat der Bereich Gastronomie im Vergleich zu letzter Erhebung im Jahr 2020 überproportional stark zugelegt. Zwar ist Einkaufen und Shopping immer noch das prägende Besuchsmotiv und führt das Ranking mit Abstand an, es wird aber deutlich, dass in Zukunft Innenstädte mehr verschiedene Besuchsmotive bedienen müssen, um multifunktional zu wirken.
Schwierig: Es gibt tendenziell mehr Kritiker in der Innenstadt, Weiterempfehlung tut Not
In den lokalen Befragungen spiegelt sich das Bild wider, dass mehr Menschen in die Innenstadt kommen als noch in 2020 – dies gilt sogar für die Zielgruppe der Onlineshopper:innen.
Diese auch bei unterschiedlichen Frequenzmessungsanbietern belegte Tendenz ist jedoch nicht so stark, dass Besuchsfrequenzen Werte im Niveau von vor der Pandemie erreicht hätten. Wenn dies so ist, stellt sich für Kommunen und ihre Innenstädte die zentrale Frage: Was ist zu tun, um Weiterempfehlung für den Standort zu erwirken? „Warst Du schon einmal in der Stadt X, die ist sehr zu empfehlen.“ Dieser formulierte Satz bedeutet im besten Fall mehr Besucher:innen und damit auch mehr Potenzial für die örtliche lokale Wirtschaft. Leider hat sich in der Analyse der Vitalen Innenstädte 2022 gezeigt, dass aktuell in mehr als der Hälfte der Kommunen mehr Passant:innen kritisch auf die jeweilige Stadt blicken und es wenig Befürwortung – ergo Weiterempfehlung – gibt. Hier ist daher in puncto Zukunft eine wesentliche Stellschraube, die lokal angegangen werden muss. Gerade im Themenfeld Erlebnis bieten sich gemäß der Studienergebnisse vielfältige Möglichkeiten, auch kurzfristig Wirkung für mehr Weiterempfehlung zu erzielen. Und: Im Ambiente, sowie verschiedenen touristischen, aber auch freizeit- und kulturorientierten Themen finden sich weitere Hebel, um mit Weiterempfehlung langfristig zu punkten.
Hier müssen Städte und Kommunen ansetzen. Hier sind auch Mut und Versuchswille gefordert, einmal neue Wege zu gehen. So wäre es wünschenswert, wenn sich Kommunen Versuchsräume erschaffen, in den sie andere Konzepte verproben oder in denen auch neue Player der Innenstadt Raum erhalten, sich auszuprobieren. In vielen Orten in Deutschland wird Leerstand immer sichtbarer. Hier anzusetzen könnte damit nicht nur für die Weiterempfehlung dienlich sein, sondern gleichzeitig auch den lokalen Immobilienbesitzenden Werterhalt ermöglichen. Als IFH KÖLN freuen wir uns bei solchen Zukunftsprojekten aktiv einzubringen. Der Fundus an Daten, der mit der Studie VITALE INNENSTÄDTE 2022 jetzt vorliegt, hilft dabei, die richtigen Entscheidungen herzuleiten.