Hanau

Leerstand verhindern bevor er sichtbar wird – für ein proaktives Ansiedlungsmanagement.

Deutschlandkarte Hanau markiert
© Nadine Hoffmann | www.nh-visuals.com

Claus Kaminsky

Oberbürgermeister der Stadt Hanau

„Im schlechtesten Fall erfahren wir von Geschäftsaufgaben, wenn die Schaufenster ausgeräumt sind. Das digitale Leerstands- und Ansiedlungsmanagement hilft, drohenden Leerstand frühzeitig zu erkennen, um ihn mit zukunftsfähigen, kreativen Konzepten, die nach Hanau passen, zu verhindern. Diese langfristige und kooperative Planung hilft uns auch dabei, den Besatz und die Entwicklung der Quartiere qualitativ aufzuwerten.“

Porträt Claus Kaminsky, Oberbürgermeister der Stadt Hanau

Wieso wurde sich für eine Teilnahme am Projekt entschieden?

Mit „Hanau aufLADEN“ betreibt die Stadt bereits seit 2019 ein aktives Innenstadt-Entwicklungsprogramm, mit dem Ladensterben verhindert und die City belebt werden soll. Instrumente und Ansätze dafür sind unter anderem die städtische Vorkaufsrechtssatzung, Pop-up-Stores, Förderprogramme und neue Gestaltungsideen für Freiräume.

Wir als aufmerksame Beobachter:innen haben die Gespräche am Runden Tisch „Leerstände vermeiden – Innenstädte beleben“ vom damaligen Bundeswirtschaftsminister Altmaier verfolgt und sind mit vielen Teilnehmer:innen im Austausch geblieben. Aus verschiedenen Workshops hat sich dann das Projekt zu den Stadtlaboren ergeben.

Wir sind sehr froh und stolz als einzige hessische Kommune an dem Projekt mitwirken zu dürfen, um unsere Erfahrungen aus den kommenden Monaten gemeinsam mit allen anderen Modellstädten ab 2023 allen deutschen Kommunen zur Verfügung stellen zu können.

Daten sind die Grundlage für Entscheidungen. Daten zu sammeln und anhand derer Auswertungen zu erstellen, um Handlungsschlüsse für die strategische Ausrichtung abzuleiten – eine wichtige Aufgabe für die zukünftige Entwicklung von Innenstädten.


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Was sind die größten Herausforderungen vor Ort in Bezug auf Leerstands- und Ansiedlungsmanagement?

Die größten Herausforderungen liegen in der Kommunikation sowie in dem Mitwirken der Immobilieneigentümer. Über unsere Vorkaufsrechtssatzung, die wir bereits Ende 2019 beschlossen haben, können wir aktiv Einfluss auf das Immobiliengeschäft nehmen. Wir haben uns seitdem mit über 200 Immobiliengeschäften befasst und sind in den Dialog mit vielen  Eigentümern gekommen. Dieses neue Netzwerk gilt es zu pflegen – dazu gehört auch Vertrauen, das wir Stück für Stück aufbauen. Denn es geht bei der Vorkaufsrechtssatzung nicht hauptsächlich darum, den Markt zu stören, sondern gemeinsam mit Eigentümern Ideen zu entwickeln, wie ihre Immobilie und damit die Innenstadt aufgewertet werden kann. Eigentümer brauchen in ihrer Ansiedlungsstrategie Weitsicht und sollten die Gesamtstrategie einer Stadt unterstützen. Wir appellieren an ihre Verantwortung: Es darf nicht immer nur um den schnellen Euro gehen. Ein gutes Konzept, das am Anfang vielleicht ein bisschen weniger Miete zahlt, ist mittel- und langfristig besser als ein x-beliebiges, das überhöhte Mieterwartungen erfüllt – für den Eigentümer und für die Innenstadt.

Und diese – unsere – Überzeugung gilt es im täglichen Dialog mit Immobilienbesitzern zu äußern und als Partner an ihrer Seite zu stehen.

Was versprechen wir uns von der geplanten digitalen Plattform?

Das Ziel der geplanten digitalen Plattform ist es, durch einen ganzheitlichen Überblick zu Leerständen, Immobilienstruktur, angebotenen Gewerbeflächen und möglichen Anbietern ein proaktives Ansiedlungsmanagement auf Basis eines Innenstadtkonzeptes zu bekommen. Um das schaffen zu können, halten wir den Dialog zwischen allen Akteurinnen und Akteuren der Innenstadt für essenziell.

Die Themen multifunktionale Ansiedlung und dialogorientiertes Arbeiten zwischen Kommunen und Immobilienwirtschaft sind zentral für den Erhalt der Attraktivität von Innenstädten. Leerstand zu erfassen und zu managen ist die Pflicht, dabei mit neuen Ansiedlungsstrategien örtliche Vielfalt zu erwirken, die Kür.

Wir freuen uns, Teil dieses praxisorientierten Projekts zu sein, um so beizutragen, eine bessere Grundlage für vitales innerstädtisches Leben geben zu können.

Woran arbeitet die Modellstadt im Projekt aktuell konkret?

Durch den Beschluss der Vorkaufsrechtssatzung sind wir in der Lage, sehr viele Immobilien in unserer Datenbank zu erfassen. Zum aktuellen Stand sind alle Immobilien im Satzungsgebiet Innenstadt und Altstadt erfasst und wir können die ersten Testversuche mit Ansiedlungswilligen auf der Suche nach den richtigen Locations starten.

Welche Best Practices zur Vitalisierung gibt es schon vor Ort? Welche Erfahrungen wurden hierbei gemacht?

Unser Stadtentwicklungsprogramm Hanau aufLADEN umfasst ein ganzes Bündel an Maßnahmen. Zum einen die intensive Befassung mit der Immobilienseite, zum anderen viele, viele Maßnahmen, um den Bestand zu unterstützen, gerade vor dem Hintergrund der Pandemiefolgen.

So bieten wir zum Bespiel eine kostenlose Digitalberatung für alle Einzelhändler, Dienstleister und Gastronom:innen an.

Für das Anwerben neuer Konzepte haben wir diverse Förderprogramme, wie unsere Newcomer-Starthilfe aufgelegt. Hier können Bewerber:innen für neue Konzepte, die die Innenstadt bereichern, bis zu 10.000 Euro an Unterstützung bekommen.

Dann haben wir inzwischen vier Pop-up-Flächen im Angebot, die junge Unternehmen gegen eine sehr geringe Miete zum Ausprobieren ihrer Ideen nutzen können.

Und wir scheuen auch nicht davor zurück, selbst in die Betreiberschaft zu gehen, wenn es darum geht, strategisch wichtige Immobilien zu bespielen. Im Juni haben wir unseren KunstKaufLADEN Tacheles eröffnet, der zum Leuchtturm unseres Wirkens geworden ist, bundesweite Beachtung findet und sich als vollumfassender Erfolg erwiesen hat.

Wie wichtig ist für uns der Austausch mit anderen Städten?

Wir sind von Beginn an Unterstützer und Teilnehmer im Netzwerk DIE STADTRETTER. Alle Kommunen stehen vor den gleichen Herausforderungen. Voneinander zu lernen und Erfahrungen auszutauschen, spart nicht nur Geld und Ressourcen, sondern fördert auch in vielen Projekten den Zusammenhalt.

Im täglichen Austausch innerhalb des Netzwerkes haben sich bereits sehr viele gute Kontakte ergeben. Somit können Kräfte gebündelt werden und anstehende Herausforderungen oftmals gemeinsam gemeistert werden. An manchen Stellen haben sich auch Fehler vermeiden lassen, da andere Kommunen bereits die Erfahrungen gemacht haben und im Netzwerk davon berichtet haben.

Was ist aus unserer Sicht der USP unserer Stadt, der Menschen in die City ziehen kann?

Die Entwicklung der vergangenen Jahre hat ganz klar gezeigt, dass ein passives Zuschauen, was mit der Innenstadt passiert, nicht der richtige Weg ist. Städte müssen sich einmischen, mitgestalten, Rahmenbedingungen für Handel und Gastronomie verbessern. Nur dann schafft man Vertrauen und neue Netzwerke, durch die Dinge bewegt werden können – bewegen heißt natürlich auch verändern. Die Menschen haben ein großes Bedürfnis, in der Innenstadt, dem Energiezentrum, zusammenzukommen. Das ist seit Jahrtausenden so. Die Nutzung der Innenstadt hat sich dabei immer wieder verändert, aber die Kernfunktion, dass sich die Menschen im Herzen der Stadt treffen und austauschen, hat alle Veränderungen überdauert. Darauf wollen wir aufbauen. In Hanau ist für uns klar, dass das Einkaufen Stück für Stück an Relevanz für die Innenstadt verlieren wird. Deshalb braucht der Handel neue Nachbarn. Es braucht neue Treffpunkte, außergewöhnliche Erlebnisse, Kindergärten, Grünflächen usw. Wo sonst kann man mit der ganzen Familie, alleine oder mit Freund:innen einen Kaffee in der Frühlingssonne trinken, einen frischen Salat einkaufen, nach einer passenden Hose suchen, bummeln gehen? Wo sonst steht die richtige Bühne für den Wunsch nach Sehen und Gesehen-Werden? Wir sollten uns auf das konzentrieren, was wir können, nämlich Stadt sein.

Ihr Ansprechpartner in Hanau

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