Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) ist eine hoch dynamische Branche: Wettbewerbsgetrieben setzen immer mehr Supermärkte auf innovative Technologien, die für eine noch bessere Customer Journey sorgen sollen. Selbstzahlerkassen sind mittlerweile in vielen Filialen zu finden, aber geht da noch mehr? Wie kann der Einkaufsprozess weiter optimiert werden? Diesen Fragen geht unser heutiger HandelBar Gast tagtäglich nach: Prof. Dr. Stephan Rüschen beschäftigt sich seit mehr als zwölf Jahren intensiv mit verschiedenen Fragen rund um den Lebensmittelhandel und teilt sein Wissen als Professor an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Heilbronn (DHBW Heilbronn). Zu Gast am IFH KÖLN gibt er Host Dr. Kai Hudetz Insights zu seinem Spezialgebiet: Smart Stores.
Zwischen Grab & Go und Self-Scanning
Um als Smart Store zu gelten, müssen Lebensmittelmärkte laut dem Experten unter anderem folgende Kriterien erfüllen: Sie sind jeden Tag zu jeder Zeit geöffnet, unbemannt und bargeldlos. (12:38). Außerdem sind sie in der Regel eher klein und in ländlichen Regionen zu finden. Innerhalb der Stores werden dabei verschiedene Konzepte technologisch umgesetzt, erklärt unser Gast. Bei der Self-Scanning Methode übernehmen die Konsument:innen den eigenen Kassiervorgang in einem unbemannten Markt. Die Grab & Go Methode geht noch einen Schritt weiter: Die Kund:innen müssen sich vor dem Betreten registrieren, werden im Laden durch Kameras und KI getracked und können ohne Kassenvorgang den Einkauf vollziehen und den Laden verlassen – „Die höchste Form des frictionless shopping*, die wir heute kennen“, postuliert Prof. Rüschen (14:06).
Potenziale und Bedenken
Nicht allen Konsument:innen sind diese neuen Konzepte geheuer, wie sich auch in unserer Schwerpunktstudie der IFH FÖRDERER im vergangenen Jahr 2023 gezeigt hat. Manche wollen keine zusätzliche App nutzen oder fragen sich, wie es um den Datenschutz bezüglich der Kameras, die für das Grab & Co Konzept notwendig sind, steht, beobachtet Prof. Rüschen (ab 22:26). Auch das Verlassen des Ladens ohne Rechnung werfe Fragen auf: Was ist, wenn zu viele/ nicht alle Produkte erfasst wurden? Hier sei es auf Händlerseite wichtig, Aufklärungsarbeit zu leisten, um das Vertrauen der Kundschaft zu gewinnen, so der Experte. Genauso wichtig sei aber auch das Bewusstsein, dass Smart Stores nicht Jede:n überzeugen können – aber auch nicht müssen! Der Handel müsse in Sachen technischer Fortschritt bestimmt voran gehen: Eine ähnliche Sichtweise auf neue Technologien im Handel, wie sie auch Pascal Beij von Unzer bei seinem HandelBar Besuch in puncto Abschaffung des Bargelds mit uns teilte.
Future is now
Abschließend resümiert unser Gast: Die Technologie für den Einsatz von Smart Stores ist startklar. Verbesserungspotenzial bietet sich bei der Sortimentsoptimierung und der Preispolitik (33:54). Wenn dann noch die Kund:innen überzeugt werden, stellen Smart Stores eine effiziente Option, die deutschlandweite Versorgung 24/7 zu ermöglichen, dar.
Ob es bald Smart Stores in jedem Ort geben wird? Prof. Rüschen und auch wir bleiben nah an den weiteren Entwicklungen dran!
Weitere Folgen zum Thema LEH:
Faire und bezahlbare Milchprodukte – geht das? – Dr. Marcel Hahne (Arla)
Lebensmittelrettung als Geschäftsmodell – Raphael Fellmer (SIRPLUS)
Wie nachhaltig wird der Lebensmittelhandel der Zukunft? – Daniela Büchel (REWE)
*reibungsloses Einkaufen, die schnellstmögliche Customer Journey