Jede:n einzelne:n Kund:in individuell und gezielt ansprechen? Klingt super und ist dank Customer Targeting heute möglich. Wir haben mit Thorsten Mühling, CEO und Gründer von ECC CLUB Mitglied epoq, über personalisierte Kundenansprache entlang der Customer Journey gesprochen – inklusive anschaulicher Beispiele!
Personalisierte Kundenansprache gibt es nicht erst seit gestern. Wie hat sich das Themenfeld in den letzten Jahren oder sogar Jahrzehnten entwickelt und verändert?
Das stimmt, Personalisierung ist schon seit längerem in aller Munde – und das zurecht. Denn die personalisierte Kundenansprache gewinnt immer mehr an Bedeutung und stellt ganz besonders in Zeiten von Corona eine wichtige Möglichkeit dar, die Nähe zu Kund:innen aufzubauen. Personalisierung ist der Schlüssel, die Vorzüge, die wir aus dem stationären Handel kennen, auch online abzubilden und eine 1:1-Kommunikation zu schaffen. Der oder die Verkäufer:in im Ladengeschäft um die Ecke kennt seine Kund:innen, steht ihnen persönlich beratend zur Seite und geht individuell auf die Bedürfnisse jedes bzw. jeder einzelnen ein – und genau das macht Personalisierung auch digital möglich.
Dabei kann heute nicht mehr nur punktuell personalisiert werden, sondern entlang der gesamten Customer Journey. Außerdem kann die personalisierte Kundenansprache in verschiedenen Personalisierungsstufen (für alle Kund:innen, bestimmte Kundensegmente oder für jede:n Kund:in individuell) zum Einsatz kommen. Dadurch lassen sich auch Kampagnen entlang der gesamten Customer Journey in verschiedenen Stufen bis hin zu einer vollumfänglichen personalisierten Kundenansprache umsetzen. Somit entstehen zum einen begeisternde Einkaufserlebnisse und zum anderen können Shopbetreiber von gesteigerten KPIs profitieren.
Gebt uns einen groben Überblick: Welche Strategien gibt es? Welche werden besonders häufig genutzt, welche sind eher spezieller und aufwendiger?
Möchte man eine personalisierte Kundenansprache im E-Commerce einsetzen, gibt es hierfür ganz unterschiedliche Ansätze und Strategien. Zum Einstieg eignet sich beispielsweise die Personalisierung einzelner Use Cases, die einfach umzusetzen sind. Mögliche Use Cases sind zum Beispiel die Ausspielung personalisierter Empfehlungen in Form von Zusatzprodukten im Warenkorblayer oder das Anzeigen eines passenden Produktsets rund um ein ausgewähltes Produkt auf der Produktdetailseite.
Eine aufwendigere Möglichkeit wäre beispielsweise die Integration eines personalisierten Shoppingbereichs für jede:n einzelne:n Kund:in. Dieser Bereich im Onlineshop verbindet alle Präferenzen eines oder einer Kund:in und stellt ihm bzw. ihr persönliche Lieblingsartikel und -marken, Shopping News sowie Contentbeiträge auf einer einzigen Shopseite zur Verfügung.
Egal welche Strategie ein Shopbetreiber wählt: Es ist in jedem Fall wichtig, zunächst die Basisfunktionalitäten zu optimieren, bevor man Schritt für Schritt tiefer in die Personalisierung einsteigen kann. So ist es beispielsweise möglich, an einem bestimmten Touchpoint mit der Optimierung zu starten und die gesamten Klicks und Käufe der Shopkund:innen zu berücksichtigen. Anschließend kann die Strategie auf weitere Touchpoints ausgeweitet oder einzelne Touchpoints können stärker personalisiert werden, indem Kampagnen für bestimmte Kundensegmente erstellt werden. Veredelt wird das Ganze dann, wenn zusätzlich noch die individuellen Präferenzen der Shopkund:innen berücksichtigt werden, die schließlich für eine 1:1-Personalisierung sorgen.
Könnt ihr anhand allgemeiner Beispiele zeigen und differenzieren, welche Strategien sich in welchen Branchen besser eignen und welche weniger?
Bestimmte Strategien lassen sich nicht unbedingt nur nach Branchen differenzieren. Welche Strategie sinnvoll für den jeweiligen Onlineshop ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel:
Zeitspanne für Wiederholungskäufe
Für einen Onlinehändler, der spezialisiert auf Gartenhäuser und Outdoorartikel ist, macht es beispielweise wenig Sinn, einem/einer Kund:in nach dem Kauf eines Gartenhauses in einer Follow-up-E-Mail noch weitere Alternativen an Gartenhäusern anzubieten. Schließlich ist in diesem Segment die Wahrscheinlichkeit für Wiederholungskäufe eher gering. Stattdessen würde es sich für diesen Händler anbieten, Zusatzartikel zu empfehlen. Vielleicht möchte der/die Shopkund:in zu seinem/ihrem Gartenhaus auch noch einen Zaun oder einen Grill für die nächste Gartenparty kaufen oder er bzw. sie benötigt Holzfarben, um sein/ihr Häuschen zu streichen.
Hierbei wird also bereits ein wichtiger Faktor angesprochen: Die Wahrscheinlichkeit von Wiederholungskäufen bzw. die Zeitspanne, bis gleiche oder ähnliche Produkte erneut gekauft werden. Dies kann je nach Branche bzw. Produktangebot stark variieren.
Bei Gebrauchsartikeln wie Drogerieartikeln oder Lebensmitteln ist die Dauer recht kurz. In diesem Fall entwickeln Kund:innen Präferenzen für bestimmte Produkte, sodass es durchaus sinnvoll sein kann, auch diese Produkte immer wieder zu empfehlen. Es wird dann zwar kein neuer Artikel empfohlen aber durch die Empfehlung wird die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass der bzw. die Kund:in das Produkt in diesem Shop kauft und nicht woanders.
Besonderheiten von Branche und Produktangebot
Jede Branche sowie die Produkte der Branche haben im Verkauf und damit auch in der Personalisierung ihre eigenen Herausforderungen. Bestimmte Branchen weisen dabei jeweils besondere Merkmale auf, die für die personalisierte Ansprache berücksichtigt werden sollten.
Im Modebereich spielt so die Größe eine ganz entscheidende Rolle. Diese sollte bei allen Produktvorschlägen miteinbezogen werden, sodass Kund:innen keine Produkte empfohlen bekommen, die in ihrer Größe gar nicht verfügbar sind. Ebenfalls berücksichtigt werden sollte die aktuelle Saison, damit zum Beispiel im Winter keine Bademode empfohlen wird.
Bei Cross-Selling-Empfehlungen von technischen Artikeln ist es besonders wichtig, dass die technische Kompatibilität gewährleistet wird, beispielsweise bei Zusatzartikeln (Hülle, Ladekabel etc.) zu einem bestimmten Smartphonemodell.
Customer-Journey-Phase
Außerdem entscheidend für die Strategie sind die Customer-Journey-Phase bzw. die Touchpoints, an welchen die personalisierte Kundenansprache zum Einsatz kommt.
In der Phase der Produktrecherche ist beispielsweise eine intelligente Suchfunktion hilfreich. Diese macht in jedem Shop Sinn, denn sie schafft Orientierung und leitet Kund:innen auf schnellem und einfachem Weg zum gewünschten Produkt. In der Phase der Produktauswahl ist hingegen eine gute Beratung entscheidend. Hierfür können verschiedene Strategien verfolgt werden, je nachdem, ob es um erklärungsbedürftige Produkte, wie zum Beispiel Koffer, Laufschuhe oder Badewannen geht, oder ob es sich um selbsterklärende Produkte wie Bekleidung, Bücher oder Möbel handelt.
Auch beim Einsatz von Empfehlungen auf verschiedenen Shopseiten, die in der Phase der Kaufbereitschaft für Inspiration sorgen, können ganz unterschiedliche Strategien angewendet werden. Auf Produktdetailseiten ist das Ausspielen von Alternativprodukten sinnvoll, um die Kund:innen bei der Auswahl des passenden Produkts zu unterstützen. Im Warenkorb sollte auf Alternativen dagegen unbedingt verzichtet werden, um Shopkund:innen an dieser Stelle nicht mehr in ihrer Wahl zu verunsichern. Hier eignen sich wiederum Zusatzartikel, die den Warenkorb zusätzlich füllen können.
Mehr Infos dazu, wie etablierte Onlineshops die verschiedenen Strategien bereits erfolgreich einsetzen, gibt es in unserem ECC WEB TALK zum Thema „Customer Targeting: Möglichkeiten der personalisierten Kundenansprache im E-Commerce“ am 22.04.2021 ab 14 Uhr. Zur Anmeldung!
Welche Herausforderungen gilt es zu bewältigen?
Wichtig zu beachten ist insbesondere, dass man Personalisierung nicht einfach an- oder ausschalten kann, sondern dass es sich um einen Entwicklungsprozess handelt. Man sollte deshalb stets mit der Basis beginnen, Grundfunktionalitäten optimieren und darauf aufbauend nach und nach verstärkt auf Personalisierung setzen.
Für eine erfolgreiche personalisierte Kundenansprache spielt insbesondere der Produktkatalog eine zentrale Rolle, denn der Algorithmus greift auf die Daten im Produktkatalog zu und benötigt diese als Arbeitsfläche, um den Lernprozess zu starten und sich immer weiterzuentwickeln.
Eine weitere Herausforderung stellen Datensilos dar. Diese gilt es zu vermeiden und stattdessen eine Wissensbasis über alle Services und Touchpoints hinweg aufzubauen. Denn nur so können die Services voneinander lernen und eine vollumfängliche Personalisierung über alle Touchpoints hinweg kann gewährleistet werden.
Die generelle Herausforderung für Shopbetreiber besteht aber vor allem darin, die vielfältigen Möglichkeiten der Personalisierung im Onlineshop auch zu nutzen und der personalisierten Kundenansprache über die verschiedenen Touchpoints hinweg Raum zu geben.