Die EU-Kommission hatte im April 2016 Änderungen zu mehreren Verbraucherrichtlinien vorgeschlagen. „New Deal for consumers“ lautete die zukunftsorientierte Bezeichnung. Jetzt ist das Paket geschnürt und die neuen Regelungen wurden vom EU-Parlament verabschiedet. Wenn der EU-Rat zugestimmt hat, gilt eine zweijährige Übergangszeit. ECC-Club-Mitglied Rechtsanwalt Rolf Becker, Partner bei WIENKE & BECKER - KÖLN informiert über die anstehenden Neuerungen.
Fitness-Check lautete das Stichwort für eine Überprüfung mehrerer EU-Richtlinien im Verbraucherschutzbereich. Insbesondere die Richtlinie 2011/83 / EU über Rechte der Verbraucher stand im Fokus.
Ranking-Infos bei Suchergebnissen
Nach den Änderungsbestimmungen soll in der Richtlinie zu unlauteren Geschäftspraktiken die Einhaltung neuer Informationspflichten sichergestellt werden, die sich rund um die Werbung mit Rankings drehen. Rangfolgen, etwa in Vergleichsportalen oder auch auf Plattformen, in denen Angebote präsentiert werden, sind gemeint. Dies betrifft etwa Flugsuchmaschinen, aber auch Marktplattformen wie Amazon und eBay.
In Art. 4 f) der Richtlinie werden Infos über das Ranking von Angeboten als verpflichtend eingestuft.
Anzugeben sind die wichtigsten Parameter und deren Bedeutung, die das Ranking der Produkte bestimmen, welches sich als Ergebnis der Suchabfrage oder sonstigen Abfrage eines Verbrauchers etwa in Suchfunktionen, Suchmaschinen und Ähnlichem ergibt.
Damit erfährt ein Verbraucher etwa, ob ein Suchergebnis nur deshalb an erster Stelle auftaucht, weil der größte Provisionsbetrag geflossen ist. Ein Verstoß wird in die „Black List“ aufgenommen und ist damit immer abmahnbar. Auch die Algorithmen sind transparent zu machen, nach denen Preise auf den Besucher angepasst werden.
Regeln für Kundenbewertungen
In Ziffer 6 ergeben sich neue Verpflichtungen, sofern mit Kundenbewertungen geworben wird. Hier ist anzugeben, wie sichergestellt wird, dass der Verbraucher das bewertete Produkt auch gekauft oder genutzt hat. Die Bewertungen sollen authentisch sein. Der Werbende muss hierzu angemessene Maßnahmen zur Prüfung vorsehen (ansonsten „Black-List Verstoß“). Die Beauftragung von Dritten, gefakte Bewertungen und Statements abzugeben, ist künftig auch immer als Verstoß anzusehen.
Informationen zu abweichenden Handhabungen von Beschwerden entfallen künftig aus dem Katalog der Information, deren Fehlen eine abmahnfähige Irreführung darstellen kann.
Vorgaben zu Kommunikationsmöglichkeiten mit dem Kunden
Die Angabe einer Faxnummer bei den Angaben zu Kommunikationsmitteln, die dem Verbraucher zur Verfügung stehen sollen, ist entfallen. Dafür muss jetzt über Kommunikationsmittel, die dem Verbraucher Möglichkeiten der schriftlichen Kommunikation bieten, informiert werden, wenn der Händler solche Möglichkeiten zur Verfügung stellt.
Personalisierte Preise
Neu ist die Information zur Preisfindung. Erfolgt eine automatische Preisanpassung an den Besucher (personalized on the basis of automated decision making), sind die personalisierten Preise als solche kenntlich zu machen (Art. 6).
Infos zur Gewährleistung und Ranking
Hinweise auf das gesetzliche Gewährleistungsrecht werden von Waren auf digitale Inhalte und Services ausgedehnt. Marktplätze müssen die oben angeführten Rankinginformationen direkt und leicht erreichbar bereithalten und angeben, ob der Anbieter ein Händler ist oder nicht und dass die Verbraucherrechte bei Privatpersonen nicht gelten. Zudem sind Angaben über die Aufteilung zu machen, wenn der Marktplatz bestimmte vertragliche Pflichten übernimmt. EU-Mitgliedsländer können weitere Pflichten vorsehen.
Widerrufsrecht fast unverändert
Eigentlich hatte der Kommissionsvorschlag weitreichende Änderungen geplant. So sollte etwa das Widerrufsrecht bei übermäßigem Testen der Ware entfallen. Jetzt wurde nur die Angabe zur Faxnummer aus der Widerrufsbelehrung genommen und die Angabe des Widerrufs-Musterformulars entfällt künftig aus dem Katalog der vorvertraglichen Informationen bei Kommunikationsmitteln mit beschränktem Raum oder Zeit. Das Muster konnte ohnehin nicht bei telefonisch geschlossenen Verträgen präsentiert werden und der Europäische Gerichtshof hatte dies schon jüngst in einem von mir geführten Verfahren so entschieden.
Bei der Widerrufsfrist droht künftig wieder eine unterschiedliche Handhabung. Sie kann nämlich in Fällen von Vertragsschlüssen bei unaufgeforderten Hausbesuchen und bei Verkaufsfahrten von den EU-Staaten auf 30 Tage verlängert werden. Entsprechend verlängern sich in diesen Fällen die maximalen Widerrufsfristen, wenn die Belehrung nicht erfolgte oder falsch war.
Datenschutz
Auch der Datenschutz darf nicht fehlen. Die Händler werden in der Nutzung von Daten im Zusammenhang mit digitalen Dienstleistungen und Inhalten beschränkt auf notwendige Nutzungen.
Fazit:
Die Auswirkungen der Änderungen müssen natürlich noch analysiert werden und auch die konkrete nationale Umsetzung bleibt abzuwarten. Hoffnungen auf Erleichterungen beim Widerrufsrecht haben sich zerschlagen. Die Informationen zum Pricing und zu Rankings werden sicher noch die Marketingabteilungen fordern.
Ihr Rolf Becker
- ECC-Rechtstipp zum Download
Nr. 166 | Mai 2019
Über den Autor
Rechtsanwalt Rolf Becker ist Partner der Rechtsanwälte WIENKE & BECKER in Köln und Autor von Fachbüchern und Fachartikeln zum Wettbewerbsrecht, Markenrecht und Vertriebsrecht insbesondere im Fernabsatz. Als Mitglied im ECC-Club kommentiert Rechtsanwalt Becker für das ECC KÖLN regelmäßig aktuelle Urteile zum Online-Handel und gibt Händlern praktische Tipps, wie sie mit den gesetzlichen Vorgaben umgehen sollen.
RA Becker auf Twitter: http://twitter.com/rolfbecker
Er ist auch Autor auf den Informationsdiensten www.versandhandelsrecht.de und www.fernabsatz-gesetz.de.
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