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Amazon ist nicht nur fünftgrößter Händler in Deutschland, sondern Infrastruktur des Konsums
Über die „Amazonisierung des Konsums“ habe ich in letzten Monaten viel gesprochen: Kein Onlineshop wird so häufig angesteuert und ist so stark im Relevant Set der Konsumenten verankert wie Amazon. Die Beliebtheit als Kaufort und die starke Rolle als Produktsuchmaschine zeigen sich deutlich an den Onlineumsatzanteilen: 46 Prozent der deutschen Onlineumsätze werden von Amazon generiert und weitere 24 Prozent sind durch die Informationssuche auf Amazon vor dem Kauf in anderen Onlineshops beeinflusst. Doch die reine Verankerung im Onlinekontext greift viel zu kurz: In der Liste der Topeinzelhändler in Deutschland ist Amazon mit 26,4 Mrd. Euro Umsatz bereits auf Platz 5 angekommen – hinter Edeka, der Schwarz Gruppe, REWE und Aldi. Auf die Rolle als Informationsplattform vor stationären Käufen möchte ich an dieser Stelle gar nicht weiter eingehen – klar stechen hierbei die Kundenbewertungen als Leitpfosten heraus.
Durch konsequentes Weiterdenken und Innovationen getrieben, drängt die Amazon-Offensive mit voller Schubkraft aber in viele weitere Geschäftsfelder und wird auch zur ernsthaften Konkurrenz für etablierte Player wie TV-Sender außerhalb der Handelswelt. Allein im Geschäftsjahr 2017/2018 hat Amazon rund 23 Mrd. US-Dollar für Forschung und Entwicklung ausgegeben und fast 2.000 Patente in den USA angemeldet. Im großen Amazon-Ökosystem gibt es kein Silodenken, alle Tätigkeiten wirken positiv für das große Ganze mit einem klaren Ziel: Wachstum. Neben den vielen Services und Devices für Konsumenten, breitet Amazon seine Vormachtstellung auch im Hintergrund – für Konsumenten teils unsichtbar – weiter aus. Gerade Amazon Web Services fungiert dabei als stille Finanzierungsquelle des Wachstums, von der andere Geschäftsfelder profitieren. Durch sein schnelles und breites Wachstum in neue profitable Geschäftsfelder wird das Infrastrukturnetz von Amazon immer engmaschiger.
Amazon ändert die Spielregeln: Reiner Produktverkauf reicht nicht mehr aus
Für Marktakteure in der amazonisierten Welt kann es daher nur heißen: Raus aus der Komfortzone. Es ist oftmals einfach und bequem so weiterzumachen wie bisher – doch wenn das Umfeld sich radikal ändert, ist dies höchst gefährlich: Wenn es um den Produktverkauf geht, hat Amazon bereits heute seine unangreifbare Positionierung und wird diese durch weitere Optimierungen festigen und ausweiten. Das Geschäftsmodell klassisch auf der Handelswertschöpfungsstufe aufzubauen, ist damit wenig nachhaltig – wenn es sich nicht um besondere Produkte handelt. Und diese Transformation ist nicht einfach. Schaut man sich beispielsweise die Händler in der DIY-Branche an, sieht man wie die Baumärkte trotz des geringen Onlineanteils ächzen – dabei wurde die Aufholjagd nur von den wenigsten, darunter Hornbach, konsequent gestartet. Denn Amazon zeigt nicht nur durch sein Geschäftsmodell, dass neue Spielregeln gelten, auch die Bedürfnisse der Konsumenten verändern sich nachhaltig.
Der Weg vom Produktverkauf hin zur Positionierung als Service-/Lösungsanbieter ist hierbei kein einfacher – doch der einzig mögliche, wenn Händler mit ihren Standorten zukünftig nicht nur als Logistikhubs fungieren oder gar vom Markt verschwinden möchten. Hierbei greift die Diskussion zu Online-/Cross-Channel-Services zu kurz – es geht um Angebote, die weit über den Produktverkauf hinausgehen und eine Erleichterung im Leben der Konsumenten schaffen. Welche Bedürfnisse hat die Zielgruppe und welche Services helfen dabei? Wie sehen die Passung zur Marke und das zukünftige Geschäftsmodell aus? Dies sind nur einige der Fragen, die es nachhaltig zu beantworten gilt. Hierbei ist klar, dass ohne Kooperationen und neuer Form der Zusammenarbeit mit Herstellern keine Entwicklung möglich ist – denn eine durchschlagende Innovationskraft ist als Einzelkämpfer nur schwer hervorzubringen. Wie Henry Ford passend sagte: „Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist“.