Everywhere-Commerce ist die nächste Stufe in der Kundensansprache, als Weiterentwicklung des Multi-Channel-Ansatzes. Wie es Unternehmen gelingen kann, ihre Kund:innen dort zu erreichen wo sie sind, erklärt uns Simon Putzer, Area Vice President, Central & Eastern Europe bei unserem ECC CLUB Mitglied Sitecore, im Interview.
Everywhere-Commerce gilt als Perfektionierung des Multi-Channel-Marketings. Was sind für dich hier die wichtigsten Aspekte?
Völlig richtig. Mit Commerce Anywhere, Conversational Commerce oder auch Everywhere-Commerce kommen wir dem Heiligen Gral im Marketing oder eben auch Sales immer näher. Hervorzuheben ist auch, dass dies nicht neu, sondern eine konsequente und durch Technologie getriebene Weiterentwicklung des Multi-Channel-Marketing-Ansatzes ist. Wir bei Sitecore glauben ganz fest daran, dass Marken, Unternehmen und Händler, die fokussiert daran arbeiten das Kundenerlebnis und die Customer bzw. Commerce Journey zu verbessern, erfolgreicher sind sowie bessere, langfristigere und loyalere Kundenbeziehungen aufbauen. Hierbei ist es wichtig, überzeugende Erlebnisse (via Content und E-Commerce) zu liefern, die relevant und personalisiert sind. Sie sollten auf einer 360-Grad-Kundensicht basieren und in Echtzeit angepasst werden können. Wir alle haben heutzutage so wenig Zeit, die Kundenaufmerksamkeit zu erreichen. Aus diesem Grund sollten überzeugende Kaufanreize kanalübergreifend über die gesamte Buying Journey angeboten werden. Kund:innen wollen häufig dort „Jetzt kaufen“ klicken, wo sie unseren Marken zuerst begegnen. Das kann auf Instagram, TikTok, einer Microsite oder auf Facebook sein. Unternehmen sollten sich bewusst sein, dass alle „Großen“ wie Google, Amazon und Facebook schon jetzt eine Full-Funnel-Strategie verfolgen. Sprich, die Zielgruppen in allen Phasen der Buying Journey zielgerichtet ansprechen und diese Journey auch innehaben. Natürlich funktioniert jedes Unternehmen anders, trotzdem ist es wichtig, sich bewusst zu machen, was „draußen“ passiert und was ich davon sinnvoll in mein Geschäftsmodell übernehmen kann.
Was müssen Unternehmen beachten und wie kann das funktionieren?
Groß denken, klein anfangen. Der heutige, moderne E-Commerce ermöglicht dies, da er technologisch auf der MACH-Architektur (Microservices, API-First, Cloud-native, Headless) basiert. Dadurch lassen sich Projekte schnell und flexibel umsetzen (und zwar in Wochen, nicht in Monaten bzw. Jahren), z. B. mit einem MVP (Minimum Viable Product, einer funktionsfähigen Erstversion einer Lösung). Hier gilt es dann genau zu messen, zu analysieren und iterativ zu verbessen. In Bezug auf „Think big“ glauben wir, dass es wichtig ist, vom Ende her zu denken. Also was passiert, wenn meine E-Commerce Buying Journey besser wird, mehr konvertiert und ich mehr verkaufe.
Unternehmen müssen sich fragen: „…Habe ich genügend Ware, habe ich ein funktionierendes Service Center, um das erhöhte Auftragsvolumen zu bearbeiten, Kund:innen entsprechend zu beraten, Chatbots, die hier unterstützen können, Systeme, die ineinandergreifen, ... etc.“. Wenn mehr verkauft wird, müssen vorher die Datensilos identifiziert und beseitigt werden. Sicher können Unternehmen nicht alles auf einmal realisieren, wichtig ist es zu wissen, wohin die Reise gehen soll und wie ich ans Ziel komme.
Solche Transformationen benötigen die richtige Unternehmenskultur und das richtige Mindset. Dann klappt es auch, die Transformation mit Technologie zu realisieren.
Müssen deiner Meinung nach Unternehmen entsprechend der Full-Funnel-Strategie auf allen Kanälen präsent sein und wenn ja warum?
Ganz klar Jein -:). Wie oben beschrieben ist die Full-Funnel-Strategie bei den Big Tech-Unternehmen bereits Realität. Die Umsetzung passt aber nicht immer zu meinem Geschäftsmodell. Ich muss mich fragen, welche Kanäle von meiner Zielgruppe genutzt werden, wohin die Entwicklung geht, wie die Buying Journey für mein Business aussieht (hier kommen auch wieder die Kundendaten ins Spiel!). Also ist es erstmal ratsam eine Bestandsaufnahme zu machen, danach kann ich schauen, wie ich diese Strategie zukünftig ausbaue bzw. umsetze, um Kund:innen langfristig zu gewinnen und zu binden.
Immer up to date zu sein wird vor diesem Hintergrund immer wichtiger. Welche E-Commerce Technologietrends sind für dich zurzeit am relevantesten für Unternehmen und warum?
Wir brauchen Technologie, die weniger monolithisch ist und die es Unternehmen dadurch erlaubt, Projekte agiler und flexibler anzugehen. Im modularen bzw. heute auch „composable“ Aufbau liegt hier ganz klar der Trend. Und vor allem im Retail sind die Integrationen mit z. B. ERP-/PIM-/CRM-Systemen, Kundenservice und Fullfiment ein absolutes Muss. Hier kommt wieder die MACH-Architektur ins Spiel, mit der sich dank Cloud skalieren lässt, Systeme dank API connecten lassen sowie Frontend und Backend entkoppelt laufen (mein digitales Schaufenster ändert sich nicht, wenn ich im Hintergrund Änderungen vornehme). Ein mächtiges Tool ist auch die gesamte Search-Thematik. Hier liegt noch viel Potenzial für Unternehmen. Sie müssen es uns einfach machen, das Richtige zu finden. Dies ist der technologische Teil. Aber wie immer ist dieser nur so gut, wie die dahinter stehende Strategie. Es braucht das passende Mindset im Unternehmen, wenn ich Neues ausprobieren möchte (neue Checkout-Prozesse, andere Kanäle) und den Willen mich ständig zu verbessern. Und dies auch abteilungsübergreifend bzw. unternehmensweit. Geschäftsmodell, Technologie und Unternehmenskultur müssen darauf entsprechend ausgelegt sein. Dann wird es eine runde Sache.