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7. Mai 2020

Neben dem Handel waren und sind auch andere Branchen vom Corona-Shutdown betroffen – so auch die Sport- und Fitnessbranche. Dr. Eva Stüber hat mit Nicole Bongartz, Gründerin und Inhaberin von Lord Vishnus Couch – einem der führendem Yoga Vinyasa Studios in Deutschland – gesprochen und erfahren, wie ein Yogastudio über Nacht sein Angebot digitalisiert hat und was andere aus dieser “Hands on”-Mentalität lernen können.

Welche Gedanken sind dir beim Shutdown durch den Kopf gegangen?

Als die Nachricht kam, dass wir schließen müssen, bin ich persönlich erstmal in eine Starre verfallen und wollte am liebsten die Zeit vorspulen und nicht daran teilhaben, sage ich jetzt mal so ganz ehrlich. Dies hat sich dann aber relativ schnell auch aufgelöst – denn uns wurde bewusst, dass unsere Tätigkeit durchaus auch digital abgebildet werden kann und gerade in dieser Zeit auch gebraucht wird – außer Joggen und Spaziergehen war in der Freizeit nicht mehr viel möglich. In einer Art „Nacht-und-Nebel-Aktion“ haben wir daher alles eingeläutet. Dienstag war der Shutdown, drei Tage später haben wir die ersten kostenfreien Liveklassen auf Instagram angeboten und acht Tage später war unser Online-Yoga-Studio live.

Wow, das ist Geschwindigkeit. Wie seid ihr vorgegangen und was waren eure Überlegungen dabei?

Wir mussten dazu eine neue Verwaltungssoftware einrichten, neue Preisstrukturen finden, einen neuen Kursplan erstellen, Technik dazu kaufen – das muss kein High-End-Equipment und für Zoom muss man ja jetzt auch nicht studiert haben. Und dann haben wir auch die Aktivität in unseren sozialen Netzwerken ziemlich hochgefahren, um die Leute darüber auch alle zu informieren und dann ging es los.

Die kostenfreien Klassen auf Instagram waren der Startpunkt – zum einen waren wir noch nicht bereit für nicht-kostenfreie Stunden, zum anderen ging es darum, die Community bei uns zu behalten und für diese da sein, also einfach in Verbindung zu bleiben. Deshalb haben wir erstmal das Medium Instagram benutzt und sind auch dabei geblieben (immer Montag bis Freitag um 9:30 Uhr). Obwohl wir auf der einen Seite das Geld momentan zwar auch brauchen, haben die Leute auf der anderen Seite auch weniger Geld und dieser kostenfreie Service ist dann auch einfach für die Leute, die es sich gerade nicht leisten können die Mitgliedschaft weiter laufen zu lassen und trotzdem Yoga brauchen. So sehen wir auch, wie unsere Community wächst: 20 Prozent mehr Follower*innen in den letzten Wochen.

Was erhaltet ihr denn für Reaktionen aus eurer Community?

Es gibt viele sehr positive Reaktionen, aber natürlich gibt es auch Leute, die jetzt ihre Mitgliedschaft pausieren oder sogar auch kündigen. Es gibt aber auch Leute, die neu dazu kommen, weil sie sagen „Hey, das ist total super, ich bin weggezogen aus Köln aber jetzt dieses Onlineangebot kann ich total gut wahrnehmen.“ Wir haben zum Beispiel Schülerinnen und Schüler, die jetzt in anderen Ländern leben oder die einfach Familie bekommen haben und am Rand von Köln wohnen und es so nicht mehr ins Yoga-Studie schaffen – da sind Onlinekurse natürlich ideal. Aufgrund der zu 90 % positiven Resonanz werden wir unser Online-Angebot auch parallel anbieten, wenn wir dann wieder öffnen dürfen.

Wie würdest du denn eure Learnings aus dieser Digitalisierung zusammenfassen?

Also zusammenfassend hat sich da auf jeden Fall ein ganz neuer Raum aufgetan, der jetzt natürlich von vielen in der Yoga-Szene auch schnell besetzt wird, aber nichtsdestotrotz auch ein Raum von sehr vielen neuen Möglichkeiten. Und das ist super interessant für mich, denn ich bin überhaupt kein „Technik Freak“ und mir macht es jetzt so auch überhaupt keinen Spaß mich in irgendwas herein zu fummeln und rein zu arbeiten. Entsprechend aufgeregt war ich auch vor diesen ersten Sessions. Und das war richtig toll, da dann seine Komfortzone zu verlassen und einfach zu merken, wie easy das eigentlich ist: Eine Technik, die es so schon lange gibt, man hat es vorher nur einfach nicht benutzt. Das Learning ist wirklich, dass es für jedermann, jedefrau machbar ist. Darüber hinaus ein weiteres wichtiges Learning für mich: Es ist tatsächlich auch möglich, eine energetische Arbeit am Computer zu machen. Das ist irgendwie verrückt! Es ist nicht natürlich nicht das gleiche wie in live, aber trotzdem gibt es eine Verbindung und man baut ein Energiefeld auf mit den Schülern. Wir digitalisieren jetzt auch unsere internationale Yogakonferenz, die wir im Mai natürlich auch nicht anbieten können.

Sehr spannend! Vor dieser Herausforderung der Digitalisierung, raus aus der Komfortzone, stehen ja momentan ganz viele. Hast du noch etwas, dass du der Zielgruppe Händler und Hersteller gerne mitgeben möchtest, aus dem was ihr gelernt habt?

Also für mich war insofern interessant, dass ich schon lange vor hatte Sachen zu digitalisieren, aber vorher da gar nicht der Raum und die Zeit dazu da war. Und das fand ich jetzt interessant, dass ja dann doch in der Krise letztendlich auch eine Möglichkeit drinsteckt. Ich würde auf jeden Fall empfehlen, keine Scheu zu haben, sich Hilfe dazu zu holen. Wir haben auch gesagt, es nutzt jetzt auch nichts, wenn wir hier auf unseren Kröten sitzen bleiben, damit ist niemandem geholfen. Wir haben dann einfach Leute mit ins Boot geholt, die auch Erfahrung haben, wie zum Beispiel einen Kameramann. Die können dann ja auch relativ schnell wieder abspringen, sobald man im Flow ist mit den Produkten oder mit den Sachen. Also keine Scheu zu haben vor Neuinvestitionen, keine Scheu zu haben auch wirklich Hilfe anzufragen, bei Leuten die schon länger in dem Feld tätig sind. Und ansonsten denke ich, das Beste, was man jetzt machen kann, es muss keine Digitalisierung sein, aber ist einfach zu gucken, wo geht so eine Tür auf, in die ich hineingehen kann, einfach damit alles im Fluss bleibt. Ich kann nur nochmal betonen:  Wenn wir alle in die Starre gehen und auf unserem Geld sitzen bleiben, auf dieser Idee sitzen bleiben à la „Ich kann nicht weiterarbeiten, alles ist jetzt scheiße“, dann wird die Krise noch größer werden als sie sein muss.

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