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3. Juni 2024

Von der Corona- über die Lieferketten- bis zur Inflations-, Haushalts- und Wirtschaftskrise: Die letzten Jahre waren durch intensive, multiple und disruptive Krisen geprägt – mit starken Auswirkungen auf Konsummuster, beispielsweise steigende Kaufzurückhaltung oder Angebotsaffinität. So stellt sich insbesondere die Frage, welche Auswirkungen das veränderte Konsumverhalten auf Themen wie Nachhaltigkeit und Digitalisierung hat: Inwieweit werden diese Themen durch die multiplen Krisen weiterhin „befeuert“ oder gegebenenfalls auch wieder zurückgedrängt? Welche Entwicklungen sind bis hierhin zu beobachten und welche möglichen Zukunftsszenarien lassen sich ableiten?

Verunsicherung führt zu Emotionalität und dem „Revival“ klassischer Einkaufsfaktoren

Im November 2023 haben wir rund 3.000 Konsument:innen nach ihrem Konsumverhalten und ihren Einstellungen befragt und somit eine valide Datenbasis für die oben genannten Fragestellungen geschaffen. Über die Gesamtbevölkerung hinweg lässt sich dabei feststellen, dass die Inflations- und Wirtschaftskrise unter Konsument:innen vor allem Angst und Verunsicherung auslöst. Dies wiederum führt – wie auch im politischen Bereich oft diskutiert – zu einer „Rückbesinnung“ auf bekannte und bewährte, „klassische“ Konsumtrends. Insgesamt drei Konsumtrends wurden bevölkerungsübergreifend in unserer Analyse identifiziert:

  • Preis(-Leistung) und Sonderangebote werden wichtiger
  • Geplantes und bewusstes Kaufen schlägt Spontaneität
  • Bewusstsein für Qualität und Langlebigkeit steigt

Nachhaltigkeit: Gesellschaftliches Interesse intakt

In Zeiten von hohen Preisen und zurückgehender Kaufkraft, gleichzeitig aber größerem Bewusstsein für Qualität und Langlebigkeit ist der Blick auf das Themenfeld Nachhaltigkeit besonders spannend. Sind Konsument:innen tatsächlich bereit, auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nachhaltig zu handeln bzw. zu kaufen, weil dies dem starken Bedürfnis nach bewussterem und qualitativerem Kaufen entspricht? Oder überwiegt der hohe Preisdruck und Konsument:innen weichen doch wieder vermehrt auf günstigere, nicht nachhaltige Preisklassen aus?

Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass das Thema Nachhaltigkeit nach wie vor stark gesellschaftlich verankert ist. So geben 49 Prozent der befragten Konsument:innen an, dass ihnen Nachhaltigkeit sehr wichtig ist, weitere 33 Prozent stimmen dieser Aussage immerhin teilweise zu. In den unterschiedlichen Altersgruppen gibt es dabei kaum Unterschiede: Die Relevanz von Nachhaltigkeit ist beispielsweise unter den 18- bis 29-Jährigen genauso hoch wie unter den 60- bis 69-Jährigen (jeweils 50 % geben eine sehr hohe, 32 bzw. 35 % eine mittlere Wichtigkeit an).

Nachhaltigkeit: im Spannungsfeld zwischen bewusstem und qualitätsorientiertem Kaufen und Preisfokus

Der Blick auf die drei identifizierten Konsumtrends ist insbesondere in Hinblick auf mögliche Zukunftsszenarien spannend: Welche Effekte auf das Thema Nachhaltigkeit sind ausgehend von einem steigenden Preisfokus, bewussterem und geplanterem Kaufen und einer höheren Qualitäts- und Langlebigkeitsorientierung mittel- bis langfristig zu erwarten?

Der immer größer werdende Preisfokus zahlt zunächst nicht direkt auf das Thema Nachhaltigkeit ein – denn oft wird für nachhaltige Produkte ein Aufpreis verlangt. Insbesondere der Secondhandmarkt wird jedoch durch die größere Preisorientierung „befeuert“: So geben 77 Prozent der Secondhand-Käufer:innen an, dies aus finanziellen Gründen zu tun – nur 43 Prozent geben Umweltgründe an. Der - laut IFH-Berechnungen - bereits im vorletzten Jahr 14,8 Milliarden Euro große stark wachsende Secondhandmarkt wird daher voraussichtlich auch zukünftig wachsen.

Die Konsumtrends bewusstes/geplantes und qualitäts-/langlebigkeitsorientiertes Kaufen zahlen hingegen deutlich auf das Thema Nachhaltigkeit ein: So geben 53 Prozent der Konsument:innen an, dass sie der aktuelle Konsumwahn stark stört, weitere 27 Prozent zumindest teilweise. 53 Prozent lehnen Fast-Fashion-Anbieter strikt, weitere 20 Prozent teils ab. Hier ist also ein weiteres Wachstum nachhaltiger Kategorien zu erwarten. Auch der stark wachsende und bereits 2022 rund 3,7 Milliarden Euro große Markt für Reparaturleistungen dürfte mittelfristig vom größeren Wunsch nach Langlebigkeit profitieren und stetig weiter wachsen.

Handlungsoptionen für Handelsunternehmen: Nachhaltige Sortimente, CSR und neue Geschäftsmodelle

Aus der Analyse der Konsumtrends und deren Anwendung auf das Themenfeld Nachhaltigkeit ergeben sich drei Handlungsoptionen für Handelsunternehmen:

  • Nachhaltige Sortimente: Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass „nachhaltige Produkte“ beim Blick auf die Treiber der Einkaufsstättenwahl in der Gesamtbevölkerung nur eine nachgelagerte Bedeutung haben (Gesamtbedeutung bei der Betrachtung von rund 50 Einkaufstreibern: ca. 1 %)
  • CSR (Corporate Social Responsibility): Auch hier gilt zu berücksichtigen, dass der Aspekt „Nachhaltigkeit des Händlers“ bei der Auswahl einer Einkaufsstätte ebenfalls nur eine eher geringe Bedeutung hat (Gesamtbedeutung bei der Betrachtung von rund 50 Einkaufstreibern: ca. 1 %)
  • Neue Geschäftsmodelle: Die oben genannte Analyse zeigt, wie gut Secondhand-, Leih-, Upcycling- oder Reparaturservices die Konsumtrends Preis, Bewusstsein und Qualität bedienen und somit spannende Möglichkeiten für neue und profitable Geschäftsmodelle darstellen

Die Aspekte nachhaltige Sortimente, CSR und neue Geschäftsmodelle sollten daher gemeinschaftlich und ganzheitlich in die Nachhaltigkeitsstrategie von Handelsunternehmen integriert werden. Dabei sollte die eigene Kundenstruktur und die spezifischen Bedürfnisse der eigenen Kund:innen berücksichtigt werden.

Exklusiver Zugriff  & What's next:

Als IFH FÖRDERER haben Sie die Möglichkeit, auf die Aufzeichnung unseres SCIENCE TALKS "Kaufverhalten und Konsumtrends im Wandel: Zwischen Hype und Technologiemüdigkeit" zuzugreifen, in dem Dr. Kai Hudetz und Jens-Peter Gödde spannende Einblicke geben.

„KAUFVERHALTEN UND KONSUMENTENTRENDS IM WANDEL“ wird auch das Thema der IFH-Schwerpunkstudie und der Faszination Handel 2024 sein. Dabei wird auch das Thema Nachhaltigkeit beleuchtet. Über eine zweite Konsumentenbefragung im Sommer 2024 sollen weitere Datenpunkte im Jahresvergleich generiert und somit mehr Klarheit über die mittel- und langfristigen Trends und Entwicklungen im Handelsumfeld geschaffen werden. 

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