Unser ECC CLUB Mitglied iAdvize aus Frankreich, seit 2016 mit Büros in Düsseldorf, berichtet im Interview über Customer Experience und die Notwendigkeit von Konversation im E-Commerce. Dabei geht Cyril Catel, Strategic Account Director bei iAdvize, unter anderem auch auf die neuesten Entwicklungen im Bereich künstlicher Intelligenz ein.
Customer Experience ist ein Buzzword, dass es nicht erst seit heute gibt. Gerade im digitalen Bereich streben viele Unternehmen an, eine persönliche Komponente mit in das Onlineerlebnis zu bringen. Warum ist Persönlichkeit und Menschlichkeit auch im digitalen Umfeld von enormer Bedeutung?
Tatsächlich ist der Begriff zu einem Buzzword geworden. Heute ist die Customer Experience – also das Onlineerlebnis – das neue Produkt. Es reicht nicht mehr, sich über das angebotene Produktsortiment, den Preis oder die kostenlose Lieferung differenzieren zu wollen. Onlineshops sind aus Sicht der Kund*innen austauschbar, denn sie bieten alle mehr oder weniger dieselben Produkte an. Kund*innen erwarten ein einzigartiges Erlebnis und dazu zählen unter anderem auch schnelle Antworten, Empathie und Vertrauenswürdigkeit, aber auch, dass ihnen schlicht und ergreifend geholfen wird.
In der heutigen Erlebnisökonomie ist daher die Konversation für Unternehmen, die wirtschaftlich wachsen wollen, von strategischer Bedeutung geworden, um Kund*innen eine persönliche, authentische und kompetente Beratung anzubieten. Deswegen sprechen wir auch von „Conversational Experience“.
Hersteller und Onlinehändler setzen auf den Aufbau einer Konversationsstrategie in Richtung ihrer (B2C und B2B) Endkund*innen, um ihre strategischen Ziele zu erreichen. Welche Rolle die Konversation in der Customer Experience spielt, hat auch bereits die Studie „Customer Experience durch Kundendialog“ gezeigt: Ihre Bedeutung nimmt zu und wird immer mehr Teil der digitalen Transformation.
Euer Fokus liegt darin, Konversation in die Customer Experience mit einfließen zu lassen. Sei es, als Produktberatung bei der Recherche, während dem Check-out oder im After Sales Bereich. In welchen Branchen ist digitale Konversation besonders wichtig und wie wirkt sich diese auf den Erfolg von Unternehmen aus?
Die Konversation als Teil der besseren Customer Experience ist branchenunabhängig für die meisten Unternehmen relevant. Hier spielt es erstmal keine Rolle, ob das Unternehmen ein Onlinehändler, ein Hersteller, aus der Touristik, der Energie- oder Finanzbranche ist. Es ist heute einfach ein Must Have für Unternehmen mit einer Onlinepräsenz.
Vor 10 Jahren haben Marken angefangen, den Livechat als Zusatzkanal anzubieten, um ihre Kund*innen online zu beraten und die Conversion Rate zu erhöhen. Wir stellen dabei nicht selten eine Conversion Rate von 30 Prozent nach einer Konversation fest. Dies ist aber heute state of the art. Für Endkund*innen stellt die Beratung via Livechat allein heute daher keinen Wow-Effekt mehr dar.
Meine Empfehlung ist es, zuerst festzulegen, welches Ziel man erreichen will, damit die für den eigenen Onlineshop richtige Vorgehensweise umgesetzt werden kann. Die E-Commerce-Leitung verfolgt in der Regel die klassischen Konversion- und Umsatzsteigerungsziele. Im After-Sales-Kundenservice wiederum werden oft die Kostenreduzierung und die Verbesserung des Servicelevels als Hauptziele verfolgt. Das alles schaffen wir mit Hilfe einer ganzheitlichen Strategie, die oft Kundenberater*innen und künstliche Intelligenz zusammenbringt. Dies wird in Zukunft eine noch wichtigere Rolle spielen, wie wir auf unserer letzten Konferenz Conversation® berichtet haben.
Vor allem People-to-people-Konversation ist oft aufgrund von Arbeitszeiten oder auch Arbeitsaufkommen begrenzt. Für dieses Problem habt ihr eine Community ins Leben gerufen. Erzähle uns ein bisschen mehr darüber und über die Vorteile für Kund*innen, aber auch Händler.
Neben klassischen Kundenberater*innen und mittlerweile weit verbreiteten Chatbots ist die dritte Möglichkeit für Unternehmen, ihre Kund*innen durch Expert*innen beraten zu lassen. Wir haben bereits 2016 festgestellt, dass Onlineshops bis zu 70 Prozent ihrer Kontaktchancen im Live Chat verpassten, weil sie nicht genug Ressourcen haben. Die ibbü Community besteht heute aus 20.000 Experten, die aus einer Leidenschaft für DIY, Mode oder eine Sportart eine wahre Expertise entwickelt haben, diese mit Onlinekund*innen teilen und dafür natürlich vergütet werden.
Für Endkund*innen liegt der Vorteil darin, dass sie jederzeit – selbst am späten Sonntagabend um 23 Uhr – eine Antwort erhalten. Außerdem schätzen Kund*innen, dass das Gespräch persönlich und authentisch ist, denn nicht selten senden Expert*innen Fotos oder Videos im Chat zur Veranschaulichung.
Der Vorteil für Marken und Händler ist, dass sie neben der viel authentischeren Beratung auch unendlich skalieren können. Durch den Einsatz der Expert*innen, die echte Fans der Marke sind, erhöhen Händler und Hersteller nicht selten den Durchschnittwarenkorb um 40 Prozent und verdoppeln ihren NPS-Score.
Insbesondere für die Branchen Consumer Electronics, DIY, Sport, Mode und Touristik ist das Konzept besonders erfolgreich. Immer da, wo Kund*innen eine Leidenschaft und eine Expertise für das Produkt oder die Dienstleistung entwickeln können.
Mit Blick auf die immer noch anhaltende Coronapandemie: Konntet ihr feststellen, dass das Thema „Konversation in der digitalen Customer Journey“ an Bedeutung gewonnen hat?
Auf jeden Fall! Am Anfang der Pandemie haben wir eine steile Steigerung des Konversationsvolumen festgestellt. Im Bereich Konsumgüter war dies durch die Schließung von Filialen während des Lockdowns bedingt. Um die schwache Auslastung der Verkäufer*innen auszugleichen und den Online-Kundenberater*innen des Unternehmens unterstützend zur Seite zu stehen, entschied sich einer unserer Kunden beispielsweise dazu, 400 Verkaufsmitarbeiter für den Onlinesupport einzusetzen.
Wir konnten außerdem sehen, dass Unternehmen, die noch keine Chats oder andere Messaging-Kanäle bedienten, ihre Entscheidungswege verkürzt haben und die Implementierung deutlich schneller als sonst in die Wege geleitet wurde.
Spannend blieb die Frage, ob der Trend anhalten wird. Jetzt, sechs Monate nach dem Ausbruch der Pandemie, stellen wir weiterhin fest, dass die Conversational Experience zu einer Top-Priorität von Unternehmen im Onlinehandel geworden ist. Unternehmen haben erkannt , dass sie dank einer Konversationsstrategie schneller aus der Krise kommen werden.
Ihr seid schon seit einigen Jahren Mitglied in unserer ECC CLUB Community. Wovon konntet ihr in der Vergangenheit besonders profitieren?
Ich selber war bei iAdvize bis jetzt nicht Ansprechpartner für den ECC CLUB, daher freue ich mich jetzt besonders auf den Austausch mit der Community – sei es mit den Mitgliedern oder mit dem Clubteam selber. Ich finde besonders spannend, wenn Synergieeffekte zwischen mehreren Händlern, Herstellern und Dienstleistern entstehen.