Mit einem „Hallo aus Köln“ begrüßt Kai Hudetz, Geschäftsführer des IFH KÖLN, gemeinsam mit dem zugeschalteten René Dreske von Eventpartner AGAD e.V. die ersten Teilnehmer:innen unserer dritten B2BEST DIGITAL am 9. September 2021. Während der Einlasszeit der zahlreichen weiteren Teilnehmenden in das Zoom Meeting nutzen die beiden Moderatoren neben einem ersten kurzen Blick auf die Großhandelsbranche die Gelegenheit, bereits den nächsten Termin am 28. Oktober rund um das Thema „Digitalisierung des Außendienstes“ anzukündigen. Dies soll – so Corona es zulässt – laut Hudetz dann auch das letzte Digitalevent der B2BEST sein. Im Hintergrund planen die Teams vom ECC KÖLN und AGAD, für das nächste Jahr in Präsenzveranstaltungen überzugehen.
Betrug zunehmend ein Problem im B2B-Handel
Im Fokus der B2BEST stand dieses Mal das Thema „Digital Identity“ und das aus einem guten Grund: Laut aktuellem B2BEST Barometer, dessen ausgewählte Ergebnisse von Kai Hudetz und Christian Kramer von Event- und Studiensponsor Creditreform vorgestellt wurden, sehen 72 Prozent der B2B-Unternehmen einen Anstieg an Betrugsversuchen. So hat der Großhandel jetzt in puncto Digitalisierung zwar den Fuß auf dem Gaspedal, sieht die Chancen des Onlinehandels und investiert in die digitale Transformation – gleichzeitig zeigt die Onlineisierung der Branche mit dem Anstieg an Betrugsversuchen, beispielsweise in Form der Angabe falscher Identitäten, seine Schattenseiten. Das Problem für dreiviertel der befragten Großhändler und Hersteller: Es fehlt eine nachhaltige Lösung für den Nachweis digitaler Identitäten im B2B-Onlinehandel, ebenso viele wünschen sich eine Lösung eines vertrauenswürdigen Dritten, die über alle Kanäle hinweg Identitäten prüft.
Dezentrales Firmenidentitäts- und Stammdatenmanagement
Einen Impulsvortrag zu dieser aus Sicht der Unternehmen Idealvorstellung – eine Plattform zum Stammdatenmanagement – hielt Werner Folkendt von Bosch Connected Industries. Die Problematik: Jedes Unternehmen möchte der Plattformeigentümer sein und so entstehen häufig kleine Plattformen ohne Skalierungs- und Netzwerkeffekte. Dabei kann dezentrales Firmenidentitäts- und Stammdatenmanagement Kosten und Prozessprobleme reduzieren sowie die Qualität der Daten steigern. Während es heute vielfach so ist, dass Intermediäre Daten der Kund:innen in proprietären Plattformen pflegen, sieht die Ideallösung nach Folkendt so aus, dass jede Organisation nur die eigenen Daten pflegt und anderen kostenfreien Zugriff auf diese gibt. In einem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Projekt wird derzeit daran gearbeitet, eine Infrastruktur für sichere digitale Identitäten zu schaffen.
Convenience, Schnelligkeit, Sicherheit
Creditreform bietet mit seinem Produkt CrefoTrust eine mögliche Lösung für das Problem des Identitätsbetrugs, das die meisten Großhändler und Hersteller beschäftigt. Bernd Bütow und Daniel Guschauski brachten dabei zunächst das Problem auf den Punkt: Die meisten Nachweise sind aktuell noch analog, müssen also erst digitalisiert werden. Heutige Identifizierungslösungen wie Auto- oder Videoidentverfahren sind zwar notwendig, um Betrug zu verhindern, aber wenig kundenfreundlich. Durch CrefoTrust wird die digitale Identität mit Informationsnachweisen verknüpft („signiert“) und als wiederverwendbare digitale Visitenkarte gespeichert. Über einen in Standardformulare eingebundenen Button kann sie abgerufen werden. Dieser Verifizierungsprozess bietet Nutzer:innen nicht nur volle Transparenz und Convenience – schnelles Onboarding für Neukund:innen –, sondern auch die sofortige Übermittlung der Daten , die im digitalen Prozess weiterverarbeitet werden können.
Was kann B2B von B2C lernen?
Wie so häufig lohnt es sich, auch einmal über den Tellerrand hinauszuschauen. Das bedeutet für den B2B-Handel, auch einmal in die B2C-Welt zu schauen und genau aus diesem Grund wurde Simon Eder, Head of Analytics & Risk Operations AI & Data von Zalando Payments, eingeladen. Er stellte insbesondere die Relevanz des Rechnungskaufs für Händler heraus, denn bei Zalando konvertierten 58 Prozent der Kundinnen und Kunden nur, wenn dieser angeboten werde. Die Rechnung hat damit einen positiven Einfluss auf die Conversion Rate und steigert sowohl Kundenbindung als auch Warenkorbhöhe. Gleichzeitig hat sie neben höheren Retourenkosten jedoch das größte Risiko für Zahlungsausfälle und Betrug. Wie geht Zalando damit um?
Eder erklärte den Teilnehmer:innen, dass es bis Anfang 2014 lediglich ein regelbasiertes System gegeben habe, das beispielsweise sagte „Kund:innen, die zwischen 2 und 5 Uhr morgens bestellen, wird keine Rechnung angeboten“. Dieses System wurde mittlerweile durch einen Risikoscore ersetzt, der basierend auf Machine Learning für jede potenzielle Transaktion eine Risikoentscheidung trifft. Dabei werden Faktoren wie Informationen zur Kundin bzw. zum Kunden, Warenkorbhöhe, Produkte, Marken, Preis etc. analysiert. Ab einem gewissen Schwellenwert wird die Zahlungsart dann (nicht mehr) angeboten. Mit einem gut entwickelten und gut gesteuerten Score können somit „gute“ Kund:innen von Betrüger:innen getrennt werden. Ein gutes Risikomanagement kann somit nicht nur Betrüger:innen entlarven und Ausfälle verhindern, sondern gleichzeitig zum Umsatztreiber werden.
Fazit
Sowohl im B2C- als auch im B2B-Handel stellen Betrugsversuche Unternehmen vor eine große Herausforderung. Die Prüfung von digitalen Identitäten ist dabei nicht nur zeit-, sondern auch kostenintensiv. Wie ausgeprägt der Wunsch nach einer nachhaltigen Lösung ist, zeigten die Ergebnisse des B2BEST Barometers ebenso wie die Vorträge der Referenten auf dieser dritten B2BEST. Aber: Auch wenn die Idealvorstellung aller die gemeinsame Bekämpfung von Betrug in einem Ökosystem ist – laut Simon Eder schütze in der Realität jeder seine eigenen Assets.