Während der ein oder andere im Moment noch im sogenannten Dry January, dem Jahresbeginn der unter dem kompletten Alkoholverzicht steht, weilt, tauchen wir in der zweiten Januarfolge der HandelBar in die Welt des Weines ein. Dazu haben wir uns den Geschäftsführer von Deutschlands führenden Wein-Einzelhändler Jacques‘ Wein-Depot eingeladen, Dirk Pampel. Und wie es sich für die HandelBar und den Folgentitel gehört, wurde auch angestoßen, live und in Farbe! Allerdings nicht mit Wein, sondern auf die klassische Domstadt-Art mit Kölsch.
Zu besprechen gab es viel und die Stimmung war gut, schließlich blickt unser Podcast-Gast auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2021 zurück. Das ist unter anderem auf den „Corona-Effekt“ (16:25) zurückzuführen. Was wir am IFH KÖLN in unseren Studien auch in anderen Branchen beobachten, die sich rund um Zuhause und Wohlfühlen drehen, kann man auch der Weinbranche zuschreiben: „Cocooning“, es sich in den eigenen vier Wänden gemütlich machen. Wenn man nicht in die Gastronomie gehen kann, so genießt man den guten Tropfen eben zuhause. Schließlich sei der Genuss eines guten Weines immer auch ein Stückchen Urlaub – und diesen haben wir vor allem in den Zeiten des harten Lockdowns sehnlichst herbeigesehnt (ab 07:00).
Hochwertige Weine aus der Nachbarschaft
Bodenständig, echt und nachbarschaftlich (02:45): Mit diesem Selbstverständnis möchte Jacques‘ qualitativ hochwertige Weine an Kundinnen und Kunden bringen. Immer mit der Möglichkeit bei dem Einkauf in einem der aktuell 320 Depots von Jacques‘ den Wein auch zu probieren. Aber wer sind die Kund:innen, die bei Jacques‘ ihr Weinerlebnis kaufen? Die günstigste Flasche gibt es für rund fünf Euro, eine Preisklasse, die meist erst Kund:innen ab 30 anspricht. Damit befindet man sich auch schon im Premium-Angebotssegment, wie Pampel erklärt (ab 09:00). Dennoch ist es den Köpfen hinter Jacques‘ wichtig, nicht als elitärer Weinhandel abgestempelt zu werden: Im Karohemd ganz bodenständig hochwertige Weine verkaufen – das ist Jacques‘. Und: Wein wird in den letzten Jahren auch immer „hipper“ (ab 12:00). Ob es Prominente sind, die sich als Winzer versuchen oder auch der Trend hin zu mehr Nachhaltigkeit: Weinkonsum und der Winzerberuf werden wieder moderner – auch mit Blick auf die Verkaufskanäle.
How to: Weinhandel digital
Dirk Pampel, der seit über 15 Jahren im Retail zuhause ist, kennt sich aus mit Omnichannel. Bevor er 2020 die Geschäftsführung bei dem Weinspezialisten übernahm, war er bei OBI tätig und kümmerte sich dort vor allem darum, den DIY-ler digitaler zu machen – damit ist er auch bei Jacques‘ angetreten (04:45). Ein Vorhaben, das natürlich in den letzten zwei Jahren der Pandemie gepusht wurde.
Dennoch ist das Kerngeschäft bei Jacques‘ nach wie vor stationär; 90 Prozent der Umsätze entfallen auf Besuche beim Händler vor Ort (18:40) – selbst in Krisenzeiten, schließlich gehört der Weinhandel zum Lebensmittelgeschäft und musste nicht wie andere Geschäfte zeitweilig coronabedingt schließen (17:45). An Bewährtem festhalten heißt es auch in puncto Marketing. So ist ein wichtiger Bestandteil der Kundenansprache bei Jacques‘ nach wie vor der haptische, gedruckte Brief, der alle zwei Wochen an die Inhaber:innen der Jacques‘ Kundenkarte verschickt wird und eine kuratierte Weinauswahl vorstellt (18:40).
Omichannel anstatt Kanaltrennung
Vor allem durch Corona beobachtet Pampel eine immer stärkere Bewegung hin zum Omnichannel-Kaufverhalten. So gibt es – auch bei älteren Kund:innen – kaum noch eine strikte Trennung, was den bevorzugten Einkaufskanal betrifft, sondern es wird eben „mal online, mal stationär“ gekauft (25:30). Je nachdem wie es gerade besser in den Alltag passt. Trotzdem hat das stationäre Einkauferlebnis bei Jacques‘ einen ganz besonders hohen Stellenwert. Denn egal wie und wo man sich vorher informiert hat, das Weinerlebnis selber bleibt vor allem beim Probieren. Ein reales, sinnliches Erlebnis, was so online nicht abzubilden ist (ab 27:30).
Franchisenehmer als Partner
Wenn Dirk Pampel das Partnersystem – im Grunde klassisches Franchise – von Jacques‘ erklärt wird klar, dass auch hier das Selbstverständnis rund um „nachbarschaftlich“ und „bodenständig“ gelebt wird. Die Weine sollen in den Depots den Kund:innen nicht nur verkauft, sondern auch erlebbar gemacht werden. Daher finden regelmäßig Weinerlebnisveranstaltungen in den Depots statt. Um als Partner ein Wein-Depot von Jacques’ zu führen, braucht es natürlich Weinexpertise, diese kann man allerdings in Schulungen lernen. Viel wichtiger, um Partner bei Jacques‘ zu werden: Retail Erfahrung und „dieses Händchen für Kunden“ (ab 21:00). In der Ansprache der Kund:innen agieren die Partner dann selbstständig mit Hilfe der Zentrale. Damit sind heute schon über 100 Depots mit eigenen Social-Media-Auftritten bei Instagram und Co. unterwegs (36:00).
Perspektive: Positiv
Wo geht es hin mit der Weinbranche, will Kai Hudetz wie immer abschließend wissen. Die Antwort: Die Zukunft wird gut für den Weinhandel (ab 40:00)! Wein ist nicht nur Genussmittel (moderater Konsum!), als auch Kulturgut und gehört als dieses fest zum Alltag vieler Konsument:innen dazu. Und wenn man als diese:r noch gerade den alkoholfreien Januar abschließt, so ist eines nach dieser Podcastfolge sicher: Die Vorfreude auf einen gutes Glas Wein – vielleicht ja von Jacques`?