Dass die Handelsbranche und die Digitalisierung schon lange nicht mehr voneinander zu trennen sind, ist längst kein Geheimnis mehr. Was anfänglich zuweilen als Bedrohung wahrgenommen wurde, birgt auch Chancen, nicht nur im Hinblick auf Prozesse, sondern vor allem hinsichtlich der Customer Journey. Dabei geht es um mehr als nur Technologie. „Handel ist ein People Business“, betonen Sascha Hackstein, Geschäftsführer von ECC CLUB Mitglied Berndtson Interim, und Gabriele Stahl, Partnerin bei der Mutterfirma Odgers Berndtson.
Sascha, der Handel ist ein „People Business“. Was hat sich durch die Digitalisierung verändert?
Sascha Hackstein: Der Handel hatte noch nie derart zahlreiche Möglichkeiten, den Kunden zufriedenzustellen wie heute, aber die Führungskräfte im Handel brauchen aktuell noch mehr Kompetenzen als früher. Neben Fachwissen und Empathie für den Kunden ist heute ein grundsätzliches Verständnis der Auswirkungen der Digitalisierung auf das eigene Business nötig. Das gilt besonders auf C-Level-Ebene und im Management. Strategische Entscheidungen im Handel kann nur treffen, wer sich darüber im Klaren ist, welche Bedeutung Daten für die Optimierung aller Prozesse und der Customer Journey haben. In Marketing und Vertrieb müssen Kompetenzen für alle Ebenen des Onlinegeschäfts, vom Onlinekatalog über Websites bis hin zu sozialen Medien, verankert sein. Hinzu kommen die Suche nach neuen Geschäftsmodellen und das Plattformgeschäft. In den wenigsten Unternehmen sind alle notwendigen Kompetenzen vertreten. Die Suche nach Spezialisten wird noch aufwendiger.
An diesen Faktoren wird sich mittelfristig auch nichts ändern. Möglicherweise werden sich die Prioritäten verschieben, weil es in vielen Segmenten aktuell ums Überleben geht, doch die grundsätzlichen Notwendigkeiten bleiben bestehen.
Unternehmer*innen und CEOs wissen, was die Digitalisierung für die künftige Positionierung im Markt und für ihr Geschäftsmodell bedeutet. Weshalb sind dann nicht alle schon längst digitalisiert?
Sascha Hackstein: Der hohe Stellenwert der Digitalisierung wurde bisher noch nicht von allen Akteuren im Handel, vor allem im stationären Handel, erkannt. Kunden erwarten den Einsatz digitaler Technologie überall dort, wo er ihnen mehr Bequemlichkeit beim Einkauf verschafft. Geschäfte dürfen heute keine Orte mehr sein, an denen nur Waren erhältlich sind. Sie müssen zu Spielplätzen für Kunden werden. Mit Virtual Reality kann der Kunde schon bevor er etwas gekauft hat in seinem neuen Wohnzimmer herumspazieren oder ohne Anprobe sehen, ob ihm ein Outfit steht und passt. Sogar das Surfbrett kann im Geschäft ausprobiert werden. In Asien sind kassenlose Läden bereits gang und gäbe, während in Deutschland immer noch an der Kasse Schlange gestanden wird. Es ist nicht die Technologie, die uns bremst.
Wenn es der Mensch ist, der bremst – was können wir tun?
Gabriele Stahl: Die Firmen verschwenden viel Zeit und Energie mit der Erarbeitung einer digitalen Strategie und räumen dabei der gründlichen Prüfung der Kompetenzen ihres Führungsteams keine Priorität ein. Doch es sind vor allem die Menschen, die für den Erfolg oder Misserfolg des Geschäfts stehen und nicht das Geschäftsmodell. Wenn die Dinge schlecht laufen, kann das durchaus auch bedeuten, dass der Mix aus fachlicher Kompetenz, digital Mindset und Entscheidungswille nicht optimal sind. Wer auf eine „Due Diligence“ des Führungsteams und seiner Mitarbeiter verzichtet, riskiert nicht nur ein Scheitern seiner Strategie, sondern möglicherweise auch den Verlust digitaler Potenzialträger.
Was bringt so eine Due Diligence, ein Assessment von Führungsteam und Mitarbeiter*innen?
Gabriele Stahl: Mit unserem Leadership Assessment, das einer Due Diligence der Kompetenzen und Potenziale von Führungskräften entspricht, analysieren wir Stärken und Schwächen einer Organisation. Wir erkennen, welche notwenigen Kompetenzen sehr gut abgedeckt sind und welche schwächer ausgeprägt sind. Das Leadership Assessment zeigt, welche Führungskräfte die entsprechende digitale Affinität besitzen. Darauf aufbauend können Sie beispielsweise kurzfristig professionelle Unternehmensberatungen einbinden oder einen Interim Manager einstellen, um Expertenwissen in die Organisation einzubringen. Sie können mit HR detaillierte Pläne für die Coaching, Team- und Führungskräfteentwicklung erstellen oder auch Schlüsselpositionen neu besetzen. Genau das tun wir bei Odgers Berndtson. Zudem unterstützt unser Beraterteam bei der eventuell notwendigen Organisationsentwicklung. Denn die Digitalisierung verändert alles, inklusive Organisation und Kultur.
Ihr seid nun auch Mitglied im ECC-Club, unserer exklusiven Community. Was versprecht ihr euch von der Mitgliedschaft?
Sascha Hackstein: Die Vorteile einer Mitgliedschaft im ECC-Club sind vielseitig, doch der entscheidende Grund für uns ist und bleibt das Networking in einem professionellen Branchenumfeld.
Die Konsumgüterbranche und der Handel gehören zu den bedeutendsten Branchen in Deutschland. Odgers Berndtson arbeitet partnerschaftlich mit führenden, multinationalen Unternehmen zusammen und verdichtet seine Erfahrungen in der Industry Practice FMCG. Dieses Wissen möchten wir teilen und weiterentwickeln.
Gabriele Stahl: Es wird auch für uns immer wichtiger, noch besser zu verstehen, was unsere Klienten bewegt. Der ECC CLUB bietet uns die Möglichkeit, Expertenwissen aufzunehmen und zu teilen. Er ist für uns eine professionelle Plattform für die Kommunikation und den Austausch mit Experten und unseren Klienten.