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23. Mai 2024

Das B2B Geschäft ist hart. Zudem geraten Versender, die im Internet ausschließlich an Geschäftskunden verkaufen leicht in Konflikt mit der Preisangabenverordnung und anderen verbraucherschützenden Vorgaben. ECC CLUB-Mitglied Rechtsanwalt Rolf Becker erläutert die Problematik und die Fallen anhand eines aktuellen Urteils des LG Darmstadt.

Angebot ohne Grundpreis auf Internetplattform

Ein Verein zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs verklagte ein Produktions- und Handelsunternehmen der Süßwarenbranche, das unter anderem mit Lebensmitteln handelt. Zu den Kunden der Beklagten zählen überwiegend gewerbliche Kunden wie Supermärkte, Großhändler, Discounter und Online-Händler.

Der Händler hatte auf einer Internetplattform das Produkt „Yogurette Erdbeer“ angeboten. Bei dem Angebot waren 300 Gramm und der Kaufpreis in Höhe von 5,69 EUR angegeben. Ein Preis je Mengeneinheit, also ein sog. „Grundpreis“ im Sinne von § 4 PAngV bezogen auf das Gewicht, war nicht angegeben.

Zugänglichkeit für Verbraucher

Der verklagte Händler verteidigte sich damit, das Angebot sei nur nach einem Login im Business-Account der Plattform zugänglich gewesen. Es kam sogar zur Beweisaufnahme mit Zeugenvernehmungen. Im Ergebnis waren die Richter des LG Darmstadt davon überzeugt, dass das Angebot auch ohne Login auffindbar und zudem für Verbraucher zugänglich war. Auch der Hinweis des beklagten Händlers, man schließe keine Verträge mit Verbrauchern, half da nicht. Der Anbieter wurde zur Unterlassung verurteilt.

Aus dem Urteil:

„Ein Internetangebot, das von jedermann aufgerufen werden kann, und das keine Beschränkung auf Wiederverkäufer enthält, unterfällt dem Anwendungsbereich der Preisangabenverordnung auch dann, wenn der Werbende mit Verbrauchern keine Verträge schließen würde.“

LG Darmstadt, Urteil vom 9.2.2024, Az. 18 O 18/23

Das Urteil zeigt, dass es bei B2B-Angeboten gefährlich werden kann, wenn die gesamte Ausgestaltung des Angebots nicht sicherstellt, dass ausschließlich gewerbliche Abnehmer angesprochen werden und kaufen können. Auf der eigenen Shop-Seite hat man vieles in der Hand. Bei Plattformen haftet man für Unzulänglichkeiten mit.

Shop-Zugang mit Registrierungsschranke bringt Nachteile

Der sicherste Weg ist es, wenn man den Shop bzw. Angebotszugang gleich so gestaltet, dass die Produkte mit (netto)-Preisangaben und einer Bestellmöglichkeit erst nach einer Anmeldung einsehbar sind. Im Rahmen dieser Anmeldung muss dann die Unternehmereigenschaft geprüft werden. Erst nach der positiven Prüfung darf dann dem Kunden Zugang zu dem Shop gewährt werden, z.B. durch Freischaltung des Kundenkontos.

Der Nachteil liegt in der mangelnden Reichweite bei Suchmaschinen. Daher gehen immer mehr B2B-Anbieter dazu über, ihre Angebote frei zugänglich zu machen.

Offener Zugang verlangt vorbeugende Maßnahmen

Dies ist rechtlich möglich, führt aber zu erheblichen Abmahnrisiken, da bei Nichteinhaltung der von der Rechtsprechung geforderten Vorgaben dennoch Verbraucher:innen angesprochen werden und in diesen Fällen eine ganze Reihe von Verbraucherinformationen fehlen können. Das führt dann zu teuren Abmahnungen mit vielen Abmahnpunkten von Preisangaben bis Widerrufsrecht und dies wiederum zu gehäuften Verletzungsrisiken mit entsprechenden finanziellen Folgen. Geringere Anforderungen sind zu stellen, wenn die angebotenen Leistungen eindeutig nur von Unternehmen bezogen werden. Schwieriger wird es bei sog. Dual Use Produkten, wie z.B. Laptops, die man auch privat nutzt.

Ausschluss von Verbraucher:innen notwendig

An einen wirksamen Ausschluss von Verbraucher:innen werden bei offenen Angeboten, die Verbraucherinnen und Verbraucher aufrufen und sehen können, hohe Anforderungen gestellt. Zunächst muss klar auf jeder einzelnen Internetseite darauf hingewiesen werden, dass sich der Shop nur an Unternehmer richtet. Ein entsprechender Hinweis in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dass sich das Angebot nur an Unternehmer richtet, ist allein ohne weitere Maßnahmen zur Ausgrenzung von Verbraucher:innen definitiv nicht ausreichend, um diese wirksam auszuschließen.

So führte der BGH schon in einem Urteil vom 29.04.2010 (Az.: I ZR 99/08) aus, dass bei Internetangeboten, die für jedermann zugänglich sind, davon auszugehen ist, dass sie zumindest auch Privatkunden ansprechen, wenn sie nicht eindeutig und unmissverständlich eine Beschränkung (auf Wiederverkäufer bzw. Unternehmer) enthalten.

„Der Beklagte muss, wenn er nur für Wiederverkäufer bestimmte Angebote in den öffentlich zugänglichen Bereich eines Internetportals stellt, einen deutlich hervorgehobenen und klar verständlichen Hinweis auf die Beschränkung anbringen (etwa "Verkauf nur an Händler").“

Zur Einhaltung dieser Hinweispflicht wird gefordert, dass ein entsprechender eindeutiger Hinweis im Blickfeld der Kundinnen und Kunden auf jeder Seite des Shops deutlich sichtbar angebracht ist.

Zudem sollten Käufer:innen ihre Unternehmereigenschaft im Check-Out-Prozess bestätigen. So kann auch sichergestellt werden, dass sie tatsächlich von der Beschränkung des Kundenkreises auf Unternehmer Kenntnis erlangt haben.

Kontrolle notwendig

Die Unternehmereigenschaft muss überprüft werden. Denn für einen wirksamen Ausschluss von Verbraucherinnen und Verbrauchern wird gefordert, dass über eine eindeutige Ausrichtung des Angebots ausschließlich an Gewerbetreibende hinaus, den Werbenden zusätzlich auch die Pflicht trifft, durch geeignete Kontrollmaßnahmen im Ergebnis sicherzustellen, dass ausschließlich gewerbliche Abnehmer:innen diejenigen Waren erwerben können, welche für sie betrieblich verwendbar sind. So hat z.B. das LG Kiel (Urt. V. 27.09.2013, Az. 17 O 147/13) folgende Grundsätze aufgestellt:

„Den Anbieter trifft daher die Pflicht, eindeutig und gezielt darauf hinzuweisen, dass sein Angebot ausschließlich gegenüber Unternehmern gilt. Darüber hinaus muss der Anbieter geeignete Kontrollmaßnahmen ergreifen, um die Unternehmereigenschaft des Kunden zu überprüfen und einen tatsächlichen Kauf durch Verbraucher zu unterbinden.“

Kontrollmaßnahmen lassen sich z.B. vor allem bei Einzelunternehmen durch das Verlangen zur Vorlage einer Gewerbeanmeldung oder Eingabe und Prüfung einer Umsatzsteueridentnummer realisieren, wenn die bestellende Unternehmung nicht schon von der Rechtsform her (GmbH, KG, OHG, AG usw.) einen Verbraucherkauf ausschließt.

Fazit:

Wer offene B2B-Angebote zu sog. Dual-Use-Produkten und Leistungen zugänglich macht, bewegt sich auf dünnem Eis. Hier sind regelmäßig auch Verbraucher:innen interessiert. Anbieter müssen durch eine Reihe von Maßnahmen sicherstellen, dass Verbraucher:innen weder angesprochen werden noch kaufen können. Das aktuelle Urteil des LG Darmstadt zeigt zudem, dass man hier auch nicht auf einen Plattformbetreiber verweisen kann.

ÜBER DEN AUTOR

Rechtsanwalt Rolf Becker war bis Ende 2023 Partner und Mitbegründer der Rechtsanwaltssozietät Wienke & Becker – Köln, die mit Ablauf des Jahres 2023 beendet wurde. Er ist Autor von Fachbüchern und Fachartikeln zum Wettbewerbsrecht, Markenrecht und Vertriebsrecht, insbesondere im Fernabsatz. Als Mitglied im ECC-Club kommentiert Rechtsanwalt Becker für das ECC Köln regelmäßig aktuelle Urteile zum Onlinehandel und gibt Händlern praktische Tipps, wie sie mit den gesetzlichen Vorgaben umgehen sollen.

RA Becker auf Twitter: http://twitter.com/rolfbecker

PRESSEHINWEISE

Gerne dürfen Sie den Text von Herrn Becker redaktionell weiterverwenden. Bitte geben Sie hierbei die URL zum Rechtstipp sowie folgende Quelle an: RA Rolf Becker / ECC Rechtstipp. Bitte senden Sie ein Belegexemplar bzw. den Link zur Veröffentlichung an presse(at)ifhkoeln.de. Vielen Dank!

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