Cookies und die Einwilligung
Das LG München hat auf Betreiben des vzbv, dem Dachverband der Verbraucherzentralen, den Betreiber von Focus.de zur Unterlassung verurteilt, weil das Cookie-Banner nicht die Anforderungen erfüllt. ECC-Clubmitglied Rechtsanwalt Rolf Becker, Partner bei Wienke & Becker - Köln, berichtet über die Entscheidung.
Das nach eigenen Angaben größte Nachrichtenportal Deutschlands unterlag der Klage des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (vzbv). Diese hatte ein Cookie-Banner beanstandet, welches sich nach dem Öffnen der Seite zeigte. Dort wollte die betreibende Gesellschaft die Einwilligung zur Speicherung von Cookies und Auswertung von, auf den Endgeräten der Nutzer gespeicherten, Daten für Werbe- und Analysezwecke einholen.
Dabei war die Erteilung der Einwilligung auch zugunsten von Drittunternehmen mit einem Button „Einverstanden“ ausgestaltet, während Besucher:innen bei der Verweigerung in weitere Einstellungen gehen mussten:
In letzterem Fall gelangte man auf die Ebene zu den „Privatsphäre-Einstellungen“, die auf mehr als 140 Bildschirmseiten nach Datennutzung differenzierte Einstellungen für mehr als 100 Drittanbieter enthielt. Die Schaltflächen „Alle akzeptieren“ und „Auswahl speichern“ waren deutlich hervorgehoben. Zudem bestand die Möglichkeit, in Gruppen zusammengefasste Nutzungen auszuwählen. Die Möglichkeit „alle ablehnen“ war weniger prominent in der rechten oberen Ecke des Fensters platziert.
Die Verbraucherschützer:innen waren der Auffassung, dass das eingesetzte Banner eine manipulative Gestaltung enthalte und die Einwilligung daher unwirksam sei. Es fehle an einer freiwilligen Entscheidung. Zudem begehrte der vzbv auch eine Verurteilung wegen unzureichender Informationen über die beabsichtigte Datenverarbeitung und die Vereinbarungen mit Drittanbietern, die das Gericht jedoch wegen der Fokussierung der Klage auf das TTDSG ablehnte. (LG München, Urt. v. 29.11.2022, Az. 33 O 14766/19 – nicht rechtskräftig).
Unterlassungsantrag begründet
Das Gericht sah den vzbv unter Verweis auf die aktuelle Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur DSGVO (EuGH GRUR-RS 2022, 8637 Rn. 67 ff. - Meta Platforms Ireland/Bundesverband) legitimiert, die erhobenen Ansprüche, gestützt auf das TTDSG zu verfolgen. Der Anspruch sei begründet.
Der Kläger kann von der Beklagten gem. § 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 11 UKlaG i.V.m. § 25 TTDSG verlangen, dass diese es unterlässt, für die domainübergreifende Aufzeichnung und Auswertung des Nutzerverhaltens zu Analyse- und Marketingzwecken Informationen auf dem Endgerät des Nutzers zu speichern oder auf Informationen zuzugreifen, wenn sie hierzu lediglich eine Einwilligung mittels des angegriffenen Einwilligungsmechanismus (TFC 2.0, …) einholt.
Die Kammer geht davon aus, dass Daten der Webseitenbesucher an eine Plattform übermittelt werden. Hierin enthalten seien Informationen wie Browser- und Geräteinformationen, die entsprechend getätigten Präferenzen sowie die IP-Adresse des Nutzers oder der Nutzerin. Das Gericht ging davon aus, dass es sich um personenbezogene Daten handelt, ohne dass es aber wegen des TTDSG Bezugs hierauf ankam, denn nach der Rechtsprechung des EuGH ist eine Einwilligung auch für entsprechende Datennutzungen ohne Personenbezug notwendig. Diese Einwilligung sei aber nicht wirksam erteilt, da sie nicht auf einer freiwilligen Entscheidung beruhe.
Freiwillige Entscheidung fehlt bei der Banner-Gestaltung
Nach Auffassung der Kammer (und auch nach einer Stellungnahme des Bayerischen Landesdatenschutzbeauftragten) war die Entscheidung zur Einwilligung schon deshalb nicht freiwillig, weil keine gleichwertige Wahlmöglichkeit geboten war. „Bereits der Umstand, dass ein Besucher die Webseite der Beklagten nicht ohne weitere Interaktion mit der CMP nutzen kann, spricht gegen eine freiwillige Entscheidung.“ Nur aus dem Fließtext sei ersichtlich, dass eine Einwilligung auch abgelehnt werden könne, ohne Information dazu, ob dies mit Nachteilen verbunden sei. Jedenfalls sei eine Verweigerung der Einwilligung nur mit Mehraufwand auf der zweiten Ebene möglich. Auch angesichts der unterschiedlichen Gestaltung erscheine es naheliegend, dass hierdurch das Wahlrecht der Webseitenbesucher beeinflusst werden solle.
Umfang kann schon gegen Wirksamkeit sprechen
Das Gericht entschied nicht mehr, ob der schiere Umfang der Einwilligung und ein Verstoß gegen Informationsgebote diese unwirksam machen konnte, sah hierfür aber erhebliche Gründe.
Keine unbedingte Erforderlichkeit
Eine unbedingte Erforderlichkeit der Cookies sah das Gericht ebenfalls nicht, denn dann wäre eine Einwilligung ausnahmsweise entbehrlich (§ 25 Abs. 2 TTDSG). Cookies zu Analyse- und Marketingzwecken seien auch dann nicht erforderlich, wenn sie der Finanzierung der Webseite dienten. Dies seien bloße subjektive Interessen.
Unbedingt erforderlich ist in diesem Sinne nur, was technisch notwendig ist (vgl. BT-Drs. 19/27441, 38). Es kommt mithin auf den Verwendungszweck bzw. den Dienst an, der gegenüber dem Nutzer erbracht werden soll (…). Die streitgegenständlichen Cookies, die der domainübergreifenden Nachverfolgung zu Analyse- und Marketingzwecken dienen, sind für den Betrieb eines Nachrichtenportals nicht technisch unbedingt erforderlich (…). Dies entspricht auch der Rechtslage zu § 15 Abs. 3 S. 1 TMG, zu dem BGH in richtlinienkonformer Auslegung bereits festgestellt hat, dass eine Zustimmung jedenfalls bei Einsatz von Cookies zur Erstellung von Nutzerprofilen für Zwecke der Werbung und Marktforschung erforderlich ist (BGH ZD 2020, 467 Rn. 47 ff. - Cookie-Einwilligung II). Allein der Umstand, dass die Datenspeicherung der Finanzierung des Angebotes der Beklagten dient oder im Rahmen des TCF 2.0 vorgegeben ist, kann hierfür nicht genügen. Es handelt sich dabei lediglich um subjektive Interessen der Beklagten. Im Übrigen ist die Vorschrift als Ausnahme vom Grundsatz der Einwilligungsbedürftigkeit nach allgemeinen Grundsätzen eng auszulegen.
Fazit:
Nicht mehr nur die Datenschutzbehörden trommeln für Cookie-Banner mit gleichwertigen Möglichkeiten der Zustimmung und Abwahl von Cookies und Datenverarbeitungen. Auch Verbände können – wie der Fall zeigt – Klagen gegen solche Cookie-Banner führen.
ÜBER DEN AUTOR
Rechtsanwalt Rolf Becker ist Partner der Rechtsanwälte WIENKE & BECKER in Köln und Autor von Fachbüchern und Fachartikeln zum Wettbewerbsrecht, Markenrecht und Vertriebsrecht insbesondere im Fernabsatz. Als Mitglied im ECC CLUB kommentiert Rechtsanwalt Becker für das ECC KÖLN regelmäßig aktuelle Urteile zum Online-Handel und gibt Händlern praktische Tipps, wie sie mit den gesetzlichen Vorgaben umgehen sollen.
RA Becker auf Twitter: http://twitter.com/rolfbecker
Er ist auch Autor auf den Informationsdiensten www.versandhandelsrecht.de.
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