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25. Januar 2024

Zum Jahresende am 23.11.2023 wurden über eine neue Richtlinie (2023/2673), die zwar Änderungen von Regelungen bei Finanzdienstleistungsverträgen im Namen führt, wichtige Änderungen zum Widerrufsrecht im B2C-Geschäft beschlossen. Es kommt Mitte 2026 der Widerrufs- und Bestätigungs-Button für alle Verbrauchergeschäfte, die über Online-Benutzeroberflächen abgeschlossen werden. ECC-Club-Mitglied Rechtsanwalt Rolf Becker informiert über die Neuerungen.

Neben den Bestell- und Kündigungsbutton tritt der Widerrufs-Button

Händler schlagen sich bereits mit vielen Auswüchsen herum, die sich im Bemühen um einen erhöhten Verbraucherschutz ergeben haben. Schon der EU-Bestell-Button nach § 312j BGB und der deutsche Kündigungs-Button nach § 312k BGB führte zu zahlreichen Abmahnungen. Jetzt sieht ein neuer Art. 11a, eingefügt in die Verbraucherrechterichtlinie (VRRL), für alle über eine „Online-Benutzeroberfläche“ geschlossenen Fernabsatzverträge vor, dass diese mit einer „Widerrufsfunktion“ widerrufen werden können. Das muss der Unternehmer sicherstellen. Für die Verbraucherrechterichtlinie gilt der Grundsatz der Vollharmonisierung. Die EU-Mitgliedsstaaten müssen daher die neuen Regelungen ohne inhaltliche Abweichungen in nationales Recht umsetzen.

Geltung ab 19. Juni 2026

Art. 2 der neuen Richtlinie sieht vor, dass die Mitgliedsstaaten bis zum 19.12.2025 die Umsetzungen in nationales Recht veröffentlichen und diese dann ab dem 19. Juni 2026 anwenden. Noch ist also genügend Zeit für die Unternehmen, sich auf die Regelungen einzustellen und den Programmierungsbedarf zu koordinieren.

Widerrufsfunktion mit „Vertrag Widerrufen“

Die Details regelt Art. 11a der Verbraucherrechterichtlinie wie folgt:

„Die Widerrufsfunktion wird gut lesbar mit den Worten „Vertrag widerrufen“ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung gekennzeichnet. Die Widerrufsfunktion ist während der gesamten Widerrufsfrist durchgehend verfügbar.

Sie ist auf der Online-Benutzeroberfläche hervorgehoben platziert und für den Verbraucher leicht zugänglich.

(2) Die Widerrufsfunktion ermöglicht es dem Verbraucher, eine Online-Widerrufserklärung zu versenden, mit der der Unternehmer von der Entscheidung des Verbrauchers, den Vertrag zu widerrufen, in Kenntnis gesetzt wird. Über diese Online-Widerrufserklärung kann der Verbraucher ohne Weiteres die folgenden Informationen bereitstellen oder bestätigen:

  1. a) seinen Namen;
  2. b) Angaben zur Identifizierung des Vertrags, den der Verbraucher widerrufen möchte;
  3. c) Angaben zu dem elektronischen Kommunikationsmittel, mit dem dem Verbraucher die Eingangsbestätigung für den Widerruf übermittelt werden wird.

 

Gestaltungsprobleme in der Praxis

Anders als bei dem Kündigungsbutton ist eine hervorgehobene Platzierung vorgeschrieben. Dass eine Schaltfläche (Button) nur zugelassene Bezeichnungen tragen darf, kennt man ja bereits von den anderen Lösungen. Der Zwang zur Hervorhebung wirft bereits Fragen zur Gestaltung auf, wenn etwa beide Buttons auf einer Seite platziert werden sollen.

Zudem bleibt unklar, wie bzw. wo und wie lange eine Widerrufsfunktion auf der Online-Benutzeroberfläche zu realisieren ist, wenn die Regelungen verlangen, dass die Funktion „während der gesamten Widerrufsfrist durchgehend verfügbar“ sein soll. Da die Widerrufsfunktion den Widerruf eines bestimmten Vertrages ermöglichen soll, der z.B. in einem Internetshop oder einer entsprechenden App geschlossen wurde, muss der Kontext zu dem Vertrag hergestellt werden. Eine Eingabe dazu ist ja auch in Abs. 2 b) vorgesehen.

Allerdings besteht aufgrund der Vorgaben das Erfordernis, dass die Verbraucher:innen auf jeder Shop-Seite und jedem Webseitenzustand einen entsprechenden Button während der Dauer der Widerrufsfrist erreichen. Diese Dauer individuell für jeden Besuch der Verbraucher:innen auf der Webseite auszurechnen ist vor einer Identifikation der Verbraucher:innen und des betreffenden Vertrages nicht möglich. Da bietet es sich schon an, den Zugang zur Funktion dauernd verfügbar zu halten. Dabei werden zwar Irreführungsfragen aufgeworfen, die aber praktisch durch Hinweise zu lösen sind. Berücksichtigen müssen Händler auch eine Teilwiderrufsmöglichkeit von Bestellungen.

Bei Plattformgeschäften wird man als Händler zudem auf den Plattformbetreiber angewiesen sein.

Nach Betätigung muss der oder die Verbraucher:in dann in einen Prozess geführt werden, in dessen Verlauf er oder sie die Bestellung etwa über die Eingabe einer Bestellnummer oder via Login in den entsprechenden Bereich des Kundenkontos (aber kein Zwang zum Kundenkonto!) identifizieren und hierzu eine Widerrufserklärung ausfüllen und absenden kann. Verbraucher:innen müssen dann eine Eingangsbestätigung mit vorgegebenen Inhalten erhalten. Dazu heißt es weiter in Art. 11a:

(3) Sobald der Verbraucher die Online-Widerrufserklärung gemäß Absatz 2 ausgefüllt hat, ermöglicht der Unternehmer dem Verbraucher, ihm diese Erklärung mittels einer Bestätigungsfunktion zu übermitteln.

Diese Bestätigungsfunktion wird gut lesbar und ausschließlich mit den Worten „Widerruf bestätigen“ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung gekennzeichnet.

(4) Sobald der Verbraucher die Bestätigungsfunktion aktiviert hat, übermittelt der Unternehmer dem Verbraucher auf einem dauerhaften Datenträger unverzüglich eine Eingangsbestätigung, die unter anderem den Inhalt der Widerrufserklärung sowie das Datum und die Uhrzeit ihres Eingangs enthält.

(5) Das Widerrufsrecht des Verbrauchers gilt als innerhalb der einschlägigen Widerrufsfrist ausgeübt, wenn der Verbraucher die Online-Widerrufserklärung im Sinne dieses Artikels vor Ablauf dieser Frist abgegeben hat.“

Zudem erhält Art. 6 Abs. 1 lit. h, bei dem es um zwingende Informationspflichten geht, die Händler einhalten müssen, folgende Fassung:

„h) im Falle des Bestehens eines Widerrufsrechts die Bedingungen, Fristen und Verfahren für die Ausübung dieses Rechts gemäß Artikel 11 Absatz 1 sowie das Muster-Widerrufsformular gemäß Anhang I Teil B und gegebenenfalls Informationen über das Bestehen und die Platzierung der Widerrufsfunktion nach Artikel 11a;

Der Händler muss also vor Vertragsschluss Informationen zur Existenz und der Platzierung der Widerrufsfunktion zusammen mit den anderen Verbraucherinformationen „in klarer und verständlicher Sprache in einer den benutzten Fernkommunikationsmitteln angepassten Weise zur Verfügung stellen.

Keine Sanktionen bei Verletzung

Die Regelungen verzichten – anders als beim Bestellbutton – auf Sanktionen. Wer etwa seinen Bestellbutton nicht mit „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer vergleichbar eindeutigen Beschriftung versieht, den trifft die Sanktion, dass Verbraucher:innen nicht an den Vertrag gebunden sind. Werden Schaltflächen und die Bestätigungsseite nach § 312k BGB nicht entsprechend zur Verfügung gestellt, können Verbraucher:innen jederzeit und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Solche Sanktionen fehlen bei der Widerrufsfunktion. Das bedeutet allerdings nicht, dass ein Fehlen nicht abgemahnt werden könnte. Zudem kommen Bußgelder bis zu 50.000 Euro und bei Unternehmen mit mehr als 1.250.000 Euro Umsatz bis zu 4% des Jahresumsatzes nach § 19 i.V.m. § 5c UWG bei einem „weitverbreiteten Verstoß“ theoretisch in Betracht.

Fazit:

Die Richtlinie enthält noch weitere Regelungen zu Chatbots und Robo-Advice Diensten und Schutz vor manipulierten Kaufentscheidungen. Der Widerrufs-Button wird jedoch mit Sicherheit die berühmteste Neuerung sein. Der Handel sollte sich frühzeitig mit der Realisierung der gesetzlichen Vorgaben beschäftigen. Hier ist es nicht mit ein paar Texten getan. Wenn etwa Verlage sowohl Warenkaufgeschäfte als auch Abos im elektronischen Geschäftsverkehr anbieten, wird die Lösung der Aufgabenstellungen komplex.

ÜBER DEN AUTOR

Rechtsanwalt Rolf Becker war bis Ende 2023 Partner und Mitbegründer der Rechtsanwaltssozietät Wienke & Becker – Köln, die mit Ablauf des Jahres 2023 beendet wurde. Er ist Autor von Fachbüchern und Fachartikeln zum Wettbewerbsrecht, Markenrecht und Vertriebsrecht, insbesondere im Fernabsatz. Als Mitglied im ECC-Club kommentiert Rechtsanwalt Becker für das ECC Köln regelmäßig aktuelle Urteile zum Onlinehandel und gibt Händlern praktische Tipps, wie sie mit den gesetzlichen Vorgaben umgehen sollen.

RA Becker auf Twitter: http://twitter.com/rolfbecker   

Er ist auch Autor auf den Informationsdiensten www.versandhandelsrecht.de.

PRESSEHINWEISE

Gerne dürfen Sie den Text von Herrn Becker redaktionell weiterverwenden. Bitte geben Sie hierbei die URL zum Rechtstipp sowie folgende Quelle an: RA Rolf Becker / ECC Rechtstipp. Bitte senden Sie ein Belegexemplar bzw. den Link zur Veröffentlichung an presse(at)ifhkoeln.de. Vielen Dank!

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