Seit dem 01.10.2021 müssen Unternehmen Einwilligungen für Telefonwerbung nach dem neuen § 7a UWG archivieren. Nach öffentlichen Konsultationen hat die zuständige Bußgeldbehörde, die Bundesnetzagentur, am 07.07.2022 ihre finalen Auslegungshinweise für Firmen vorgelegt. Die Behörde erwartet umfangreiche Datenangaben bis hin zu Screenshots. ECC CLUB Mitglied Rechtsanwalt Rolf Becker, Partner bei Wienke & Becker – Köln erläutert, welche Anforderungen die Behörde jetzt an Unternehmen stellt.
Hinweise finalisiert
Bislang gab es nur einen Entwurfsstatus der Auslegungshinweise. Jetzt hat die Bundesnetzagentur den Entwurf an einigen Punkten verändert und finalisiert. Im Rahmen einer öffentlichen Konsultation konnten Marktteilnehmer:innen, in der Regel über ihre Verbände, dazu Stellungnahmen abgeben.
Wer die Archivierungspflichten verletzt, dem drohen nach § 20 Abs. 1 Nr. 2. Abs. 2 UWG Bußgelder bis zu 50.000 Euro. Grund genug, sich näher damit zu befassen, denn ein vertiefter Blick zeigt, dass die Behörde es nicht als ausreichend ansieht, wenn irgendwo im ERP-System einfach die Einwilligung vermerkt wird.
Archivierungspflicht nach § 7a UWG
Die Archivierungspflicht ist im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geregelt:
- 7a Einwilligung in Telefonwerbung
(1) Wer mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher wirbt, hat dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung in die Telefonwerbung zum Zeitpunkt der Erteilung in angemessener Form zu dokumentieren und gemäß Absatz 2 Satz 1 aufzubewahren.
(2) Die werbenden Unternehmen müssen den Nachweis nach Absatz 1 ab Erteilung der Einwilligung sowie nach jeder Verwendung der Einwilligung fünf Jahre aufbewahren. Die werbenden Unternehmen haben der nach § 20 Absatz 3 zuständigen Verwaltungsbehörde den Nachweis nach Absatz 1 auf Verlangen unverzüglich vorzulegen.
Fünf Jahre archivieren, neue Frist nach jeder Nutzung
Die fünfjährige Archivierungsfrist läuft nicht nur ab Erteilung der Einwilligung. Sie läuft vielmehr nach jeder Nutzung erneut für fünf Jahre. Dabei geht es jedoch nach Ansicht der Bundesnetzagentur nur um tatsächliche Anrufe. Anrufversuche, die nicht zu einem Kontakt führen, sollen die Frist nicht erneut in Gang setzen. Sie könnten nicht als Werbeanruf angesehen werden (vgl. Rn. 57 der Auslegungshinweise).
Zwar können etwa Werbedialer und Anrufmaschinen unter einem Belästigungsaspekt unlauter sein. Ihr Einsatz löst aber noch keine (erneute) Archivierungsfrist aus.
Werbetelefonate benötigen grundsätzlich Einwilligung
Bekanntlich sieht § 7 UWG für die telefonische Kontaktaufnahme zu Werbezwecken eine Einwilligung vor, wenn der Kontakt zu Verbraucher:innen hergestellt werden soll. Im B2B-Bereich genügt zwar eine sog. mutmaßliche Einwilligung. Doch zahlreiche Urteile des Bundesgerichtshofs zeigen, dass ein Interesse am Anruf auch in diesen Fällen nicht einfach angenommen werden darf. Auch im B2B-Bereich kann eine Einwilligung ratsam sein. Die Archivierungspflichten bestehen in dieser Form nur bei Einwilligungen im B2C-Bereich (Business to Consumer).
Rückrufbitten sind Einwilligungen
Die Behörde stellt klar, dass etwa Rückrufbitten, wie man sie häufig auf Internetseiten findet, Einwilligungen sein können. (Typische Ausgestaltung: „Wenn wir Sie zurückrufen sollen, geben Sie nachstehend einfach Ihre Telefonnummer an und wir kontaktieren Sie noch heute“).
Damit können auch von Verbraucher:innen geäußerte Rückrufbitten als Werbeeinwilligung einzuordnen sein. Website-Kontaktformulare zu Rückrufbitten unterscheiden sich insoweit nicht wesentlich von sonstigen Kontaktformularen, die ebenfalls auf die Durchführung von Werbeanrufen zielen, bspw. die ausdrückliche Abgabe einer Einwilligung in Telefonwerbung z.B. bei einem Onlinegewinnspiel. Es gelten die gleichen Grundsätze wie für sonstige Werbeeinwilligungen.
Archivierung von jeder Einwilligung, jedem Anruf und jedem Widerruf
Die Vorstellungen der Behörde sind sehr weitgehend, was die Details der Datenerfassungen angeht. So soll aus den archivierten Daten immer beweiskräftig erkennbar sein, welches Unternehmen mit welcher Rechtsform und ladungsfähiger Adresse Auftraggeber des Anrufs, Ausführender des Anrufs (z.B. Callcenter) oder Quelle der Daten (Adresshändler) ist. Bis hin zur Dokumentation der Uhrzeit (etwa bei elektronisch erteilter Einwilligung) gehen die Vorgaben. Auch verlangt die Behörde, dass etwa mittels Screenshots und Scans der Kontext der Einwilligungserteilung erkennbar gemacht werden muss.
Die Bundesnetzagentur ist in ihren Auslegungshinweisen der Ansicht, dass wegen des neuen Fristlaufs nach jeder Nutzung auch jeder Werbeanruf die Pflicht begründet, Daten hierzu zu archivieren.
Da der Widerruf einer Einwilligung deren Bestand natürlich berührt, sieht die Bundesnetzagentur auch hierzu Pflichten, diese für die Dauer von fünf Jahren aufzubewahren.
Reales Bußgeld: 30.000 pro Anruf
Wer also künftig nicht mittels Archivierung nachweisen kann, was rund um die Einwilligung so an Text stand, wie sie eingebettet war und wie etwa Teilnahmebedingungen und Datenschutzerklärungen etwa bei der Einholung der Einwilligung im Rahmen von Gewinnspielen aussahen, der riskiert empfindliche Bußgelder. Damit werden dann nur Archivierungsprobleme sanktioniert. Ob eine wirksame Einwilligung vorlag, ist dann noch einmal eine andere Frage, die zusätzlich mit Bußgelddrohungen behaftet ist. Dem Autor oder der Autorin sind Bußgelder von 30.000 Euro pro Anruf ohne zureichende Einwilligung bekannt.
Fazit
Auch wenn die Behörde für Bußgelder und die Verfolgung von Verstößen zuständig ist, so sind deren Auslegungshinweise am Ende nicht verbindlich. Dazu heißt es denn auch:
Die Auslegungshinweise sind weder als formelle Festlegung der Bundesnetzagentur noch als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift zu verstehen….
Den werbenden Unternehmen steht es grundsätzlich frei, für ihr Unternehmen geeignete Methoden auszuarbeiten, um die Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht in ihre konkreten Unternehmensabläufe einzubetten.
Die Rechtsprechung wird klären, ob die Sicht der Behörde zutrifft. Wenn Sie die Rechtsgeschichte nicht bereichern wollen, dann lassen Sie sich von spezialisierten Rechtsanwälten zur Formulierung von Einwilligungstexten und Archivierungspflichten beraten. Vergessen Sie nicht Ihre Verträge mit Dritten prüfen zu lassen, die Ihnen Einwilligungen verschaffen.
ÜBER DEN AUTOR
Rechtsanwalt Rolf Becker ist Partner der Rechtsanwälte WIENKE & BECKER in Köln und Autor von Fachbüchern und Fachartikeln zum Wettbewerbsrecht, Markenrecht und Vertriebsrecht insbesondere im Fernabsatz. Als Mitglied im ECC CLUB kommentiert Rechtsanwalt Becker für das ECC KÖLN regelmäßig aktuelle Urteile zum Online-Handel und gibt Händlern praktische Tipps, wie sie mit den gesetzlichen Vorgaben umgehen sollen.
RA Becker auf Twitter: http://twitter.com/rolfbecker
Er ist auch Autor auf den Informationsdiensten www.versandhandelsrecht.de.
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