Die Coronapandemie stürzt eine Vielzahl von Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten, es wird von einer Pleitewelle gesprochen, die sich im Laufe des Jahres offenbaren wird. Wir haben mit Sascha Hackstein, Geschäftsführer unseres ECC CLUB Mitglieds Berndtson Interim, über Unternehmenskrisen gesprochen und wie man mittels Restrukturierung eine Insolvenz umgehen kann.
Sascha, viele Medien prognostizieren der Wirtschaft eine Welle von Insolvenzen, ausgelöst durch die Coronapandemie. Wie schätzt du das Thema ein?
Zunächst einmal muss man festhalten, dass sich auch schon vor Covid-19 einige Branchen in Schwierigkeiten befanden – seien es die Automobilindustrie, der Maschinenbau oder der Handel. Trotz Megatrends wie Digitalisierung, Internet der Dinge (IoT) oder E-Mobility sonnen sich viele Unternehmen noch heute in ihren alten Erfolgen und haben es versäumt, sich vorausschauend aufzustellen. Dann kam Covid-19, nicht vorhersehbar und die Weltwirtschaft in eine ihrer tiefsten Krisen. Diese Krise war für viele Unternehmen aber lediglich der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.
Also sind viele Probleme, die zu einem Großteil auf Covid-19 geschoben werden, in deinen Augen auch hausgemacht?
Teilweise ja. Unternehmen überleben nur, wenn sie sich konsequent verändern und an neue (Wirtschafts-)Bedingungen anpassen – das gilt für Krisenzeiten wie derzeit mehr denn je. Es ist wichtig zu verstehen, dass eine Krise nicht erst bei Liquiditätsproblemen beginnt. In ihren Anfängen beruht die Krise eines Unternehmens oft auf einer strategischen Fehleinschätzung. Dies führt dann schnell zum Verlust von Marktanteilen, zum Rückgang von Umsatz und Ertrag. Aus einer Strategiekrise wird so eine Erfolgskrise und dann (erst) eine Liquiditätskrise, die schließlich bis hin zur Insolvenz führen kann.
Viele Unternehmen befinden sich derzeit – bedingt durch die Pandemie – bereits in einer Liquiditätskrise. Aber die Pandemie hat nur Fehler der Vergangenheit schneller sichtbar gemacht: Die Unternehmen büßen jetzt die Konsequenzen schlechten Managements, versäumter Digitalisierung, politisch motivierter staatlicher Wachstumsprogramme und leicht zugänglicher Finanzierung aufgrund niedriger Zinsen.
Was müssen Unternehmen, die sich in einer solchen wirtschaftlichen Lage befinden, nun beachten? Wer hilft ihnen?
Sobald Liquiditätsprobleme aufgetreten sind, aber noch bevor die Überschuldung eingetreten ist, greift das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG). Es fungiert als eine Art Schutzschild weit vor der eigentlichen Insolvenz und soll die Sanierung von Unternehmen durch verschiedene Maßnahmen erleichtern, unter anderem indem der Zugang der Unternehmen zur Eigenverwaltung vereinfacht wird und die Gläubiger einen stärkeren Einfluss auf die Auswahl des Insolvenzverwalters erhalten.
Hier sollten sich Unternehmen externe Hilfe und Unterstützung suchen. Viele wenden sich in dieser Situation an ein entsprechend auf Restrukturierungen spezialisiertes Beratungsunternehmen, meist ist ein gezielt eingesetzter Interim Manager (IM) jedoch die bessere und kostengünstigere Alternative. Ein IM geht in die Organisation rein und hat im Gegensatz zu einem Beratungsteam die formale Macht, gewisse Dinge zu entscheiden und umzusetzen. Das macht seinen Einsatz zusätzlich effektiv und effizient.
Was kannst du als abschließende Tipps mitgeben?
Meine Empfehlung ist, sich folgende Fragen zu stellen:
- Welche Rolle spielen die Kosten? Die Investitionen in Restrukturierungsprogramme werden sich auf Dauer immer auszahlen. Und dennoch scheuen sich Entscheider*innen häufig vor den anfallenden Kosten externer Projekte. Aber wer nicht investiert, verliert. Frühzeitige Maßnahmen bieten mehr Optionen, um Unternehmen wieder zukunftsfähig und profitabel aufzustellen.
- Worauf muss ich achten, wenn ich eine*n externe*n Berater*in konsultiere? Ein*e externe*r Berater*in sollte immer ein Sparringspartner für die Umsetzung sein und den Prozess begleiten, bis sich sichtbare Erfolge einstellen. Je nach Phase der Krise, in der ein Unternehmen steckt, wird ein anderer Typus IM benötigt.
Entscheidend ist zu verstehen, dass es nur einen Versuch gibt! Gelingt dies nicht, bleibt nur noch die Abwicklung.
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