Sabrina Mertens im Interview mit Kai Herzberger von Facebook
Kai Herzberger und Sabrina Mertens tauschten sich im Anschluss an die NEOCOM intensiver zur Frage aus, warum Deutschland scheinbar das Plattformenzeitalter verschläft. Ein wesentlicher Faktor seien dabei kulturelle Einflüsse, bestätigte Kai. Nur wenn diese überwunden werden, könne Deutschland auch zum Innovationstreiber werden. Das Gespräch haben wir für Sie aufgezeichnet.
Kai, Deutschland und Europa hinken im Zeitalter der Plattformökonomie hinterher. Warum ist das so und wo genau müssen wir ansetzen, um aufzuholen und die Potenziale zu nutzen?
Kai Herzberger: Wir Deutschen sind sehr stolz auf unser Gütesiegel „Made in Germany“. Über diese Marke positionieren wir uns. Aus diesem Grund versuchen wir immer 100 Prozent zu liefern. Anders läuft es beispielsweise im Silicon Valley, wo die Devise „fail harder“ lautet. Leider liegt es nicht in der Kultur bzw. der Natur der Deutschen, Fehler zu machen und einzugestehen, um besser zu werden und sich weiter zu entwickeln. Das ist der Punkt, der uns daran hindert, innovativ zu denken. Ich nutze da immer gerne den Slogan, den Opel generiert hat: Umparken im Kopf. Das ist das, was in Deutschland, aber auch in ganz Europa stattfinden muss.
Hat Deutschland oder Europa die Chancen, die die Plattformökonomie mit sich bringt, schon verstanden?
Gute Frage. Meine persönliche Meinung ist, dass wir zu sehr an alten Strukturen festhalten. Schau dir unsere Organisationsstrukturen an. Sie sind sehr hierarchisch – von oben nach unten – definiert. Die USA und Asien arbeiten dagegen in agilen Teams. Da können wir uns eine große Scheibe von abschneiden. Natürlich gibt es auch dort Geschäftsführer, den CEO, den Präsidenten usw., aber sie sind letztlich nicht die Entscheidungsträger. Entscheider ist derjenige, der für die Entscheidungen einsteht, die aus der Arbeitsgemeinschaft stammen. Wir bei Facebook leben ganz klar den Gedanken, dass Ideen von unten nach oben entwickelt werden. Mitarbeiter werden bei uns viel stärker in Innovationsprozesse einbezogen. Diese Art der Unternehmenskultur müssen Unternehmen in Deutschland deutlich stärker vorantreiben.
Wie arbeitet ihr denn konkret bei Facebook?
Natürlich nutzen auch wir E-Mails, aber die meiste Kommunikation läuft bei uns über unsere Messenger-Produkte. Hierüber versenden wir mittlerweile auch Dateien und führen Videokonferenzen. Der Messenger hat den Vorteil, dass die Mitarbeiter wichtige Kommunikation direkt erhalten und darauf antworten können. Eine E-Mail liegt auch gut und gerne eine Weile im Posteingang bevor sie bearbeitet wird. Der Messenger ermöglicht durch Push Notifications eine deutlich stärkere Echtzeitkommunikation.
Darüber hinaus sind wir in agilen Teams unterwegs. Natürlich gibt es bei uns auch Abteilungen bzw. abteilungsnahe Strukturen, aber wir führen klassischerweise Teams, die aus unterschiedlichen Abteilungen kommen, zusammen. Diese definieren ein gemeinsames Ziel und werden auch gemeinsam daran gemessen.
Danke Kai für das Gespräch!
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Die diesjährige ECC-CLUB-STUDIE liefert erste Einblicke und leitet Fragen ab, die deutsche Unternehmen sich jetzt stellen sollten, damit Deutschland im Plattformzeitalter nicht länger hinterherfährt.
Doch damit nicht genug: Das Thema Plattformen wird uns weiter beschäftigen! In einer weiteren Studie werden wir uns mit der Typologisierung und den Erfolgsfaktoren von Plattformen auseinandersetzen. Darüber hinaus wird es eine weitere Untersuchung geben, die die Plattformauswahl aus Anbietersicht beleuchten wird. Stay tuned!