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DIe EVENTS DES IFH KÖLN
12. April 2021
Leonie Schulze Bölling | CoA Academy

Führung auf Distanz – eine Herausforderung, der sich Führungskräfte in vielen Unternehmen durch die Coronapandemie annehmen müssen. Worauf es jetzt in puncto Leadership ankommt und wie sich Arbeitswelten verändern werden, haben wir mit Leonie Schulze Bölling, Geschäftsführerin unseres ECC CLUB Mitglieds CoA Academy, besprochen.

Wir am IFH KÖLN befinden uns, wie viele andere Unternehmen, mittlerweile seit einem Jahr nahezu ausnahmslos im Home Office. Eine Umstellung, nicht nur für die Mitarbeiter:innen, sondern auch für die Führungskräfte. Welche Veränderungen beobachtet ihr? Welche davon werden nachhaltig bleiben, welche nicht?

Die aktuelle Pandemie hat die Art und Weise wie wir zusammenarbeiten wie mit einem Fingerschnippen verändert. Am offensichtlichsten sind die veränderte Bürosituation und das Arbeiten von zu Hause. Der Lockdown hat uns in ein Extrem gezwungen, aus dem viele von uns sehnlichst ausbrechen wollen. Viele freuen sich wieder auf persönliche Kontakte im Büroalltag. Gleichzeitig erfahren wir viele Vorteile des Remote Workings. Wir beweisen gerade, dass es grundsätzlich möglich ist, von überall aus der Welt zu arbeiten, ein Unternehmen oder ein Land zu führen. Es liegt also auf der Hand, dass sich in Zukunft ein Mischmodell durchsetzen wird, dass uns die Vorteile der Flexibilität erhält und gleichzeitig den Aufbau von persönlichen Beziehungen durch physisches Beisammensein wieder ermöglicht.

Doch der Ort, von dem aus wir arbeiten, ist nicht die einschneidendste Veränderung, die ich erlebe. Auch wenn es schwerfällt, der Pandemie etwas Gutes abzugewinnen, hat sie die Extreme der Zusammenarbeit und der Führung in Unternehmen, wie ich sie insbesondere in Deutschland erlebe, ein Stück demokratisiert. Auf der einen Seite gibt es die jungen, hippen Startups, für die eine vielfältige digitale Toolauswahl zu ihrem ganz normalen Alltag gehört. Für die meisten war die plötzliche Umstellung auf Remote keine wirkliche Veränderung. Auch ihre Unternehmenskultur gibt es her, von überall zu arbeiten. Durch die gewohnte Anwendung von Projekt- und Taskmanagement-Tools wie Asana, Jira oder Teams sind es die Mitarbeiterinnen gewohnt, dass Aufgaben, Ergebnisse und Ressourcen transparent sind, um Arbeit besser verteilen zu können. Es ist ganz normal, dass Informationen schnell und auf dem kleinen Dienstweg ausgetauscht werden, damit alle auf dem gleichen Stand sind und einfacher arbeiten können.

Für viele andere Unternehmen ist diese Art der Zusammenarbeit kein Standard. Prozesse sind noch nicht durchgehend digitalisiert, Informationen werden vielleicht nicht immer freiwillig sofort geteilt. Es entstehen Informationssilos. Die Größe des Büros oder das Kaliber des Dienstwagens spielen immer noch eine wichtige Rolle, wenn es um Wertschätzung und Anerkennung geht. Wenn allerdings nun niemand mehr am Büro vorbeiläuft und keine Autos mehr in der Tiefgarage stehen, erfährt niemand mehr von diesen Incentives. Statussymbole verlieren an Bedeutung. Der Plausch an der Kaffeemaschine und auf dem Flur fällt zusätzlich weg. Dies fehlt zwar auch den Jungunternehmen, ihnen fällt es jedoch oft einfacher das Büro als Kommunikationskanal auf andere Kanäle zu übertragen. Video- & Audiochats, Kommunikation über die sozialen Medien ist für sie eine ganz natürliche Sache. Demokratisierung deswegen, weil diese teilweise massiven Unterschiede in der Arbeitswelt durch die Pandemie gezwungenermaßen etwas angeglichen worden sind. Zudem können wir nun mit jemandem, der 50 Meter von mir entfernt sitzt genauso kommunizieren, wie jemand der 500 oder gar 5.000 Kilometer entfernt sitzt. Auch das bringt viele Chancen im Bereich Vertrieb, Recruiting und Zusammenarbeit mit sich. Lokale Grenzen werden mehr und mehr aufgebrochen. Durchgängige digitale Kollaboration wird zwingend notwendig. Nähe zu den Mitarbeitern erhält eine neue Definition und braucht ein anderes Verständnis.

Wandelt sich in euren Augen gerade die generelle „Führungsrolle“? Welche Skills werden Führungskräfte heute und in Zukunft brauchen?

Auf jeden Fall. Wie schon beschrieben – für die einen mehr, für die anderen weniger. Doch alles in allem beschleunigt die Pandemie die Veränderung, die wir ohnehin bereits seit einigen Jahren in puncto Führung spüren. Wenn ich meinen Mitarbeiterinnen nicht mehr jeden Tag über die Schulter schauen kann, um zu kontrollieren, woran sie arbeiten, benötige ich mehr Vertrauen und eine höhere Ziel- und Ergebnisorientierung in meinem Führungsstil. Egal ob als CEO, Teamlead oder als Mitarbeiter – wenn ich weiß, wofür ich etwas tue, was Ziel und der Zweck des Ganzen sind und welche Rolle ich dabei spiele, dann übernehme ich automatisch mehr Verantwortung, treffe bessere Entscheidungen und bin motivierter, genau dazu einen Beitrag zu leisten. Zeit- und raumunabhängig.

Die Arbeit von zu Hause schenkt uns mehr Flexibilität und verlangt von uns gleichzeitig sehr viel mehr Eigenverantwortung und Disziplin. Eigenverantwortung im Sinne von Selbstorganisation, Priorisierung und Entscheidungen. Disziplin im Sinne von Grenzen zwischen Beruf und Privatem selbst zu definieren, auf unsere Gesundheit zu achten und fokussiert auf unsere Ziele zu sein. Als Führungskraft wird nun deutlich, was früher funktioniert hat und heute nicht mehr: Mikromanagement und volle Kontrolle im Home Office sind schwierig. Sicherzustellen, dass es den Mitarbeitern gut geht, sie an den richtigen Dingen zielführend arbeiten und die individuelle Führung bekommen, die sie brauchen, verlangt echte Leadership-Skills. Leadership ist meine Fähigkeit, positiv zu beeinflussen. Und beeinflussen bedeutet mit meiner Kommunikation und meinem Verhalten mich selbst und andere zu befähigen, das zu tun, was auf meine Ziele und die Ziele der Firma einzahlt. Das ist im Büro Vielen leichter gefallen. Dort können meine Mitarbeiter mich sehen und als Chefin kann ich meine Werte und meine Erwartungen täglich vorleben. Ich werde schnell auf dem Flur eine Information los oder trommle kurz im Meetingraum alle zusammen. Das Büro war bis vor kurzem ein wichtiger Kommunikationskanal, den wir nun clever ersetzen müssen. Wir brauchen nun andere Strukturen, Methoden, Tools und eine neue Meetingkultur. Wie sehr sich diese verändert hat, spüren wir zum Beispiel dann, wenn jemand in einem Zoom-Call als einzige die Videokamera ausgeschaltet hat oder die Familie im Bildschirmhintergrund tanzt. Es macht etwas mit der Stimmung im „Raum“. Als Führungskraft ist es meine Aufgabe, sicherzustellen, dass meine Botschaft, meine Kommunikation bei meinem Team so ankommt, wie ich es beabsichtige. Individuelle Präferenzen und Kompetenzen spielen hierbei eine noch stärkere Rolle als zuvor, da der persönliche Kanal, das Anfassen und Erleben, über den wir viele Informationen wahrnehmen und Beziehungen aufbauen, wegfällt. Nicht nur die meines Teams, auch meine eigenen als Führungskraft. Wir nennen das die Fähigkeit zur ultimativen Verhaltensflexibilität.

Am 11.5. wird es speziell zum Thema Remote Leadership ein ECC WEB TALK mit Michael Portz, Co-Gründer der CoA Academy, und mir geben, indem wir darauf eingehen.

 

„New Work“ – ein Buzzword, das vielen von uns sicher schon einmal begegnet ist. Wie sieht eure Prognose für zukünftige Arbeitswelten und -modelle aus?

Auch wenn es dieser brutalen Pandemie und der damit einhergehenden Krise nicht viel Positives abzugewinnen gibt, ist sie womöglich der Auslöser für eine schnellere Entwicklung einer besseren und motivierenderen Führungskultur, die es Unternehmen und Mensch einfacher macht, erfolgreich zu sein. Eine Führungskultur in der eine gemeinsame Vision, ein Zweck, gemeinsame Werte und vor allem die Stärken jedes Einzelnen im Mittelpunkt stehen. Selbstreflexion und die Reflexion anderer Menschen in meinem Umfeld spielen dabei eine entscheidende Rolle. Digitale Tools und ein paar wirkungsvolle Führungsmethoden sind das Handwerkszeug, um sicherzustellen, dass diese Vision mit den richtigen Leuten gemeinsam erreicht wird. Egal von wo.

In einem Satz: Was bedeutet Leadership in euren Augen?

Leadership is my ability to influence – Führung ist meine Fähigkeit zu beeinflussen, um mit meinem Verhalten, meiner Kommunikation meine Ziele zu erreichen und Großes zu bewegen – für mich und mein Team.

 

P.S.: Für uns sind alle Menschen gleichwertig – unabhängig von Geschlecht, Alter, ethnischer Herkunft und allen weiteren Verschiedenheiten. Deshalb wechseln wir für einen besseren Lesefluss zwischen der männlichen, weiblichen und sachlichen Form, anstatt jedes Mal alle grammatikalischen Geschlechter aufzulisten.

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