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5. Juni 2024

Für immer mehr Unternehmen steht das Thema Nachhaltigkeit ganz oben auf der Agenda. Dabei überschätzen aber auch viele Unternehmen den Einfluss, den eine nachhaltige Vermarktung tatsächlich auf die Kaufentscheidung hat. Denn Konsument:innen kaufen Produkte primär, um Probleme zu lösen: Wer ein neues Elektroauto kauft, will in erster Linie von A nach B kommen – die Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks ist zumeist nur ein positiver „Nebeneffekt“. Dadurch entsteht oftmals eine Diskrepanz in dem, was Unternehmen anbieten und dem, was Kund:innen tatsächlich möchten.

Segmentierung der Kund:innen hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeitsaffinität

Es ist von entscheidender Bedeutung, zu verstehen, wie Konsument:innen den Wert von traditionellen und nachhaltigen Produkteigenschaften beurteilen. Denn es gibt keine Einheitslösung für Nachhaltigkeitsmarketing – nicht alle Konsumentinnen und Konsumenten messen den nachhaltigen Vorteilen von Produkten und Dienstleistungen die gleiche Bedeutung bei. Daher sollten Unternehmen ihre Kundschaft entsprechend ihrer Nachhaltigkeitsaffinität segmentieren:

Grünes Segment (hohe Affinität zur Nachhaltigkeit): Nachhaltigkeit hat einen hohen Stellenwert für dieses Segment. Die Kund:innen suchen aktiv nach nachhaltigen Lösungen und sie sind auch bereit, einen Teil der Produktleistung für Nachhaltigkeit zu opfern.

Blaues Segment (moderate Affinität zur Nachhaltigkeit): Kund:innen dieses Segments haben eine moderate Affinität für Nachhaltigkeit und bevorzugen nachhaltige Produkte, wenn sie im Gegenzug nicht zu viel (am besten keine) der Produktleistung und des Preises aufgeben müssen.

Graues Segment (geringe Affinität zur Nachhaltigkeit): Das Segment schätzt die nachhaltigen Eigenschaften von Produkten nicht und steht diesen skeptisch gegenüber.

Wie sollte das Marketing für nachhaltige Produkten gestaltet werden?

Die nachhaltigen Produkteigenschaften dürfen nicht isoliert betrachtet werden, denn sie interagieren oft mit den Kerneigenschaften eines Produkts. Dabei gibt es drei verschiedene Arten, wie die Eigenschaften interagieren können:

Unabhängigkeit. Die nachhaltigen Produktmerkmale haben keinen Einfluss auf die Kerneigenschaften. Ein Produkt hat die gleiche Leistung wie das des Wettbewerbers, aber den zusätzlichen Vorteil, dass es nachhaltiger ist. Stellen Sie sich ein Waschmittel vor, das genauso gut reinigt wie der Wettbewerber, aber mit dem einzigen Unterschied, dass es nachhaltige Inhaltsstoffe hat. Diese nachhaltigen Inhaltsstoffe beeinflussen jedoch nicht die Leistung des Waschmittels.

Das graue Segment sollte bei diesen Produkten nicht im Fokus stehen, da diese Kund:innen schlimmstenfalls einen versteckten Haken vermuten könnten. Die Marketingaktivitäten sollten sich stattdessen auf das blaue und grüne Segment konzentrieren. Dabei sollte insbesondere betont werden, dass die nachhaltigen Produkteigenschaften die Produktleistung nicht beeinträchtigen.

Dissonanz. In diesem Fall verschlechtern die nachhaltigen Produktmerkmale tatsächlich die Kerneigenschaften. Im Beispiel des nachhaltigen Waschmittels würde das Produkt durch die nachhaltigen Inhaltsstoffe etwas von der Waschleistung einbüßen.

Diese dissonanten Produkte können fast nur an das grüne Segment, und womöglich teilweise auch an das blaue Segment vermarktet werden. Eine Möglichkeit besteht darin, die Schwäche der Produktleistung strategisch anzuerkennen und gleichzeitig den persönlichen Nutzen der neuen nachhaltigen Vorteile für die Kund:innen zu betonen. Andererseits kann sich die Kommunikation auch auf die greifbareren Vorteile konzentrieren, wie beispielsweise den Vorteil von Elektroautos, auf speziellen Elektroautoparkplätzen parken zu können.

Resonanz. Die nachhaltigen Produktmerkmale verbessern die Kerneigenschaften. Zum Beispiel könnten die nachhaltigen Inhaltsstoffe eines nachhaltigen Waschmittels einzigartige Eigenschaften haben, welche die Waschleistung verbessern.

Diese Produkte können eine breitere Zielgruppe ansprechen. Das grüne und das blaue Segment reagieren gut auf Botschaften, die Leistung und Nachhaltigkeit in den Vordergrund stellen. Allerdings könnte das graue Segment eine Botschaft, die sich vorwiegend auf die Nachhaltigkeit konzentriert, als abschreckend empfinden. Eine Bündelung der nachhaltigen Vorteile mit den Kernvorteilen spricht jedoch das grüne, das blaue und auch das graue Segment an.

Grafik zum Nachhaltigkeitsmarketing

Nachhaltigkeit als strategisches Instrument nutzen

Diese Einsichten zeigen: Die Beherrschung des Nachhaltigkeitsmarketings erfordert mehr als nur Buzzwords – es bedarf eines umfassenden Verständnisses der Konsumentenpräferenzen, der Segmentierung und der Produktpositionierung. Mit einem ausgewogenen Ansatz, der Nachhaltigkeit gezielt mit den Kerneigenschaften eines Produkts verbindet, können Unternehmen Botschaften entwickeln, die bei ihrer Zielgruppe ankommen. Die geschickte Integration von Nachhaltigkeit in Marketingstrategien fördert nicht nur das Engagement der Kundinnen und Kunden, sondern positioniert das Unternehmen auch als Vorreiter in einem Markt, der sich ständig weiterentwickelt.

Quelle: Dalsace, Frédéric und Goutam Challagalla (2024), “How to Market Sustainable Products. Three paths to success,” Harvard Business Review, März-April 2024.

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