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5. März 2024

Seine Kund:innen zu analysieren und ihre Bedürfnisse zu kennen, wird im Wettbewerb für Unternehmen immer wichtiger. Was es hier zu beachten gilt und welche konkreten Anwendungsfälle es gibt, berichten Franziska Müller, Senior Data Analyst und Valesca Gräber, Digital Marketing Consultant bei unserem ECC CLUB Mitglied Key-Work , im Interview.

Was genau versteht ihr unter Customer Analytics und wie schätzt ihr die Bedeutung für die Customer Experience ein?

Franziska Müller: Customer Analytics umfasst für mich alle Fragestellungen, die kundenzentrierte Analysen betreffen und sind die Grundlage für Data Driven Marketing. 

Dazu werden Daten aus verschiedenen Systemen zusammengeführt, um die Kund:innen möglichst vollständig zu verstehen. Normalerweise umfassen diese Daten mindestens Stammdaten und Transaktionen, womit sich schon ein Bild der Kund:innen ergeben kann. Diese Daten können dann um Kommunikation, also Werbeanstöße und Reaktionen der eigenen Kampagnen, oder Websitedaten und Social-Media-Aktivitäten usw. ergänzt werden. Je mehr Kontakte zwischen Unternehmen und Kund:innen zusammengeführt werden, desto besser kann das Kundenverhalten beschrieben werden.  

Nach der Zusammenführung der Daten kann durch statistische Modelle, Segmentierungen, Scorings und weitere Methoden eine Analyse des Kundenstammes durchgeführt werden, um verschiedene Kundensituationen zu beschreiben, zu erkennen und zu begleiten. 

Ziel ist es, durch die vorhandenen Daten Potenziale im Kundenstamm zu erkennen, Bedürfnisse und Interessen der Kund:innen zu verstehen, die Kommunikation an die Kundenbedürfnisse  anzupassen, aber auch die eigenen Prozesse zu optimieren. 

Valesca Gräber: Die Bedeutung und Auswirkung auf die Customer Experience ist daher natürlich riesig. Wenn man weiß, wie die Kund:innen ticken und was sie wann brauchen, kann man sie zielgenau und personalisiert ansprechen und passende Produktvorschläge machen.  

Wir sagen immer, Ziel von Customer Analytics ist es, eine relevante Ansprache über den richtigen Kanal zum optimalen Zeitpunkt an die richtigen Kund:innen zu schicken. Die Kund:innen fühlen sich verstanden und abgeholt, haben ein tolles Erlebnis und sind zufrieden. Durch eine optimierte Customer Experience steigert sich das Engagement der Kund:innen, die Kaufwahrscheinlichkeit und langfristig die Kundenbindung. 

Welche Voraussetzungen sollte ein Unternehmen erfüllen, um eine effektive Kundenanalyse durchführen zu können?

Franziska Müller: Um als Unternehmen mit dem Thema Kundenanalyse loszulegen, müssen zunächst Kundendaten in ausreichender Form und Qualität vorliegen. Das heißt, es müssen über einen längeren Zeitraum Daten gesammelt worden sein und in zugänglicher Form abgelegt werden. 

Möchte man neu in das Thema Customer Analytics starten, bietet es sich an, sich zunächst auf wenige, konkrete Fragestellungen und Datenquellen zu konzentrieren. Erste Ideen können schon aus einer Untersuchung des Kundenstamms gewonnen werden. Im nächsten Schritt können dann z. B. Transaktionen hinzugefügt werden, um gezielter das Kaufverhalten zu untersuchen. Auch Reagierer-Analysen für die eigene Kommunikation können relativ einfach hinzugefügt werden. 

Wichtig für eine effektive Analyse ist es, die Daten vor dem Start der Analysen gründlich zu untersuchen und eventuell zu bereinigen. Eine gute Vorbereitung mit geeigneten Werkzeugen macht einen großen Teil der Arbeit aus und weitere Schritte erst bequem möglich. Die Auswahl dieser Werkzeuge sollte auch genügend Aufmerksamkeit bekommen. Denn sie bestimmt, welche Analysen später mit welchem Aufwand möglich sind, ob sie wiederholbar sind. Und auch, wem der Zugang zu den Daten und Ergebnissen möglich ist. 

Was sind deiner Ansicht nach die wichtigsten Mehrwerte einer individuellen Ansprache?

Valesca Gräber: Aus Endkundensicht ganz klar die verbesserte Customer Experience. Die Kund:innen erhalten personalisierten und relevanten Content, passende Produktvorschläge. Sie erfahren eine optimale Customer Journey und fühlen sich mit ihren Interessen und Bedürfnissen verstanden und wertgeschätzt. Durch eine gezielte Ansprache haben sie so weniger das Gefühl von klassischer Werbung und Spam. 

Aus Sicht von Unternehmen und Brands sind die Mehrwehrte das bessere Kundenverständnis und dadurch eine gezielte und bewusste Content- und Budgetsteuerung. Mit Customer Analytics lautet die Devise “Qualität anstatt Quantität”. Dadurch, dass nicht alle Kund:innen alles bekommen und Kund:innen auch mal bewusst eine Kampagne oder einen Gutschein nicht erhalten, spart das Kosten, aber auch Zeit und menschliche und materielle Ressourcen. Unternehmen sichern sich durch eine individuelle Kundenansprache Wettbewerbsvorteile und steigern die Kundenloyalität. Was letztendlich auch zu einer Umsatzsteigerung führt.  

Wie lässt sich eine Kundensegmentierung konkret ausgestalten?

Franziska Müller: Es gibt viele mögliche Ansätze und der gewünschte Einsatz sollte im Mittelpunkt der Überlegung stehen. Grundsätzlich geht es darum, möglichst ähnliche Kund:innen zusammenzufassen und entsprechend zu bedienen oder in der Planung zu berücksichtigen. "Ähnlich" kann verschiedene Dimensionen haben. Es können soziodemografische oder kaufhistorische Merkmale sein, die in die Segmentierung einfließen. Entsprechend sind auch unterschiedliche Einsätze vorgegeben.  

Möchte man sich einen ersten Überblick über seinen Kundenstamm verschaffen, bietet sich zum Beispiel eine einfache RFM-Segmentierung an. Dabei werden die Kund:innen nach den Dimensionen Aktualität (Recency), Häufigkeit (Frequency) und Kaufwert (Monetary) eingruppiert. Das macht es möglich Kundenwanderungen abzubilden, und mit einem leicht verständlichen Ansatz Bestkund:innen von abwanderungsgefährdeten Kund:innen zu trennen und passend anzusprechen. 

Will man gezielter vorgehen, so liefert eine soziodemografische Segmentierung durch einen geeigneten Algorithmus wie eine PCA-Segmentierung Hinweise für eine geeignete Ansprache und womöglich den richtigen Kanal, passend zur Lebenssituation. Segmente auf den historischen Käufen können wiederum für Produktvorschläge und Preisgestaltung genutzt werden. 

Hast du Beispiele für erfolgreiche Kampagnen oder Maßnahmen, die auf einer detaillierten Kundensegmentierung basieren?

Valesca Gräber: Selbstverständlich 😊 Die Einsatzmöglichkeiten sind hier vielseitig. Ein klassisches Beispiel sind Produktkampagnen auf Basis von Interessen. Segmentiert werden Kund:innen, die in ihrem Kundenprofil – falls vorhanden – ein gewisses Interesse angegeben haben oder die sich durch ihr Interaktionsverhalten in der Vergangenheit für bestimmte Produkte oder Produktkategorien interessiert haben. Interaktionen sind vielfältig, angefangen beim Websiteverhalten, über Klicks in Newslettern bis hin zu früheren Käufen. Konkret: Ein Kunde interessiert sich für Outdooraktivitäten und hat sich hierzu Produkte auf der Website angeschaut. Daher bekommt er eine Kampagne rund um Laufschuhe und Kletterzubehör ausgespielt. So banal es klingt, aber die Segmentierung auf Basis von Interessen funktioniert besonders gut.

Gute Erfahrungen haben wir zudem mit prädiktiver Segmentierung mittels Scoring gemacht. Dabei wird auf Basis vergangener Käufe, Websiteverhalten oder Kundenprofilen ein Score gebildet, zum Beispiel für die Wahrscheinlichkeit eines Umzugs. Die Kundengruppe, die einen gewissen Score-Wert überschreitet, wird anschließend mit passenden Produktvorschlägen oder einem Gutschein angeschrieben. Dadurch erreicht man die Kund:innen zum richtigen Zeitpunkt mit relevantem Content, was zu einer hohen Reaktions- und Kaufquote führt.  

Mit E-Mail-Kampagnen erreicht man leider nicht alle Kund:innen und viele Mailings bleiben ungeöffnet. Hier bietet es sich an, alle Nicht-Öffner zu segmentieren und sie über einen anderen Kanal anzusprechen. Diejenigen, von denen man die Adresse hat, erhalten einen Print-Versand oder Kund:innen mit App erhalten eine Push-Nachricht. So erreicht man die Kund:innen über einen weiteren Kanal und schafft mehr Aufmerksamkeit.  

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