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Der Online-Handel beeinflusst die Handelsstrukturen in Deutschland und verändert die Handelslandschaft nachhaltig. Dies wirft verstärkt Fragen zur Zukunft des stationären Einzelhandels auf. Die diesjährige Ausgabe der Faszination Handel am 24. September 2015 diskutiert, wie sich stationäre Händler zukunftsfähig aufstellen können und welche Kernkompetenzen hierbei im Fokus stehen sollten.

Prof. Dr. Werner Reinartz, Direktor der IFH-Fördergesellschaft, gibt im Kurzinterview einen Ausblick auf seinen Vortrag zum Thema „Digitale Transformation und Wertschöpfung im Handel“.

 

Vor welchen konkreten Herausforderungen steht der stationäre Handel aktuell? Wie verändert sich die Wertschöpfungskette?

Prof. Dr. Werner Reinartz: Die Veränderungen, die zurzeit auf den Handel einwirken, sind umfangreich, nachhaltig und noch nicht abgeschlossen. Sie betreffen nicht nur den Handel per se, sondern grundsätzlich alle kommerziellen Transaktionen – und darüber hinaus insbesondere auch, wie wir als Individuen kommunizieren und sogar wie Institutionen innerhalb einer Gesellschaft effektiv arbeiten. Insofern ist der Handel nur ein Teil und zugleich auch ein Abbild der Veränderungen, die passieren. Diese Veränderungen sind zum großen Teil technologisch bedingt, aber auch durch die generellen Werteveränderungen bei den Konsumenten getrieben.

Händler nutzen die neuen (Online-)Technologien, um Kunden bessere und neue Produkte und Dienstleistungen anzubieten. Dabei fokussieren sich die etablierten Unternehmen meist auf schrittweise Verbesserungen mit dem Ziel, neuen bzw. zusätzlichen oder besseren Umsatz zu schaffen. Ebenso ist es erklärtes Ziel, das bestehende (alte) Geschäftsmodell wenig zu erschüttern – was hinreichend häufig auch im Konflikt zu innovativen Geschäftsansätzen steht. Neue Marktteilnehmer und Start-Ups sind natürlich frei von diesem Zwang, bestehenden Umsatz oder bestehende Geschäftsmodelle zu „schützen“. Ihr Ansatz ist es explizit, die Robustheit bestehender Wertschöpfungsmodelle zu testen und herauszufordern. Es wird immer deutlicher, wie sehr die traditionelle „Wertschöpfungskette Handel“ zurzeit von vielen Seiten bedrängt wird. Man kann beobachten, dass es für traditionelle, stationäre Händler zunehmend schwieriger wird, ihre historisch gewachsenen Rollen und Aufgaben (Distribution, Sortimentsbildung, Information, Transaktion, Service) weiterhin effizient und effektiv anzubieten. Viele neue Unternehmen und Start-Ups übernehmen einzelne spezialisierte Aufgaben in der Wertschöpfungskette Handel und definieren diese zum Teil neu. Dies betrifft alle Aspekte –  von der Distribution (z. B. DHL) über die Bezahlung (z. B. Apple Pay und PayPal) und das Sortiment (z. B. Amazon und eBay) bis hin zur Information (z. B. soziale Netzwerke und Bewertungsportale). Ebenso werden Hersteller immer mehr zum „Händler“.

In Summe sehen wir eine komplexere und feinteiligere Wertschöpfungskette, in der sowohl viele neue spezialisierte Teilnehmer angesiedelt sind als auch einige große und zum Teil mächtige Plattformen (z. B. Apple, Amazon, eBay, Alibaba). Es macht also viel mehr Sinn, den Handel aus einem funktionalen Blickwinkel zu betrachten (Wer übernimmt welche Handelsfunktion?) als aus einer klassischen institutionellen Sicht.

Die „aktiven“ Konsumenten erfordern eine neue Art der Kundenansprache. Wie sollte diese aussehen?

Prof. Dr. Werner Reinartz: Eine Kernaufgabe des Händlers ist – neben der physischen Beschaffung und Bereitstellung von Produkten – die Zurverfügungstellung von Information für den Kunden. Traditionell herrschte in dieser Beziehung ein großes Gefälle zwischen Verkäufer und Kunden. Der Kunde kam ins Geschäft, um sich erst einmal zu informieren – und der Verkäufer hatte die umfänglichen und relevanten Informationen. In der Ökonomensprache heißt dieser Zustand „Informationsasymmetrie“. Jedoch hat sich dieser Zustand heute stark geändert, ja sogar manchmal fast umgedreht. Der Kunde hat sich im Regelfall (mindestens bei Such- und Investitionsgütern) vorher umfassend selbst informiert – auf Vergleichs- und Bewertungsportalen, auf der Herstellerseite und in sozialen Netzwerken. Das heißt, entweder kommt der Kunde ins Geschäft und ist bereits vollständig informiert oder es werden ganz gezielte zusätzliche Fragen gestellt. Viele Kunden informieren sich heute sogar vor jedem Kauf erstmal bei Amazon über die jeweiligen Produktbewertungen – egal wo dann letztendlich gekauft wird. Mit anderen Worten: Der Kunde ist zum integrativen und festen Bestandteil der Wertschöpfungskette Handel geworden – die Funktion „Information“ hat sich in vielen Fällen an den Kunden ausgelagert. Zum einen heißt das, dass der Kunde in seiner Produktwahl weniger beeinflusst werden kann. Zum anderen sollte der Kunde in der Lage sein, die Produktwahl umfänglicher und besser an seine persönlichen Präferenzen anzupassen. Dies gelingt natürlich nicht immer, aber doch zunehmend besser.

Die Herausforderung für Hersteller und Händler ist es nun, Mehrwerte für Kunden in diesem schwierigen Umfeld zu schaffen, um sie weiterhin zu binden. Zudem müssen Hersteller und Händler die auf den jeweiligen Online-Plattformen geschriebenen Bewertungen und Kommentare aktiv verfolgen und auswerten. Darüber hinaus muss auch eine Strategie zur aktiven Arbeit in den sozialen Medien verfolgt werden, um nachhaltig positiv wahrgenommen zu werden. Erfolgreiche Kundenansprache wird immer weniger über (eher ungelenke) direkte Werbeansprachen laufen, sondern mehr über indirekte Kommunikation, die in die Lebens- und Konsumwelten der Kunden fast natürlich Eingang findet. Hierbei ist eine klare Markenpositionierung von hohem Vorteil und ein gutes und preis-wertes Produkt sowieso. Dann werden Kunden selbst viel von der Überzeugungsarbeit übernehmen.

 

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