„Noch nie zu unseren Lebzeiten war die Ungewissheit um die Zukunft so groß“, schreibt der streitbare Historiker Niall Ferguson in seiner jüngsten Publikation „Doom“. Und in der Tat, das ist es auch, was die meisten Menschen fühlen. Eine Krise reiht sich an die andere. Die Weltordnung scheint aus den Fugen. Vieles scheint ungewiss. Man weiß nicht, wie es weitergeht, weitergehen soll. Und die Zukunftsangst lähmt, drückt auf die Stimmung. Auch die Konsumausgaben leiden. Man hält seine Groschen lieber zusammen. Wer weiß, was noch kommt.
Nachlesen und nachverfolgen lässt sich das im „Trend Check Handel“, den das ECC KÖLN in Zusammenarbeit mit Salesforce regelmäßig auflegt. Gestützt auf Befragungen werden Veränderungen im Meinungsklima und Trends im Konsumverhalten nachverfolgt. Hier jüngste Kernbefunde im Detail:
- Die Deutschen können nachts nicht mehr ruhig schlafen. Man sieht eine Welle der Preissteigerungen auf sich zukommen. Ein Ende scheint erst einmal nicht in Sicht. Und die wahrgenommenen Preissteigerungen haben alltagspraktische Folgen.
- Mittelfristig fürchtet man um den eigenen Lebensstandard, der dann auf Dauer nicht mehr zu halten sein wird. Am Sommerurlaub wird schon einmal der Rotstift angesetzt. Vielleicht fällt er kürzer, bescheidener aus. Vielleicht wird er auch komplett auf Balkonien verlegt.
- Und bereits kurzfristig werden Anpassungsstrategien gewählt. Der Preis rückt stärker in den Fokus. Warum nicht online schon einmal Preise vergleichen und dann auch direkt online kaufen? Warum nicht einfach in den Discounter gehen, da soll es ja sowieso günstiger sein? Warum nicht auf Markenprodukte verzichten, die Handelsmarke ist ja auch akzeptabel? Entlang der Leitfragen wird das eigene Einkaufsverhalten überdacht und auch angepasst.
- Aber die Fragen und Zweifel gehen weiter. Denn auch längerfristige Anschaffungsplanungen werden noch einmal überprüft. Klar, ein neues Sofa sollte her. Und neue Garderobe sollte angeschafft werden. In Corona-Zeiten wurde der Kleiderschrank ja deutlich entrümpelt. Aber ist dies wirklich notwendig? Lieber erst einmal verschieben, sagen gut ein Drittel der Haushalte, die Anschaffungen eigentlich geplant hatten.
- Der Konsum setzt damit seine Durststrecke weiter fort. Denn: Bereits im ersten Lockdown (im Jahr 2020) war Konsumverzicht deutlich spürbar. Die Welt schien für einen Augenblick in Schockstarre stehen zu bleiben. Und der Konsum blieb aus. Davon haben sich die Konsumenten nicht wieder erholt. Ja, der Konsum kehrte wieder zurück. Aber nur leicht. Immer mit angezogener Handbremse. Und immer ging es stark um Bedarfskäufe, um die Abarbeitung des Einkaufszettels.
- Im aktuellen Krisen-Kontext ist Verzicht für viele weiterhin die Option der Wahl. Der aktuelle Verzichts-Level befindet sich auf dem Niveau des Lockdown-Light, wie wir ihn im Jahr 2020 kennengelernt haben. Für viele Konsumenten heißt es: Die Welt ist gefährlich und unsicher, ich halte mein Geld zusammen. Das galt vor zwei Jahren, das gilt heute immer noch.
- Und nach wie vor sind auch Branchen stark getroffen, die bereits in der Pandemie stark gelitten haben. Die Fashion-Branche bekommt weiterhin Hiobsbotschaften zugestellt. Desgleichen die Branchen Möbel und Consumer Electronics. Die Home Office-Zeit hatte kurzfristig Euphorie ausgelöst. Neue Schreibtische und Laptops mussten her, um die New Work-Ära auch erfolgreich bestreiten zu können. Jetzt zeigt sich: Es muss doch eingespart werden. Der Sinn der Konsument:innen geht gerade nicht auf das neue Ecksofa oder die brandneue Spiel-Konsole.
Die Zeiten sind also nicht einfach. Vielerorten ist Katzenjammer zu hören. Wichtig ist, dranzubleiben, nüchtern zu analysieren. Und sich vom Pessimismus nicht unterkriegen zu lassen. „Intelligenter Optimismus“, so nennt der Zukunftsforscher Matthias Horx das, ist gefragt.
Und übrigens: Das IFH KÖLN, damals noch Institut für Handelsforschung, wurde 1929, inmitten der Weltwirtschaftskrise, gegründet. Zielsetzung und Anspruch waren, inmitten krisenhafter Zeiten verlässliche Einsichten bereitzustellen. Da knüpfen wir doch gerne an, da machen wir weiter. Freuen Sie sich also auf weitere Ausgaben des „Trend Check Handel“.
Nicht verpassen!
Mehr Informationen und detailliertere Infos zu der Erhebung gibt es am 04. Mai um 11:45 im Rahmen des ECC FORUMs. Die Geschäftsführer des IFH KÖLN Dr. Kai Hudetz und Boris Hedde werden hier im Expertentalk mit Dr. Susanne Eichholz-Klein, Bereichsleitung Market Insights am IFH KÖLN, die Preissteigerungen und ihre Folgen für den Handel diskutieren. Hier geht es zu den kostenfreien Classic-Tickets zum ECC FORUM.