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28. August 2024

Welche Auswirkungen hat der wachsende Druck durch Plattformen wie Temu und Co. für den deutschen Onleinhandel? Wann ist ein Marktplatz für Onlinehändler sinnvoll und welche Rolle spielt KI in diesem Kontext? Darüber haben wir mit Georg Sobczak, Regional Vice President DACH & NL & CEE bei Mirakl - Partner des diesjährigen ECC FORUM, gesprochen.

Angesichts des wachsenden Drucks durch Plattformen wie Temu & Co.: Wie siehst du die aktuelle Lage des deutschen Onlinehandels?

Die neuesten Zahlen des HDEs zeigen, dass der Online-Boom im deutschen Handel zumindest vorerst vorbei ist. Die Umsätze stagnieren mehr oder weniger seit dem Rekordjahr 2021. Einer der Hauptgründe ist, dass Kund:innen in Zeiten von Preissteigerungen zurückhaltender beim Kauf werden. Bei der Suche nach viel Auswahl zu fairen Preisen, schauen sich viele Käuferinnen und Käufer immer öfter auf Onlineshops wie Temu & Co. um. Die Mega-Player aus dem Ausland sind nämlich nicht nur verdammt günstig, sondern schaffen es auch, extrem schnell auf aktuelle Trends zu reagieren. Was ich zeitgleich allerdings auch beobachte, ist, dass viele Menschen immer skeptischer gegenüber genau diesen Anbietern aus Asien werden. Das spiegelt sich zum Beispiel in den Besuchszahlen von Temu wider, die im Vergleich zum Vorjahr abgenommen haben. Ich glaube, dass genau jetzt der deutsche Onlinehandel seine Chance nutzen sollte, um nachzuziehen. Das schafft er aus meiner Sicht aber nur, wenn er sich auf seine Stärken konzentriert, also Qualität, Service und Flexibilität. Wenn er dann noch Technologien wie KI clever nutzt und mehr auf Marktplätze setzt, kann er das Blatt wenden.

Was sind die Vorteile von Marktplatzmodellen und wann ist ein Marktplatz für Onlinehändler sinnvoll?

Marktplatzmodelle haben aus meiner Sicht drei riesige Vorteile. Zum einen können Händler ihre Produktpalette durch externe Partner erweitern. Am Ende ist das eine Win-Win-Situation. Die Onlinehändler müssen keine neuen Bestände kaufen oder lagern, während Drittanbieter sich neue Vertriebskanäle erschließen können. So gelingt es Onlinehändlern, sich breiter aufzustellen und ihren Kund:innen mehr Auswahl zu bieten. Gleichzeitig haben sie ein zusätzliches finanzielles Standbein für ihr Business. Das spart nicht nur enorme Kosten ein, sondern macht sie insgesamt wettbewerbsfähiger. Zum anderen sind Marktplatzmodelle extrem skalierbar. Das heißt, Onlinehändler können viel schneller auf Veränderungen im Markt reagieren und auf neue Trends aufspringen. Der dritte Vorteil, den ich sehe, ist die Eroberung neuer Märkte. Ein gutes Beispiel dafür ist home24. Durch das Marktplatzmodell erschließen sie sich gerade Frankreich als neuen Markt. Oder Decathlon, die durch ihren Marktplatz mittlerweile in neun EU-Ländern vertreten sind. Natürlich ist ein Marktplatz nicht für jeden etwas. Sobald ein Webshop aber einen unteren zweistelligen Millionenumsatz macht, würde ich immer dazu raten, sich in einen Marktplatz zu wandeln. Insbesondere dann, wenn ein Händler eine bestimmte Branche bedient. MediaMarktSaturn beispielsweise erzielt mittlerweile etwa 130 Mio. Euro Bruttoverkaufsvolumen über sein Plattformgeschäft. Das ist hochprofitabel, insbesondere wenn man es mit dem traditionellen Handelsgeschäft vergleicht.

Welche Rolle spielen neue Technologien wie KI?

KI ist zu einem echten Gamechanger für Onlinehändler geworden. Aufgaben, die bisher mit hohem Zeitaufwand manuell erledigt werden mussten, dauern jetzt nur noch ein paar Klicks. Ein ganz handfestes Beispiel: KI hilft schon heute, Produkte richtig zu beschriften, in Kategorien einzuordnen und Bedienungsanleitungen zu übersetzen. Sie prognostiziert die Nachfrage viel genauer, als es Menschen tun können und optimiert Lagerbestände. Wir bauen daher KI-Features ganz bewusst in all unsere Produkte ein. Uns ist es wichtig, dass unsere Kunden technisch auf Augenhöhe mit den internationalen Mega-Plattformen sind. Auch bei der Ausspielung von Bannerwerbung, Sponsored Products und Videoformaten, spielt KI eine große Rolle. Kurz gesagt können Händler ihre Produkte genau dort platzieren, wo interessierte Verbraucher:innen sie auch schnell finden. Retail Media ist dabei ein wichtiges Stichwort. Ich bin davon überzeugt, dass jeder große Onlinehändler auch Retail Media anbieten sollte. Es ist eine äußerst profitable Möglichkeit, den Website-Traffic zu nutzen. Die Bruttomarge liegt bei ganzen 70 bis 90 Prozent. Ich möchte mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber für mich steht fest, dass Retail Media das Fernsehen als Werbekanal bald ablösen wird.

Was war euer Highlight beim diesjährigen ECC FORUM – bei dem ihr als Partner vertreten wart?

Definitiv die Talkrunde zum Thema Großhandel der Zukunft. Dabei haben wir über Trends, Treiber und Herausforderungen des Onlinehandels gesprochen. Meine persönlichen Highlights der Talkrunde waren zwei Dinge. Erstens die Diskussion zum demografischen Wandel und wie sich die Kundengenerationen über Zeit verändert haben. Was wir zum Beispiel konkret beobachten, ist, dass der demografische Wandel das Plattform- und Marktplatzgeschäft immer weiter vorantreibt. Wie wir alle wissen, sind die nachrückenden Generationen, insbesondere Millennials und Gen Z, extrem digital affin. Da wird fast nur in Ausnahmefällen zum Hörer gegriffen. Stattdessen googlen sie und vergleichen online Produkte und Informationen. Auch das Kaufverhalten ist ganz anders. Ich glaube, dass man diese Generationen nur mit einer top Customer Experience abholen kann, wie man es beispielsweise von Amazon kennt. Mein zweites Highlight war unser Gespräch darüber, wie sich Plattformen zu ganzen Ökosystemen entwickeln. So verkauft Conrad auf seinem Marktplatz nicht nur seine eigenen Produkte, sondern auch die seiner Wettbewerber. Ich finde das genial. Am Ende haben davon alle mehr, sowohl die Anbieter als auch die Verbraucher:innen.

Save the date: ECC FORUM 2025 

Sei dabei, wenn am 26. und 27. März 2025 unser E-Commerce Event zu den Top-Trends des B2C- und B2B-Handels im SANAA Gebäude in Essen stattfindet. Weitere Informationen zu Programm, Speaker:innen und Ticketing folgen in Kürze auf unserer Website.

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