Vor fast 30 Jahren haben sich unser Host Dr. Kai Hudetz und sein heutiger Podcast-Gast kennen gelernt: Dr. Benedikt Erdmann, mittlerweile seit bald 27 Jahren Vorstand der Soennecken EG, ist ein bekanntes Gesicht am Institut für Handelsforschung. Dr. Erdmann war Kai Hudetz‘ Vorgänger und von 1992 bis 1996 Geschäftsführer des IFH KÖLN, bevor er zu Soennecken wechselte. Ein attraktiver Job, der viele Herausforderungen mit sich brachte, erinnert sich Erdmann, denn das Unternehmen musste dringend saniert und umstrukturiert werden.
Alles unter einem Dach
Die Soennecken EG operiert unter dem Genossenschaftsmodell, erklärt unser Gast zu Beginn der Folge (04:38). Demnach gehöre das Unternehmen den Gesellschaftern, die Bürofachhändler sind und Mitglieder genannt werden. Während früher jeder Händler sein eigenes Lager hatte, übernimmt Soennecken seit der Neuausrichtung des Geschäftsmodells in den 90er Jahren den Einkauf, das Marketing und die Logistik für ihre Mitglieder (ab 07:03). Die 400 Shopsysteme der Händler werden zentral gesteuert, einen eigenen Onlineshop habe die Soennecken EG jedoch nicht: Die Genossenschaft darf eigenständig freie Märkte bedienen, in denen die Mitglieder nicht operieren, jedoch könne diese Bedingung bei einem eigenen Onlineshop nur unsauber erfüllt werden (13:11). Das Großkundengeschäft, der profitabelste Geschäftszweig des Unternehmens, würde deshalb über digitale Sortimentskataloge, die mit Kunden wie der Lufthansa oder Telekom direkt verhandelt werden, laufen (15:04).
Stirbt Papier aus?
Während Soennecken früher den gesamten Umsatz mit Artikeln aus dem Bürobedarf, wie Papier und Dokumenten-Management-Systemen, machen konnte, sehe die Verteilung der Einnahmequellen heute anders aus, berichtet Dr. Erdmann (19:47). Der Anteil der Bürobedarfprodukte sei auf 50 Prozent gesunken, gefolgt von der neuen Kategorie Technik (30 %) sowie Einrichtungsmöbeln und Einzelhandel (beides 10 %). Entgegen den Erwartungen steige jedoch der Papierbedarf in deutschen Büros, mit Ausnahme der Coronazeit, als einziger Markt im europäischen Vergleich weiter an (20:34). Unser Gast erklärt, dass Papier zwar allgemein seltener im Bürokontext genutzt werde als noch vor einigen Jahren, Papier aber zum Liebhaberprodukt unter jungen kreativen Menschen, die seine Haptik im Kontrast zu einer digitalen Welt schätzen, avanciert sei (19:05). Außerdem liege der Fokus für viele Unternehmen auf den Herausforderungen der Inflation, was das Thema Nachhaltigkeit für den Augenblick in den Hintergrund rücke (34:16).
Das Büro zu Hause
Nicht nur der Papierbedarf habe sich durch die Coronapandemie verändert, wie die Relevanz des Home-Office-Markts deutlich zeige, so Dr. Erdmann (31:57). Während er sich sicher ist, dass die Bürosstruktur, wie wir sie vor Corona kannten, ausgedient hat, betont unser Gast wie wichtig es sei, neue Regeln für den Büroalltag zu verhandeln (28:06). „Wenn die Menschen Arbeit nicht als lebenswert empfinden, haben alle ein Problem“, erklärt er und spricht sich damit für hybride Arbeitsmodelle aus (23:34). Gleichzeitig seien aber auch klare Regeln wichtig, um das Miteinander zu strukturieren und das Unternehmen sowie die Mitarbeitenden erfolgreich führen zu können (28:49). Zum vor pandemischen Status quo werde es nicht zurück gehen, aber wie genau der Arbeitsalltag der Zukunft aussieht, entscheide sich in näherer Zukunft, stellt unser Gast abschließend fest (25:54).
Mehr zum Thema New Work und Nachhaltigkeit könnt ihr in diesen HandelBar Folgen nachhören:
New Work: Was nach Corona bleibt - Andrea Euenheim (METRO)
Wie nachhaltig wird der Lebensmittelhandel der Zukunft? - Dr. Daniela Büchel (REWE)
Hier findet ihr weitere Zahlen aus dem IFH KÖLN:
Markt- und Distributionsdaten Büromöbel
Markt- und Distributionsdaten PBS-Artikel