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26. Mai 2020
Law Books

Amazon sichert den Käufer auf dem Amazon Marketplace mit der bekannten A-Z Garantie ab. Sind alle Ansprüche nach Garantieleistungen erledigt? Der Bundesgerichtshof meint in einem aktuellen Urteil: Nein! ECC CLUB Mitglied Rechtsanwalt Rolf Becker, Partner bei WIENKE & BECKER – KÖLN erläutert die Folgen der Entscheidung für Händler und Verbraucher*innen.

Es ging um einen Kaufvertrag über einen Kaminofen zum Preis von 1.316 Euro, der auf Amazon Marketplace geschlossen worden war.

Für diesen Kaufvertrag galt die sogenannte "Amazon.de A-bis-z-Garantie". Die Garantiebedingungen sehen unter der Überschrift "Voraussetzungen für die Beantragung der Amazon.de A-bis-z-Garantie" unter anderem vor:

"Wenn Sie bei Amazon.de eine Bestellung bei Marketplace-Verkäufern aufgeben, garantieren wir für Zustand, rechtzeitige Lieferung des Artikels sowie Erstattung in bestimmten Fällen mit der A-bis z-Garantie.

Alle nachfolgenden Voraussetzungen müssen für die Inanspruchnahme der A-bis z-Garantie erfüllt sein:

  1. Sie haben Ihren Marketplace-Verkäufer bereits über Mein Konto kontaktiert.
  2. Sie haben 2 Werktage auf eine Antwort gewartet.
  3. Sie geben den A-bis-z Garantieantrag binnen 90 Tagen nach dem letztmöglichen voraussichtlichen Lieferdatum auf.
  4. Es trifft mindestens einer der folgenden Fälle zu:
  • [...]
  • Sie haben die Ware erhalten, diese war jedoch beschädigt, defekt, entsprach nicht der vom Verkäufer angegebenen Beschreibung, es ist keine Reparatur oder Ersatzlieferung möglich und der Verkäufer hat Ihnen den Kaufpreis oder die Versandkosten für Hin- und Rücksendung nicht oder nicht vollständig erstattet. [...]
  • [...]"

Der Ofen wurde an die Beklagte ausgeliefert, von dieser installiert und vom Schornsteinfeger abgenommen. Die Beklagte überwies den Kaufpreis auf ein Konto von Amazon. Der eingegangene Geldbetrag wurde dem Amazon-Konto des jetzt klagenden Händlers gutgeschrieben.

In der Folge gab Amazon einem von der Beklagten gestellten A-bis-z-Garantieantrag des Käufers statt, buchte den Kaufpreis vom Konto des Händlers wieder ab und überwies diesen dem Käufer zurück.

Keine verbindliche Entscheidung durch Amazon

Der Händler wollte sich mit der Entscheidung nicht zufrieden geben und klagte auf Kaufpreiszahlung. Der Kunde wandte Mängel ein. Das LG Leipzig hatte als Berufungsinstanz angenommen, dass mit der Annahme des Garantiefalls durch den Plattformbetreiber Amazon für beide Parteien des Kaufvertrags verbindlich entschieden, dass gegenseitige Ansprüche zur Erfüllung des Kaufvertrags nicht mehr bestünden. Durch die Nutzung der Plattform und die von Amazon vorgegebenen Bestimmungen über die Abwicklung des Kaufvertrags hätten sich beide Vertragspartner mit der Anwendung dieser Regelungen und damit auch mit den Garantieentscheidungen einverstanden erklärt. Diese sah das Gericht als abschließend an.

Dem wollte der BGH nicht folgen. Weder die bewilligte Garantie noch die Rückerstattung des Kaufpreises an den Käufer stünden einer Geltendmachung des Kaufpreises durch den Händler entgegen. Der Händler habe noch immer den Anspruch aus dem Kaufvertrag. Aus der Begründung:

Dieser ist zwar durch Gutschrift des Betrags auf dem Amazon-Konto der Klägerin erloschen. Mit der einverständlichen Vertragsabwicklung über Amazon Marketplace haben die Parteien die Kaufpreisforderung aber für den Fall wiederbegründet, dass das Amazon-Konto der Klägerin aufgrund eines erfolgreichen A-bis-z-Garantieantrags der Beklagten rückbelastet wird. (BGH, Urt. v. 01.04.2020 – Az. VIII ZR 18/19)

Zunächst einmal erfolgt die Gutschrift auf dem Händlerkonto. Dieser hat also seine Gegenleistung erhalten. Damit erlischt der Kaufpreisanspruch. Aber er wird eben auch ohne ausdrückliche Erklärungen der Parteien wieder neu begründet, wenn die Garantieabwicklung erfolgt. Dies sei zwischen den Parteien beim Kaufvertragsschluss „stillschweigend vereinbart“. Eine Bindungswirkung der Garantieentscheidung auf die Ansprüche ergebe sich nicht. Eine einseitige Begünstigung des Käufers entspricht aus Sicht des BGH nicht den berechtigten Interessen beider Parteien. Auch aus den Amazon Geschäftsbedingungen ergibt sich, dass die Garantie nur zusätzlich zu den Rechten aus dem Kaufvertrag gewährt wird und Amazon nicht Vertragspartei bei dem Kauf wird.

Garantie bleibt von Nutzen

Die Garantie sei dennoch für den Käufer weiter von Nutzen. Der bekomme schließlich erst einmal ohne Klage sein Geld zurück und müsse auch kein Insolvenzrisiko tragen.

Fazit:

Der BGH setzt seine Rechtsprechung zu Garantien hier fort. Bereits mit Urteil vom 22.11.2017 (BGH Urt. v. 22.11.2017, Az. 83/16) hatte er zur damals geltenden PayPal Käuferschutzrichtlinie zu Käufen auf eBay entschieden, dass der Kaufpreisanspruch nach Leistungen aus dem Programm neu begründet wird. Händler müssen also die Entscheidung einer Plattform nicht einfach hinnehmen, sondern können weiterhin ihren Kaufpreis von den Kund*innen einfordern. Diese können natürlich auch gegenüber dieser Forderung Mängel einwenden und sind durch die Garantie besser gestellt, weil sie ihr Geld zunächst einmal wieder auf ihrem Konto haben. Umgekehrt könnte eine Ablehnung von Garantieleistungen den Käufer dennoch nicht hindern, seine gesetzlichen Rechte gegen den Verkäufer geltend zu machen. Damit kann man leben.

Bleiben Sie gesund!

Ihr Rolf Becker

 

Über den Autor

Rechtsanwalt Rolf Becker ist Partner der Rechtsanwälte WIENKE & BECKER in Köln und Autor von Fachbüchern und Fachartikeln zum Wettbewerbsrecht, Markenrecht und Vertriebsrecht insbesondere im Fernabsatz. Als Mitglied im ECC-Club kommentiert Rechtsanwalt Becker für das ECC KÖLN regelmäßig aktuelle Urteile zum Online-Handel und gibt Händlern praktische Tipps, wie sie mit den gesetzlichen Vorgaben umgehen sollen.

RA Becker auf Twitter: http://twitter.com/rolfbecker

Er ist auch Autor auf den Informationsdiensten www.versandhandelsrecht.de.

Pressehinweise

Gerne dürfen Sie den Text von Herrn Becker redaktionell weiterverwenden. Bitte geben Sie hierbei die URL zum Rechtstipp sowie folgende Quelle an: RA Rolf Becker WIENKE & BECKER / ECC-Rechtstipp. Bitte senden Sie ein Belegexemplar bzw. den Link zur Veröffentlichung an presse(at)ifhkoeln.de. Vielen Dank!

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