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18. Juli 2024

30 Prozent Öko-Landbau bis 2030? Zur Zielerreichung der Bio-Strategie 2030 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) braucht es einen jährlichen Zuwachs an Bio-Flächen von 433.279 Hektar. Denn 2023 lag der Anteil an Bio-Flächen bei 11,2 Prozent. Zweifelsohne wird diese Entwicklung Auswirkungen auf den Lebensmittelhandel haben.

Unsere Lebensmittelexpertin Dr. Eva Stüber ordnet die Ergebnisse der neuen Studie des IFH KÖLN „30/30 – Bio-Revolution im Lebensmitteleinzelhandel“ im Interview ein. Über folgende Themen haben wir gesprochen:

Mit dem EM-Titel im eigenen Land hat es dieses Jahr für Deutschland nicht geklappt − wie schneidet Deutschland denn im europäischen Vergleich beim Thema Bio ab?

Beim Thema Bio ist Deutschland kein Europameister und zeigt aktuell außerdem (noch) nicht das Potenzial wie im Fußball. Wenn wir auf die verschiedenen Betrachtungsebenen gehen, sehen wir, dass Frankreich die größte Öko-Fläche besitzt, Griechenland den höchsten absoluten Zuwachs an Öko-Fläche, Liechtenstein den höchsten Anteil ökologisch bewirtschafteter Fläche gemessen an der gesamten landwirtschaftlichen Fläche und Dänemark den höchsten Bio-Marktanteil sowie – nach der Schweiz – die zweithöchsten Ausgaben für Bio-Lebensmittel. Deutschland ist jeweils im Mittelfeld und hat immerhin den größten Biomarkt mit 15,3 Milliarden Euro Umsatz – allerdings liegt dies an der Größe des Marktes bzw. Landes.

In welchen Sortimenten liegen besonders große Potenziale für den Bio-Handel und welche Marken sind „Bio-King“?

Alle Sortimente, die neben Gesundheits- auch Nachhaltigkeitsaspekte in besonderer Weise abdecken, verzeichnen bereits hohe Wachstumsraten, die so schnell nicht abflachen werden: Milchersatz, Fleisch, Fleischersatz, Eier und Gemüse. Insgesamt stehen die Frischesortimente für eine hohe Dynamik. Eine klare Positionierung und Kommunikation sind hilfreich, um die Potenziale zu heben. An der hohen Bekanntheit der Eigenmarken – allen voran REWE Bio – zeigt sich die Kraft der Sichtbarkeit. Dieser Effekt greift naturgemäß auch im Allgemeinen: Die Biomarken, die auch im Lebensmittelhandel vertreten sind, weisen höhere Bekanntheit auf – Alnatura, Berchtesgardener Land und Andechser Natur gehören somit zu den bekanntesten Biomarken.

Welche Zielgruppen kaufen hauptsächlich Bio-Produkte? Gibt es Unterschiede im Kaufverhalten zwischen jungen und älteren Konsument:innen?

Erstmal: 91 Prozent der Lebensmittelkäufer:innen kaufen auch Bio-Produkte – eine unterschiedliche Intensität ist somit wenig überraschend. Dabei sind die drei von uns unterschiedenen Gruppen soziodemographisch nicht klar abgrenzbar. In der größten Gruppe der „Bio-Käufer:innen“, die selektiv in einigen Produktkategorien, aber nicht zwingend Bio-Lebensmittel kaufen, sind beispielsweise die Jüngeren bis 29 Jahre und die Älteren ab 60 Jahren stärker als im Allgemeinen vertreten. Bei den „No-Bio-Käufer:innen“, bei denen laut eigener Angabe Bio keine Rolle spielt, wenngleich diese auch Bio-Produkte kaufen, sind die 40-59-jährigen präsenter. Schließlich stechen bei den „Fokus Bio-Käufer:innen“, also denjenigen, die möglichst bis hin zu ausschließlich Bio-Produkte kaufen, die jungen Familien hervor (Altersgruppe: 30-39 Jahre). Passend dazu ist zu sehen, dass sich diese Gruppe sehr stark mit dem Thema Ernährung und ihrem Kaufverhalten beschäftigt: So werden Fleisch und tierische Produkte weniger/nicht und bewusster gegessen sowie generell Inhaltsstoffe und Wirkweisen stark hinterfragt und gemieden.

Wird Bio eher als Teil der „Ökoecke“ wahrgenommen oder gilt es als cool und modern?

Bio ist nicht mehr nur ein Nischenprodukt in der Ökoecke, sondern hat sich mehrheitlich als cool und modern etabliert. Die Positionierung ist heutzutage ganz anders als in den 1980iger Jahren – auch vielseitiger. Während Bio-Produkte früher hauptsächlich in Reformhäusern erhältlich waren, sind sie heute in nahezu jedem Supermarkt zu finden. Zudem gibt es mit Ketten wie Denns Biomarkt oder Alnatura mittlerweile Einkaufsstätten, die sich auf den Verkauf von Bio-Produkten spezialisiert haben und hinsichtlich Größe, Gestaltung und Erlebnis konventionellen Supermärkten ähneln. Heute erfolgreiche Marken haben die Wandlung von „öko zu modern“ geschafft, die neu entstandenen Eigenmarken wurden von Beginn an anders aufgestellt. Wie zwingend diese Aufstellung ist, zeigt die Tatsache, dass selbst bei den Personen, die mit Bio-Fokus unterwegs sind, Nachhaltigkeit nach Gesundheit und Geschmack auf Platz 3 im Ranking der Kaufmotive kommt.

Wie sieht erfolgreiche Werbung für Bio-Produkte aus?

Auf jeden Fall nicht mit erhobenem Zeigefinger und schlechte Stimmung machend. Neben emotionalen Themen rund um den Aspekt der Gesundheit – auch im Einklang mit der Natur – geht es darum, die Menschen an die Hand zu nehmen, ohne belehrend oder moralisierend zu wirken: Welche Lebensmittel haben wann Saison? Woher kommen die Produkte? Welche Vorteile besitzen Produkte in Bio-Qualität? Fakten zum Thema Bio, sowie dem jeweiligen Produkt oder der Marke können ein wichtiger Teil der Marketingstrategie sein – vor allem bei Menschen mit Bio-Fokus, die entsprechend aufnahmebereit für vertiefende Informationen sind. Social Media bietet sich hierfür also auch sehr gut an. 

Über die Bio-Strategie 2030

Mehr zur Nationalen Strategie für ökologische Land- und Lebensmittelwirtschaft erhalten Sie auf der offziellen Seite des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).

Die Abbildung zeigt ein Foto von Dr. Eva Stüber, Expertin am IFH KÖLN.
Expertin
DR. EVA STÜBER

Dr. Eva Stüber ist Mitglied der Geschäftsleitung am IFH KÖLN. Sie betreut namhafte Unternehmen aus dem Handel und der Konsumgüterindustrie bei komplexen Fragestellungen rund um kundenzentrierte Vertriebskonzepte, Digitalisierung und Innovationen. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen unter anderem auf der Zukunft des Lebensmittelhandels und der Entwicklung von Nachhaltigkeit im Handel.

Leistungen in dieser Studie

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