Insbesondere im B2B-Bereich laufen Händler ihren Kund:innen noch hinterher – der Außendienst mit seinem persönlichen Kontakt ist hierbei noch immer einer der primären Vertriebskanäle. Dabei kann ein guter Onlineshop die Kund:innen zum Händler bringen und Umsätze ankurbeln. Wir haben mit Jan Günther, Business Development Manager ERP/E-Commerce, von ECC CLUB Mitglied Allgeier inovar über die Notwendigkeit der Vernetzung aller relevanter Systeme (bspw. Warenwirtschaft, PIM, Paketdienstleister …) für den Erfolg im E-Commerce gesprochen.
Onlineshops sollen den Vertrieb ergänzen und Umsätze ankurbeln – und dabei möglichst wenig Aufwand und möglichst wenige Kosten verursachen. Die Voraussetzung hierfür: Alle relevanten Systemschnittstellen laufen zusammen und sind miteinander vernetzt. Warum ist das in vielen Unternehmen noch kein Standard?
Aktuell sehen wir in den Unternehmen tatsächlich vor allem noch ein Bild: Viele verschiedene Lösungsanbieter und dadurch über Jahre hinweg aufgebaute Insellandschaften der Systeme. Doch wer heute Erfolg haben möchte, muss genau das Gegenteil etablieren. Digitalisierungsstrategien setzen auf Vernetzung. Denn ein guter Onlineshop führt mehrere Prozesse zusammen: Er soll nicht nur Umsätze steigern, sondern die Unternehmens- und Kundenprozesse optimieren und die Mitarbeiter:innen entlasten.
Kurzfristige Veränderungen in langen gewachsenen Strukturen sind oftmals aus Budgetgründen schwer umsetzbar. Hinzu kommen die fehlenden Inhouse-Kapazitäten: Es ist zwar empfehlenswert, eine:n Key-User:in zu benennen, doch diese:r muss die Zeit und das Know-how haben, die relevanten Abteilungen für ein erfolgreich laufendes Onlineportal zusammenzuführen. Ein weiteres Hemmnis ist der Generationswechsel, denn den digitalen, sehr schnellen Wandel können Digital Natives weitaus flexibler und selbstverständlicher annehmen und umsetzen.
Unternehmen haben bei der strategischen Ausrichtung ihrer Softwarelandschaft die Auswahl zwischen Best-of-Breed- oder Best-of-Suite-Lösungen. Welche jeweiligen Vorteile bieten die beiden Ansätze?
Bei der Variante “Best of Suite” entscheidet sich das Handelsunternehmen für einen IT-Dienstleister, der die Technologien prüft, die Vorauswahl trifft und dem Kunden das beste Komplettpaket bietet. Diese Option ist eine ressourcenschonende Möglichkeit, die passende IT-Lösung inhouse zu etablieren. Gerade bei Mitarbeiterwechseln seitens des Kunden ist ein fester IT-Dienstleister wichtig und zielführend. Der Kunde bekommt somit eine Komplettlösung, muss sich um nichts kümmern und kann sich auf das Wesentliche – das Geschäft und seine Kundschaft – konzentrieren.
Bei der Variante „Best of Breed“ sucht das Handelsunternehmen selbst nach der passenden Lösung und integriert diese in die eigene IT-Infrastruktur. Dies geschieht unabhängig von einem IT-Dienstleister durch die Kontaktaufnahme zu mehreren Anbietern. Diese Option ist meistens zeitaufwendiger. Hinzukommt, dass IT-Expert:innen inhouse bereitgestellt werden müssen.
Letzten Endes kommt es auf die individuelle Strategie, Kapazität und die gesetzten Ziele an, für welche Lösung sich ein Unternehmen entscheidet.
Auch im B2B-Handel boomt der E-Commerce. Der Trend geht weg vom klassischen Onlineshop, stattdessen erwarten Kund:innen umfassende Serviceplattformen. Welche Rolle spielt das Thema Customer Experience im B2B und was kann die Vernetzung aller Systeme dazu beitragen?
Customer Experience nimmt eine zentrale, sehr wichtige Rolle im B2B-Handel ein. Es ist empfehlenswert die entsprechende Strategie so auszurichten, dass die Kundschaft sich auf dem Portal intuitiv zurechtfindet. Das heißt, redaktioneller Content und Onlineshop werden – nicht erkennbar – kombiniert und die Kundin bzw. der Kunde sieht nicht mehr, ob sie/er sich auf einer Detailseite im Shop, in redaktionellem Inhalt oder einer extra gestalteten Landingpage befindet. Ziel ist es, die Kundschaft über den Content abzuholen und so zu führen, dass gleich alle notwendigen Informationen für eine Kaufentscheidung vorliegen.
Weiterhin sollte die Pflege des Portalsystems (Onlineshop und CMS) so benutzerfreundlich sein, dass Redakteur:innen wie auch Produktmanager:innen spontan Inhalte pflegen können. ERP, PIM, usw. aktualisieren automatisch alle notwendigen Stammdaten; Informationen zum Crossselling müssen über alle Touchpoints bei den Portalnutzer:innen und Portalbetreiber-Mitarbeiter:innen gleich ausgespielt werden. ERP- und Shopsystem sollten also die Empfehlungen simultan anzeigen. Nur so ist der Wissensstand bei Fragen der Portalnutzer:innen an die Servicemitarbeiter:innen gleich.
Zuletzt die Frage: Handel 4.0 – sind wir hier in deinen Augen schon angekommen, ist es nur ein Buzzword oder einfach noch Zukunftsmusik?
Nein, Handel 4.0 kommt im B2B-Bereich nur schleppend an. Woran liegt das? Der B2B-Handel ist noch nicht ausreichend verknüpft, was unbedingt vorangetrieben werden muss. Vernetzung ist nicht nur die Bedingung für digitalen Erfolg, sie ist die Zukunft! Wer jetzt richtig Gas gibt, kann sich noch vorne mit einreihen.
Doch die Unternehmen müssen jetzt schnell reagieren. Es gilt jetzt, bei den Großen des B2C-Handels Best Practices zu nutzen, aufzuholen und zu lernen! Wer vor der Coronapandemie noch kein Portal oder zumindest einen Onlineshop hatte, wurde währenddessen regelrecht abgehängt. Lieferzeiten verzögern sich, Preise ändern sich täglich, Lieferengpässe werden immer häufiger – kurz: Die Unternehmen müssen in der Lage sein, kurzfristig zu reagieren und Daten in Echtzeit in den Systemen anzeigen zu können. Krisen kann man nur mit langfristigen Strategien entgegentreten.
E-Commerce ist gekommen, um zu bleiben!