Amazon, Facebook, Uber – digitale Plattformen sind bei der Mehrheit der Konsument*innen angekommen. Ein Grund dafür: Plattformen steuerten bereits vor dem digitalen Zeitalter Interaktionen und Transaktionen. Ob Wochenmärkte oder Einkaufszentren, beide fungieren als Vermittler, indem sie Konsument*innen und Anbieter*innen unterschiedlicher Produkte unter einem Dach zusammenbringen. Die Digitalisierung hat dieses Geschäftsmodell radikal verändert und auf eine neue Ebene gehoben.
Sowohl im B2B-Sektor als auch im B2C-Geschäft findet sich eine große Vielfalt an Märkten und Branchen, in denen sich Plattformen ansiedeln. Amazon ist dabei einer der größten Player im Bereich Einzelhandel. Neben dem Marketplace für Endkunden bietet die Plattform mit Amazon Business zudem eine Anlaufstelle für Geschäftskunden und spricht somit nicht nur den Großteil der Endkonsumenten an, sondern erreicht auch immer mehr Geschäftskunden. Das Potenzial scheint noch lange nicht ausgeschöpft. Durch die Vielzahl an Anwendungsmöglichkeiten und offensichtlichen Vorteilen wird das Angebot perspektivisch weiter steigen.
Learnings: Von Barrieren und Misserfolgen
Zwar nimmt der Hype um digitale Plattformen immer weiter zu, jedoch ergeben sich im Rahmen der stetigen Weiterentwicklung Eintrittsbarrieren, die Unternehmen während der Erarbeitung einer Plattformstrategie beachten sollten. Dabei stellt die potenzielle Fragmentierung im Markt einen relevanten Faktor dar, um langfristig Erfolge zu erreichen. Die Mercateo-Gruppe gründete zu diesem Zweck das Netzwerk Mercateo Unite. Während sich der Mercateo-Shop auf die Anonymität der Händler mit dem Fokus auf der Preisgestaltung konzentriert, herrscht bei Mercateo Unite ein offener Wettbewerb, in dem die einzelnen Händler sichtbar auftreten. Durch dieses neue Konzept können neue Anbieter gewonnen werden, die sich nicht nur über ihren Preis positionieren, sondern im offenen Wettbewerb bestehen wollen.
Neben der Ausweitung auf weitere Zielgruppen bietet auch der Ansatz der Internationalisierung große Potenziale. Hierbei sind jedoch die jeweiligen regulatorischen Anforderungen der Länder zu beachten. Vor diesem Stolperstein stand DaWanda, eine Plattform für selbstgemachte Produkte (DIY). Durch die sprachlichen Anforderungen einzelner Länder, aber auch durch länderspezifische Regulationen konnte die Plattform ihr Wachstum außerhalb Deutschlands nicht weiter ausbauen. Dadurch fehlte es an Umsatz, weshalb DaWanda 2018 beschloss, den Geschäftsbetrieb einzustellen.
Zwar sind finanzielle Mittel für den Erfolg einer Plattform sehr wichtig, jedoch kompensiert kein Geld der Welt ein für Plattformansätze schwieriges Marktumfeld. Ein Beispiel dafür ist Mapudo, eine Plattform für Stahlhandel, die im Sommer 2019 nach fünf Jahren ihr Geschäft einstellen musste. Der Hauptgrund dafür war die geringe Nutzungshäufigkeit und die enge Kunden-Lieferantenbindung in der Stahlbranche. Zudem fehlte die Bereitschaft seitens der Unternehmen, ihre Produkte über eine Plattform zu beziehen oder zu verkaufen, da Ein- und Verkaufsprozesse in der Regel gut eingespielt sind und Veränderungen im Hinblick auf die Beschaffung über Plattformen kurzfristig zu keinem Mehrwert aus Kundensicht führen.
Nicht nur das Marktumfeld, sondern auch das weitgehend autonome Handeln auf Anbieterseite stellt für Plattformbetreiber gewisse Risiken dar, da die Markenreputation der Betreiber leidet und die Plattform an Wert verlieren kann, wenn die Anbieter*innen die zuvor definierten Qualitäts- und Erfüllungsstandards nicht einhalten. Das kann auch zu hohen Informationsasymmetrien führen und ein Nachteil für Abnehmer darstellen. So wurde ein Onlinelieferdienst dafür haftbar gemacht, dass ein Lieferant weder Angaben zu Allergenen, Zusatzstoffen oder Alkoholgehalt gemacht, noch Grundpreise oder das Flaschenpfand angegeben hatte. Ein klarer Fall: Die Plattform haftet für die dort eingestellten Inhalte und ist für wettbewerbswidrige Fehler verantwortlich.
Begünstigende Ausgangssituationen nutzen
Neben den genannten Barrieren lassen sich genügend Marktgegebenheiten finden, die das Wachstum einer Plattform begünstigen. Zum einen lässt sich die Funktionsfähigkeit des Geschäftsmodells zunächst auf einem einseitigen Markt testen. Amazon erlangte mit dieser Strategie Erfolg: Die Plattform startete als Onlinebuchhändler und konnte dadurch nachweisen, dass das Geschäftsmodell funktionsfähig ist und baute dieses sukzessive zu einer Plattform aus.
Zum anderen lässt sich durch verschiedene Wege ein einfacher Zugang zu Nutzer*innen finden, beispielsweise indem die Nutzerbasis einer bereits bestehenden Plattform übernommen wird. So konnte sich PayPal nach dem Kauf durch eBay auf dieser Plattform eine erste Kundenbasis sichern und erlangte dadurch Bekanntheit. Nicht nur die Nutzer*innen einer Plattform, sondern auch der Kundenstamm eines Unternehmens können an eine Plattform angebunden werden. So ermöglicht beispielsweise Roobeo, eine Plattform für Baustoffe, seinen Anbietern, die eigenen Kund*innen auf die Plattform einzuladen. Außerdem kann den Nutzer*innen durch die Plattform vorab ein exklusiver Mehrwert geboten werden, der als zusätzlicher Anreiz dient. Im Google Play Store werden regelmäßig Pionieranwendungen veröffentlicht und WhatsApp bietet vereinzelten Nutzer*innen durch eine Beta-Version an, das neueste Update vor allen anderen zu testen.
Gleiches gilt für die Anbieterseite auf Plattformen. Hierbei lässt sich die Partizipation von besonders wichtigen Nutzer*innen wie zum Beispiel Influencer*innen incentivieren, um dadurch andere Anbieter auf die Plattform zu holen. Auch der Aufbau auf einer bestehenden Infrastruktur begünstigt den Erfolg einer Plattform. Durch die Etablierung an eine bestehende Community können nicht nur neue Nutzer*innen auf das Angebot aufmerksam, sondern auch Kosten auf Betreiberseite gespart werden. Die Plattform Wucato nutzte in ihren Anfängen beispielsweise den Kundenstamm der Würth-Gruppe und konnte sich dadurch erfolgreich am Markt etablieren.