Immer mehr Online-Pure-Player sind mit stationären Konzepten in den deutschen Innenstädten anzutreffen. Dr. Kai Hudetz und Christina Bunnenberg sprechen im Video über die Motive, die unterschiedlichen Konzepte und die Konsequenzen für den stationären Handel.
So unterschiedlich die Konzepte der Onliner auch sind – von Absatzkonzepten über Restposten und Marketingansätzen – ein Heilsbringer für den drohenden Leerstand in vielen Innenstädten ist diese Entwicklung nicht. Vielmehr wächst der Veränderungsdruck für den traditionellen Handel durch diese Dynamik weiter.
Online goes Offline – Kommentar von Dr. Kai Hudetz
„Online goes Offline“ – diese Entwicklung können selbst Online-Enthusiasten nicht mehr verleugnen: Amazon hat in den USA bereits mit stationären Läden begonnen, im Mai öffnete das Zalando-Outlet in Köln seine Pforten. Egal ob Schuhe (Shoepassion), Müsli (mymuesli), Consumer Electronics (Cyberport, Notebooksbilliger.de), Parfüm (Flaconi) oder Möbel (Fashion for Home) – ehemalige Online-Pure-Player setzen zunehmend auch auf die Fläche. Ist damit das Ende des Pure Play eingeläutet? Ja! Immer mehr Händler erkennen, dass Sie den Kunden auf allen Kanälen ansprechen und bedienen müssen. Nur noch vereinzelte größere stationäre Händler mit schwierigen Produktsegmenten, insbesondere Lebensmittel (z. B. Aldi) oder sehr niedrigen Preislagen (z. B. Primark) verschließen sich dem Onlinevertrieb.
Umgekehrt sind nur noch wenige große Onlinehändler wie Amazon in Deutschland, Zooplus und GartenXXL ausschließlich im Internet unterwegs. Das ergibt auch Sinn: Wie wir in unseren Studien bereits seit 2002 belegen, bestehen erhebliche Cross-Channel-Effekte zwischen den Vertriebskanälen. Kunden informieren sich vor einem Onlinekauf in stationären Läden, die Onlinerecherche wird auch vor stationären Käufen zunehmend zum Normalfall. Nur wer im Internet und auf der Fläche präsent ist, kann das volle Kundenpotenzial ausschöpfen. Dies wird sich zumindest auch kurz- und mittelfristig nicht ändern. Eine aktuelle ECC-Studie zeigt, dass sich zwei Drittel der Smart Natives (Konsumenten bis 25 Jahre mit hoher Smartphone- und Onlineaffinität) zu den „Selektiven Online-Shoppern“ zählen, die sich je nach Produkt, Wetter, Zeitfenster oder einfach Lust und Laune für den Kauf per Smartphone in der S-Bahn, Tablet auf dem Sofa oder eben vor Ort im stationären Handel entscheiden.
Retten die Ladengeschäfte der ehemaligen Online-Pure- Player die Innenstädte? Definitiv nein! Unsere Berechnungen gehen von gut 2.000 neuen Geschäften bis 2020 aus, während bis dahin 40.000 stationäre Geschäfte schließen könnten. Der Druck auf die Fläche bleibt groß. Stationärer Handel wird bleiben, aber er wird sich deutlich wandeln: mehr Service, mehr Erlebnis, mehr Interaktion, mehr Beratung, natürlich auch mehr Technologie. In der Konsequenz bedeutet das: weniger Fläche, mehr Kundenorientierung.