Wenn der Weihnachtsbaum das Wohnzimmer verlässt und die Yogamatte aufgrund guter Vorsätze vom Speicher geholt wird, dann ist es wieder so weit: Ein neues Jahr bricht an. Um nach vorne schauen zu können, wagen unser heutiger HandelBar Gast Prof. Dr. Werner Reinartz und HandelBar Host Dr. Kai Hudetz in traditioneller Manier zunächst den Blick in den Rückspiegel. Mittlerweile bereits zum vierten Mal (HandelBar #24, #51 und #74) teilt Prof. Reinartz, Direktor der IFH FÖRDERER und des Seminars für allgemeine BWL, Handel und Management an der Universität zu Köln, an der HandelBar zum Jahreswechsel seine Insights aus der Forschung, um den Bogen zur Praxis zu schlagen.
„Verbraucher:innen nehmen die höheren Preise ganz deutlich wahr und werden immer preissensibler.“
2024 haben sich drei Themen als Dauerbrenner für den Handel herausgestellt, beobachtet Prof. Reinartz: Technologische Innovationen bei gleichzeitiger Vorsicht der Händler:innen („auf Sicht fahren“), nicht zu Letzt forciert durch die Konsumzurückhaltung der Verbraucherinnen und Verbraucher (02:50). Besonders der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) bekam laut dem Experten die Preissensibilität der Kund:innen zu spüren: Sie warteten aktiv auf Aktionen und Rabatte um Einkäufe zu tätigen (06:12). Der Preis spielte dabei eine wichtigere Rolle als Themen wie Nachhaltigkeit oder das Kauferlebnis (ab 15:51). Was bedeutet dieses Kaufverhalten aber für den Handel? Trotz des Preisdrucks sei Preishygiene, also eine realistische Preispolitik, essenziell für den Erfolg der Märkte, betont Prof. Reinartz (ab 06:40). Den größten Hebel in puncto Kostensenkung für den Handel sieht er in der Effizienzsteigerung durch digitale Innovation und Automation – Kriterien die sogenannte Smart Stores, welche uns Prof. Dr. Stephan Rüschen bei seinem HandelBar-Besuch näherbrachte, bereits erfüllen.
„Die Funktion, Verfügbarkeiten vorab online zu prüfen, ist für Verbraucher:innen extrem wichtig.“
Preis ist wichtig, so viel ist klar. Aber was die Shopper:innen außerdem wirklich bewegt, haben wir in der 2024er Ausgabe der IFH FÖRDERER Schwerpunktstudie genauer unter die Lupe genommen. Eine Erkenntnis, die für unseren Gast nicht neu, aber dennoch wichtig war, zahlenbasiert bestätigt zu sehen, ist die Relevanz einer vertrauensvollen Beziehung zwischen Kund:innen und Händlern (ab 11:09). Neue Billig-Plattformen wie Shein und Temu haben den Markt aufgerüttelt, doch Prof. Reinartzsieht ihr Wachstum wegen des mangelnden Vertrauens in die Produktqualität als endlich an. Der stationäre Handel könne bei diesem Thema durch seine haptische Qualität punkten – sollte aber auch den Autonomiewunsch der Kund:innen durch Services wie Onlineverfügbarkeit und Self-Check-Out gemäß des Credos „Don’t babysit your Customers“ (Mehr dazu in unserer Studie mit Google) respektieren (12:26).
„Für das kommende Jahr bin ich optimistisch, solange wir die Hausaufgaben machen.“
Wird 2025 ein besseres Jahr für den Handel? Prof. Reinartz zeigt sich verhalten optimistisch: Für ein erfolgreiches Handelsjahr müsse man die Bürokratie zurückfahren und innovativer werden, den Fokus zurück auf die Industrie lenken, mehr Fachkräfte ausbilden und die Energiekosten in den Griff kriegen (ab 22:37). Dieser Wandel betreffe nicht nur den Handel, sondern die gesamte Gesellschaft. Unterstützung in dieser Transformation verspricht er sich von technologischen Innovationen, weshalb Smart Retail und Künstliche Intelligenz in seinen Forschungsfokus für die IFH FÖRDERER Schwerpunktstudie 2025 rücken (23:36).
Wir danken Prof. Reinartz für seinen erneuten Besuch an der HandelBar und freuen uns auf die Ergebnisse der Schwerpunktstudie, die wie gewohnt auf der FASZINATION HANDEL – Save the Date 09. September – vorgestellt werden.