Von hohem Werbedruck und großem medialen Interesse begleitet hat REWE als erster Lebensmitteleinzelhändler Deutschlands am 1. Juli 2023 seinen gedruckten Prospekt eingestellt. Für andere Händler stellt sich nun zunehmend die Frage, ob dies eine für den gesamten Lebensmitteleinzelhandel (LEH) richtungsweisende Entscheidung war und welche Rolle gedruckte Prospekte zukünftig im Angebotsmix spielen werden. Um Dynamiken wie die Einstellung von Prospekten oder die Einführung von neuen Kanälen wie WhatsApp abzubilden, haben wir Anfang des Jahres gemeinsam mit MEDIA Central die Studienreihe „ChannelUP - Consumer Insights zur 360° - Angebotskommunikation“ ins Leben gerufen. In der Studienreihe werden quartalsweise die Nutzungs- und Rezeptionsgewohnheiten sowie die Abverkaufswirkung von bis zu 11 Kanälen* der Angebotskommunikation untersucht (hier die Ergebnisse aus Q1/ 2023 und Q2/ 2023). Im Fokus der dritten Erhebung 2023 standen Kanalveränderungen im LEH und in diesem Zusammenhang auch die aktuell wohl prominenteste: Der Prospekt-Ausstieg von REWE.
Was ist ChannelUP und wie können Händler damit arbeiten?
ChannelUP ist ein praxisrelevantes Instrument, welches regelmäßig über drei Branchen bis zu 14 Kanäle der Angebotskommunikation und deren Nutzung, Wahrnehmung, Bewertung und Wirkung aus Konsumentensicht evaluiert. Dafür werden pro Quartal etwa 1.000 Konsument:innen befragt.
Ausgehend von der Häufigkeit der Kanalnutzung und -wahrnehmung sowie einer Kanalbewertung bildet ChannelUP folgende Kennzahlen ab:
- LOYALITÄTS-UP (regelmäßige Kategoriekäufer:innen): Welche Kanäle führen dazu, dass man erst recht bei Händlern kauft?
- FREQUENZ-UP (unregelmäßige Kategoriekäufer:innen): Welche Kanäle führen dazu, dass man häufiger bei Händlern kauft?
- BON-UP: Welche Kanäle führen dazu, dass man (häufig) mehr als geplant bei Händlern kauft?
- ChannelUP-INDEX: Mittelwert aus LOYALITÄTS-UP, FREQUENZ-UP und BON-UP
Händler können ChannelUP nutzen, um für verschiedene definierte Marketingziele entsprechende für ihre Branche passende Kanäle im crossmedialen Mix auszuwählen und einzusetzen. Dynamiken im Zeitverlauf und ein insgesamt volatiles Marktumfeld werden durch die quartalsweise Erhebung berücksichtigt.
Kanäle im LEH: Noch wenig Veränderungen sichtbar
Wie schon im zweiten Quartal gab es auch in diesem Quartal – trotz REWE-Ausstieg – wenig Veränderungen beim Ranking der LEH-Kanäle: Gedruckte Prospekte bleiben der Kanal mit dem höchsten ChannelUP-Index (38 %, konstant gegenüber dem ersten und zweiten Quartal), gefolgt von Vor-Ort-Werbung (21 % gegenüber 20 % im ersten und 22 % im zweiten Quartal) und Prospekt-Websites/-Apps (17 % gegenüber 15 % im ersten und 14 % im zweiten Quartal). Der ChannelUP-Index von Online-Auftritten (14 %) und Online-Prospekten via WhatsApp (8 %) steigt jeweils minimal, bleibt aber nach wie vor hinter den oben genannten Kanälen zurück.
Gedruckte Prospekte im LEH: Entscheidender Einfluss auf's Relevant Set
Angebotskommunikation soll Lebensmittelhändlern insbesondere auch dabei helfen, sich speziell bei Gelegenheitskäufer:innen immer wieder in Erinnerung zu rufen und Einfluss auf deren Einkaufsstättenwahl zu nehmen. Die verschiedenen Kanäle erfüllen diese Funktion unterschiedlich gut: Fast die Hälfte der Lebensmittelkäufer:innen (47 %) gibt an, dass gedruckte Prospekte den größten Einfluss darauf haben, den Besuch bei einem bestimmten Lebensmittelhändler in Erwägung zu ziehen. Mit großem Abstand folgen Prospekt-Websites/-Apps (18 %), Online-Auftritte (16 %) und Online-Prospekte per WhatsApp (8 %). Interessant ist auch der Blick auf die unterschiedlichen Altersgruppen: Wenngleich bei den Lebensmittelkäufer:innen zwischen 18 und 29 Jahren gedruckte Prospekte nicht mehr ganz so hoch im Kurs stehen, haben diese dennoch auch in dieser Altersgruppe noch immer den größten Einfluss auf das Relevant Set – bei älteren Konsument:innen führt der Prospekt noch deutlicher.
Wie Konsument:innen den REWE-Ausstieg bewerten
Dass der Ausstieg von REWE aus der Prospektverteilung nicht ganz risikolos ist, zeigen unsere Zahlen in Hinblick auf die große Bedeutung von Prospekten in puncto Nutzung, Abverkaufswirkung und Relevant Set bereits bis hierhin recht deutlich. Aber wie schätzen Konsument:innen ganz konkret die Möglichkeiten ein, auch ohne den REWE-Prospekt weiterhin REWE-Angebote zu finden? Gute Nachrichten für REWE: Über zwei Drittel bewerten diese als sehr gut oder eher gut. Tatsächlich profitieren alle alternativen REWE-Kanäle, insbesondere die REWE-Website und die REWE-App: Der Nutzerzuwachs beträgt hier seit Prospekt-Einstellung neun bzw. zehn Prozent. Dennoch können die Alternativkanäle die durch die Prospekt-Einstellung entstandene Lücke momentan noch nicht ganz kompensieren: Betrug die Zahl der mindestens wöchentlichen Nutzer:innen von REWE-Kanälen vor Prospekt-Einstellung noch 64 Prozent, ist diese aktuell auf 51 Prozent gesunken. Hier wird es spannend sein zu sehen, ob es REWE langfristig gelingen wird, durch die Weiterentwicklung der App und zielgruppengerechte Angebotswerbung über verschiedene Kanäle auch Gelegenheitskäufer:innen und ältere Bevölkerungsschichten zu erreichen. Dadurch würde sich ein enormes Potenzial für die Personalisierung von Angebotskommunikation und nachhaltige Kundenbindung auftun.
SIE WOLLEN MEHR WISSEN?
Die gesamte Studie gibt es hier zum kostenlosen Download.
Mehr zu den Ergebnissen von ChannelUP Vol. 3 gibt es auch am 15. August um 14 Uhr in unseren ECC WEB TALKS. Kostenlos dabei sein? Dann hier anmelden.
*Die 11 untersuchten Kanäle sind: Gedruckte Prospekte; Angebots-/Prospektapps; Onlineprospekte über WhatsApp; Onlineauftritte von Händlern; Social-Media-Werbung; Printanzeigen; TV-Werbung; Radiowerbung; Außenwerbung; Onlinewerbung; Vor-Ort-Werbung.