Streitigkeiten zu E-Mail-Einwilligungen sind häufig Gegenstand von Gerichtsentscheidungen. Ein aktuelles Urteil des OLG Hamm zeigt, dass man Wert auf eine exakte Abfassung des Einwilligungstextes legen sollte. Im schlimmsten Fall können Sie alle Adressen einstampfen. ECC-Club-Mitglied Rechtsanwalt Rolf Becker, Partner bei Wienke & Becker – Köln, erläutert die Entscheidung.
Es ging um einen Rechtsstreit im Zusammenhang mit der Zusendung von Werbe-E-Mails im Bereich von Bekleidungsangeboten, wie sie heute an der Tagesordnung sind. Kläger war hier ein Verband, der Unterlassungs- und Kostenerstattungsansprüche im Rahmen einer Abmahnung geltend machte.
Der Anwalt des Verbandes hatte sich im stationären Geschäft zu einem Kundenbindungsprogramm angemeldet. Dabei enthielt der Kundenkartenantrag folgende Erklärung:
„Einwilligung in das Kundenkartenbonusprogramm
Ich bin damit einverstanden, dass die von mir angegebenen persönlichen Daten (….E-Mail Adresse…) sowie meine Kaufrabattdaten (Kaufdaten und Kaufpreis) zum Zwecke des Kundenkartenprogramms und für Werbezwecke (… per E-Mail) von der A GmbH & Co. KG gespeichert, verarbeitet und genutzt werden.“
Der Widerruf der erteilten Einwilligung sollte ausweislich des Kundenkartenantrags – sofern er per E-Mail erfolgen sollte - an die E-Mail-Adresse „Email01“ gerichtet werden. Der Anwalt des Klägers gab auf dem Anmeldeformular die E-Mail-Adresse „Email02" an und unterzeichnete jeweils die oben wiedergegebene Einwilligungserklärung und eine Erklärung betreffend der Verarbeitung produktspezifischer Kaufdaten.
Mit anderer E-Mail-Adresse „Email03“ versendet, erhielt der Prozessbevollmächtigte des Klägers dann von der Beklagten am 28.02.2016 eine werbende E-Mail zum Thema „HOT STUFF – Die neuen Bikerjacken“ und am 16.12.2018 eine weitere werbende E-Mail mit dem Titel „Farbe für den Winter". Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers am 01.01.2019 per E-Mail über den Absender „Email04“ einen sogenannten „Newsletter zum Thema „Wir starten 2019 mit kostenloser Lieferung" erhielt, teilte er am 02.01.2019 über den in der E-Mail der Beklagten vom 01.01.2019 hierzu bereitgestellten Link mit, dass er keine entsprechenden E-Mails von der Beklagten mehr erhalten wolle.
Gleichwohl erhielt er am 19.09.2020 und am 21.09.2020 über den Absender „Email04“ erneut zwei Werbe-E-Mails. Die Nachricht vom 19.09.2019 mit dem Titel „Auf diese Masche fallen wir gerne rein!" enthielt allgemein werbende Produktinformationen. Dagegen begann die Nachricht vom 21.09.2020 mit dem Titel „Made with 3MTm ThinsulateTm " mit einem kurzen Anschreiben mit der einleitenden Anrede „Hallo B, …“.
Einwilligung für verschiedene E-Mails?
Im Rechtsstreit wurden Missbrauchsaspekte zur Abmahnung geltend gemacht und prozessuale Einwände erhoben.
Im Kern ging es aber um den Vorwurf, die Einwilligungserklärung aus der Anmeldung zum Kundenbindungsprogramm lasse nicht hinreichend erkennen, dass diese sich auf zwei unterschiedliche Werbemaßnahmen beziehe, so dass die Einwilligung nicht wirksam erteilt sei. Jedenfalls sei ein mehrfacher Widerruf – spezifisch bezogen auf einzelne Werbungen – nicht erforderlich.
Das hatte nämlich die Händlerin so gesehen. Sie war der Meinung, dass die im Februar 2016 abgegebene Erklärung neben der Anmeldung bei dem Kundenkartenprogramm mit der genannten E-Mail-Adresse auch eine Anmeldung bei dem von ihr angebotenen allgemeinen Newsletter umfasste. Davon sei nur ein Teil widerrufen worden.
Weil aus Sicht der Händlerin gleich zwei Einwilligungen erteilt worden seien, habe der Anwalt auch zwei verschiedene Arten werbender E-Mails erhalten, nämlich allgemein gehaltene E-Mails über den „Newsletter" sowie personalisierte E-Mails auf Basis der Anmeldung zum Kundenkartenprogramm. Das lasse sich etwa daran erkennen, dass die E-Mails auf Basis des Kundenkartenprogramms jeweils eine persönliche Anrede enthielten, welche bei den allgemeinen „Newsletter"-E-Mails fehle.
Am 02.01.2019 habe sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers lediglich von dem allgemeinen Newsletter abgemeldet, den er anschließend auch nicht mehr erhalten habe. Hinsichtlich der E-Mails auf Grundlage des Kundenkartenprogramms hätte jedoch eine separate Mitteilung erfolgen müssen, dass auch insoweit die Zusendung von Werbe-E-Mails nicht mehr erwünscht sei. Der Widerspruch müsse – wie in der Anmeldung zum Kundenkartenprogramm angegeben – postalisch oder an die E-Mail-Adresse „Email01" erfolgen. Ein Widerspruch insoweit sei jedoch nicht erfolgt.
Versender der E-Mail trägt Beweislast
Der oder die Werbende muss darlegen und im Streitfall beweisen, dass zum Zeitpunkt der Werbung eine vorherige ausdrückliche Einwilligung vorlag (Art. 7 Abs. 1 DSGVO). Auch für die Anforderungen an die Einwilligung verwiesen die Richter auf die DSGVO.
Nach Art. 4 Nr. 11 DSGVO ist eine Einwilligung „jede freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutig bestätigenden Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist.
Um das Merkmal „für den bestimmten Fall“ zu erfüllen, muss sich aus der Einwilligung klar ergeben, welche einzelnen Werbemaßnahmen welcher Unternehmen davon erfasst werden, d.h. auf welche Waren oder Dienstleistungen welcher Unternehmer sie sich bezieht.
Keine unterschiedlichen Werbezwecke
Im behandelten Fall sahen die Richter:innen aber den Schwerpunkt auf der Angabe, dass die E-Mail-Adresse „zum Zweck des Kundenkartenprogramms und für Werbezwecke“ verwendet wird. Daraus ergab sich aus Sicht der Richter:innen jedenfalls nicht, dass sich die Einwilligung gleich auf zwei unterschiedliche Werbezwecke beziehen sollte, also einerseits auf den Erhalt von (personalisierten) Newslettern im Rahmen des Kundenkartenprogramms, andererseits – und davon abgegrenzt – auf den Erhalt von allgemeinen „Newslettern“. Hierzu fehlte jede Erläuterung.
Aus dem Urteil:
„Den von der Beklagten vorformulierten Text versteht der Durchschnittsverbraucher ohne diese Erläuterung so, dass er damit eine Einwilligung erteilt hat, die E-Mail-Adresse für die Teilnahme an dem Kundenkartenprogramm (z.B. durch Übermittlung von Gutscheinen, Abfragen der Aktualität der hinterlegten Daten o.ä.) und auch für allgemeine Werbezwecke – nämlich sämtliche sonstige Werbemaßnahmen per E-Mail einheitlich – zu nutzen.“
Einheitlicher umfassender Widerruf
Daher war der Widerruf der Einwilligung aus Sicht der Richter:innen umfassend und bezog sich nicht nur auf einen Teilbereich der Einwilligung, der eben ohnehin nicht erkennbar war.
Sammel-Einwilligung für mehrere Kanäle
Zudem erhob der Kläger den Vorwurf, die Einwilligung sei bereits deshalb unwirksam, weil sie die Einwilligung für verschiedentliche Wege der Werbung (Post, E-Mail, Telefon, SMS) einheitlich umfasse. Dem ging das OLG Hamm (Urt. v. 03.11.2022 - 4 U 201/21) nicht weiter nach.
In seinem Urteil vom 01.02.2018 – III ZR 196/17 hatte der dritte Zivilsenat des BGH vor Geltung der DSGVO entschieden, dass sich eine einzige Einwilligung in die Werbung auf mehrere Kommunikationskanäle gleichzeitig beziehen kann, ohne § 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu verletzen.
„Es widerspricht den Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG nicht, wenn sich die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Einwilligung eines Verbrauchers in die Kontaktaufnahme zu Werbezwecken auf mehrere Werbekanäle bezieht. Eine eigene Einwilligungserklärung für jeden Werbekanal ist nicht erforderlich.“
Offenbar wollte der Verband hier eine Klärung, ob das auch noch aktuell so gilt. Das Gericht musste die Frage aber nicht entscheiden, weil die Richter:innen einen ausreichenden Widerruf annahmen, der weitere Zusendungen unerlaubt machte.
Fazit
Das Urteil zeigt einmal mehr die Bedeutung der Abfassung des Einwilligungstextes. Hier wird noch viel falsch gemacht. Meist sind die Texte zu unbestimmt und lassen nicht erkennen, welche Inhalte die Einwilligenden erreichen sollen.
ÜBER DEN AUTOR
Rechtsanwalt Rolf Becker ist Partner der Rechtsanwälte WIENKE & BECKER in Köln und Autor von Fachbüchern und Fachartikeln zum Wettbewerbsrecht, Markenrecht und Vertriebsrecht insbesondere im Fernabsatz. Als Mitglied im ECC CLUB kommentiert Rechtsanwalt Becker für das ECC KÖLN regelmäßig aktuelle Urteile zum Online-Handel und gibt Händlern praktische Tipps, wie sie mit den gesetzlichen Vorgaben umgehen sollen.
RA Becker auf Twitter: http://twitter.com/rolfbecker
Er ist auch Autor auf den Informationsdiensten www.versandhandelsrecht.de.
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