Die Entwicklung im Payment schreitet mit großen Schritten voran. Wie die aktuellen Krisen diese Entwicklung beeinflussen und was B2B-Händler aus dem B2C lernen können, erklärt uns Malte Huffmann, der Co-CEO und Mitgründer von unserem ECC CLUB Mitglied Mondu, im Interview.
Wie würdest du die Entwicklungen im Payment in den letzten Jahren beschreiben?
Im Bereich des Zahlungsverkehrs hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan. Das liegt vor allem daran, dass die Unternehmen zunehmend online tätig sind. Das bedeutet, dass die meisten Unternehmen ihre Waren und Dienstleistungen über einen Webshop zum Verkauf anbieten. Diese Entwicklung ist schon seit einigen Jahren zu beobachten, wurde aber insbesondere durch die Corona-Pandemie erheblich beschleunigt. Die neuen Möglichkeiten des E-Commerce bringen aber auch Anforderungen mit sich: Käufer:innen wollen nicht nur schnell und einfach ihre gewünschten Produkte finden und in den Warenkorb legen, sondern auch einen einfachen, sicheren und nachvollziehbaren Bezahlvorgang erleben. Das Zahlungsangebot gehört demnach heute zur Customer Journey dazu und muss dementsprechend verbessert werden. Und hier zeichnet sich ein großer Fortschritt ab - vor allem im B2C-Bereich. Wenn Verbraucher:innen heute einen Kauf in einem Webshop abschließen wollen, haben sie die Wahl zwischen vielen verschiedenen Zahlungsoptionen. Viele davon sind "Buy Now, Pay Later"-Lösungen. Das bedeutet, dass die Käufer:innen Waren bestellen und zu einem späteren Zeitpunkt bezahlen können. Im B2B Bereich liegen wir hier noch zurück.
Wie schätzt du die Erwartungen der Käufer:innen im B2B ein, was die Zahlungsabwicklung angeht und inwiefern beeinflussen die aktuellen Krisen diese Erwartungen?
Auch im B2B-Bereich geht der Trend eindeutig in Richtung Digitalisierung. Bis 2025 werden Unternehmen voraussichtlich mehr als 50 % ihrer Einkäufe online tätigen.[1] Und die Erwartungen der B2B-Käufer:innen unterscheiden sich dabei kaum von denen im B2C-Bereich: Sie wollen ein einfaches, digitales Einkaufserlebnis mit flexiblen Zahlungsbedingungen. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Tatsache, dass die typischen Käufer:innen von heute Millennials sind. Bei diesen Geschäftskund:innen überschneiden sich Privat- und Berufsleben mehr als je zuvor - sie arbeiten zu flexiblen Zeiten aus dem Homeoffice und nutzen Geräte sowohl für private als auch berufliche Zwecke - eine weitere Entwicklung, die teilweise auf die Corona-Pandemie zurückgeht. Darüber hinaus ist diese Generation mit dem Internet aufgewachsen und fühlt sich in der digitalen Welt nicht nur wohl, sondern hat auch mehr Vertrauen in digitale Bezahlprozesse. Für Transaktionen, die früher aus Sicherheitsgründen persönlich über eine Bank abgewickelt wurden, wird heute bedenkenlos auf eine online Zahlungsmethode zurückgegriffen - auch wenn es sich um Beträge bis in die Millionen handelt. Eine weitere Folge der Pandemie und den langen Lockdowns ist allerdings auch die finanzielle Sorge vieler Unternehmen, die durch die anhaltende Inflation weiter verstärkt wird. Deshalb wünschen sich Unternehmen auch beim Online-Einkauf einfache Finanzierungsmöglichkeiten wie den Kauf auf Rechnung oder auf Raten. So können sie Waren, die sie für ihr Geschäft benötigen, kaufen und später bezahlen, wenn sie bereits Geld damit verdient haben. Das wirkt sich positiv auf den Cashflow der Unternehmen aus und ermöglicht ihnen auch, größere Anschaffungen flexibel zu gestalten.
Was sollten Webshops deiner Meinung nach - vor allem auch im B2B-Kontext - hinsichtlich Payment anbieten bzw. verbessern, um die Erwartungen zu erfüllen?
Derzeit besteht eine große Diskrepanz zwischen Offline- und Online-Handel, die es zu schließen gilt: Offline bieten mehr als 80 Prozent aller Händler:innen ihren Geschäftskund:innen die Möglichkeit, auf Rechnung zu kaufen,[2] aber nur 45 Prozent bieten diese Zahlungsmethode in ihrem Webshop an. Und das, obwohl sich 95 Prozent aller B2B-Käufer:innen diese Möglichkeit wünschen.[3] Der Handel muss sich unbedingt auf die neuen Erwartungen von Käufer:innen einstellen. Und diese Erwartungen beziehen sich vor allem auf eine reibungslose digitale Kauferfahrung und finanziellen Support in Zeiten der Krise. So muss eine Transaktion von Anfang bis Ende über den Webshop abgewickelt werden können, auf dem flexible Zahlungsmethoden zur Auswahl stehen: Die Kund:innen wollen selbst entscheiden, wie und wann sie bezahlen wollen bzw. können. Daher ist es wichtig, die beliebtesten Zahlungsmethoden anzubieten, um neue Kund:innen zu gewinnen, bestehende Kund:innen zu binden und generell die Conversion Rate zu erhöhen. Wir haben Studien vorliegen, die zeigen, dass die Abbruchrate im Checkout deutlich steigt, wenn B2B-Käufer:innen ihre bevorzugte Zahlungsmethode nicht vorfinden. Ein weiterer Faktor für einen reibungslosen Checkout ist die Zeit: Von B2C-Webshops sind Kund:innen gewohnt, dass alle Zahlungsmethoden direkt verfügbar sind. Das erwarten sie auch, wenn sie für ihr Unternehmen einkaufen. Deshalb müssen Identitäts- und Bonitätsprüfungen in Echtzeit durchgeführt werden. Die sofortige Akzeptanz möglichst vieler Käufer:innen und das Angebot flexibler Zahlungsbedingungen erhöht die Zufriedenheit der Kund:innen und den Umsatz der Händler:innen.
Welche Herausforderungen siehst du bei der Implementierung der von dir empfohlenen Zahlungsarten und wie können diese gemeistert werden?
Aus unserer Erfahrung heraus sehen wir vier große Herausforderungen, die viele Unternehmen davon abhalten, ihren Käufer:innen das Zahlen auf Ziel anzubieten. Die erste Herausforderung besteht darin, so vielen Käufer:innen wie möglich einen Kauf auf Rechnung anbieten zu können, ohne dabei Verluste zu machen. Eine besondere Herausforderung dabei ist die Identifizierung und Bonitätsprüfung von Neukund:innen und die unterschiedlichen Unternehmenstypen, die es zu beachten gibt. Zweitens: Da die Bestellsummen im B2B-Bereich in der Regel deutlich höher sind als bei privaten Einkäufen, müssen auch die Limits hoch sein, was sich viele Händler:innen nicht leisten können, da das Risiko eines Zahlungsausfalls zu hoch wäre. Die dritte Herausforderung für B2B-Webshops ist es, die von den Käufer;innen erwartete, reibungslose Kaufabwicklung zu gewährleisten. Der Checkout muss einfach und schnell sein, darf aber nicht auf Kosten der Sicherheit für die Händler:innen gehen. Und die letzte Herausforderung, die wir identifiziert haben, ist das Anbieten von "Buy Now, Pay Later"-Lösungen mit individuellen Zahlungsbedingungen. Hier spielen branchenspezifische Zahlungsbedingungen und Anwendungsbereiche eine große Rolle. Die Nachfrage nach "Buy Now, Pay Later"-Lösungen wird mit steigender Inflation weiter zunehmen - da sind wir uns sicher. Ein effektives Betrugs- und Risikomanagement sorgt dafür, dass Händler kein zu großes Risiko eingehen und auf unbezahlten Rechnungen sitzen bleiben. Bei der Implementierung haben die Händler:innen zwei Möglichkeiten: Sie können eine eigene Lösung entwickeln, die den Herausforderungen gerecht wird, oder sie können einen externen Zahlungsanbieter nutzen, der auf den B2B-Sektor spezialisiert ist und auf den sie die Risiken und operativen Aufgaben übertragen können.
[1] Quelle: ibi research: „B2B-E-Commerce 2020 – Status quo, Erfahrungen und Ausblicke“
[2] Quelle: ibi Research: "Payment und Finanzprozesse im B2B-E-Commerce"
[3] Quelle: ibi Research „B2B-E-Commerce 2020 – Status quo, Erfahrungen und Ausblicke“