Cross-Border E-Commerce (grenzüberschreitender Handel) nimmt eine immer wichtiger werdende Rolle im Onlinegeschäft ein. Anlässlich ihres vor kurzem veröffentlichten Whitepapers zum Thema haben wir Berthold Reinke, Vice President Global Business Development bei unserem ECC CLUB Mitglied Arvato Supply Chain Solutions zum Interview eingeladen.
Was sind die größten Hindernisse für Unternehmen, sich international auszurichten?
In meinen Augen sind es drei wesentliche Herausforderungen, die Unternehmen davon abhalten, auf internationale Märkte zu expandieren:
- Die Komplexität der Lieferketten.
- Das Thema Lokalisierung und lokalisierte Marketing- und Vertriebsstrategien.
- Rechtliche Anforderungen, die mit dem Thema Export einhergehen.
Aber auch das Thema Konnektivität spielt eine große Rolle. In vielen Unternehmen liegt keine geeignete IT-Landschaft vor, daher unterhalten wir uns mit Kunden, die über grenzüberschreitenden Handel nachdenken, zunächst auch über das Thema IT und wie wir uns digital miteinander connecten können.
Wovon hängt der Erfolg des Cross-Border E-Commerce ab?
Der wichtigste Aspekt aus meiner Sicht ist die Adaptierung des lokalen Konsumentenverhaltens. Um eine Akzeptanz bei den lokalen Konsument:innen zu generieren, müssen zum einen die starken und beliebten Zahlmethoden angeboten werden. Das erleichtert den Bestellprozess. Zum anderen steht das Thema Time-to-Market im Fokus. Aufgrund der längeren Transportwege und damit auch Zeiten, muss im Lager eine taggleiche und schnelle Abwicklung gewährleistet werden, um die Gesamtzeit so kurz wie möglich zu halten. Idealerweise erfolgt dann im Transport auch eine Einspeisung in die lokalen Netzwerke am Folgetag. Dadurch kann in vielen Fällen der lokale Markt oder der Cross-Border-Markt dann auch in zwei bis drei Tagen bedient werden, ohne hohe Expresskosten in Kauf nehmen zu müssen. Auch Retouren sollten ähnlich schnell abgewickelt werden, um die Käufer:innen nicht über Minderleistung und langes Warten der Erstattung zu vergraulen. Jeder Cross-Border-Händler steht ja auch im Wettbewerb mit Händlern eines lokalen Lagers. Den Konsument:innen ist es mehr oder weniger egal, woher geliefert wird. Wenn es sich um Sendungen zur Verbringung außerhalb der EU handelt oder eine Verbringung in ein anderes Zollgebiet, dann muss jedoch sichergestellt sein, dass die Konsument:innen nicht überrascht werden, noch zusätzlich Einfuhrabgaben entrichten zu müssen.
Welche Rolle spielt die globale Pandemie beim Thema Cross-Border E-Commerce?
In einer Post-Coronazeit, wie wir sie gerade erleben, war es noch nie so einfach, von einem Lagerstandort international zu verkaufen. Lieferketten werden angepasst, Technologie integriert und Home Office ist State-of-the-Art. Es ist möglich, Waren über die ganze Welt zu verkaufen und zu liefern, ohne mehrere Headquarters in verschiedenen Ländern errichten zu müssen. Corona hat dabei der Digitalisierung und Virtualisierung der Geschäftsmodelle sicherlich einen sehr starken Schub gegeben. Es gehen nun Dinge, die vorher als unmöglich vertan wurden.
Warum wird internationales Geschäft auch für kleine und mittelständische Unternehmen immer wichtiger?
Die Logistik hat ein globales Netzwerk für Warenströme entwickelt, dass jedem Verkäufer, über unterschiedlichste Partnerschaften, die Möglichkeit geben wird, in viele unterschiedliche Märkten zu verkaufen. Somit steigt der Wettbewerb mit komplementären oder substitutiven Produkten im eigenen Markt. Zudem entwickeln sich die großen Anbieter aufgrund ihrer Größe immer weiter und expandieren in viele Märkte, wodurch das Risiko steigt, immer weiter aus Märkten gedrängt zu werden und dadurch die kritische Schwungmasse zu verlieren.