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13. Mai 2019

Eva Stüber traf Marc Opelt zum Gespräch in der OTTO-Zentrale in Hamburg.

Eva Stüber traf Marc Opelt zum Gespräch in der OTTO-Zentrale in Hamburg.

Zum neunten Mal in Folge stehen die Zeichen beim Onlinehändler OTTO auf Wachstum. Um diesen Trend auch fortzuführen, nimmt das Hamburger Unternehmen nun jährlich 100 Millionen Euro zur Weiterentwicklung seines Marktplatzes und Implementierung digitaler Technologien in die Hand. Dr. Eva Stüber traf Marc Opelt, Vorsitzender des Bereichsvorstands OTTO, auf dem OTTO Campus, zum Interview.

Es wird zurzeit viel über Technologie im Handel gesprochen: Was denken Sie: Spielt Technologie direkt am Kunden oder im Hintergrund eine größere Rolle?

Marc Opelt: Sowohl als auch. Einerseits geht es darum, neue Technologien so einzusetzen, dass diese ein neues, komfortables und besseres Einkaufserlebnis für die Nutzer von otto.de schaffen können. Andererseits ist es wichtig, dass wir verstehen, wie Menschen mit neuen Technologien umgehen und für welche Zwecke in ihrem Alltag einsetzen. Wir haben in den vergangenen Jahren gelernt, wie sich kundenseitige Aufmerksamkeit teilweisekomplett auf unterschiedliche neue Geräte und Kanäle verteilt. Und es kommen immer wieder neue Kanäle – wie gerade WhatsApp als Servicekanal – dazu. Was dabei im Hintergrund, in den Maschinenräumen, passiert, ist aus Kundenperspektive weitestgehend unerheblich – die Hauptsache bleibt, dass das Shoppingerlebnis ein noch besseres, bequemeres, inspirierenderes wird.

Agilität und Schnelligkeit sind wesentliche Erfolgsfaktoren im Zeitalter der Digitalisierung. Wie geht OTTO mit diesen Anforderungen um?

Dort wo es passt und sinnstiftend ist, setzen wir auf agile Arbeitsmethoden. Etwa in der Entwicklung neuer Software oder Produkte und Apps rund um otto.de. Dabei setzen wir auf fortlaufende Wiederholungen und präferieren Entwicklungen, die Schritt für Schritt, ablaufen und zwischendurch immer wieder evaluiert und getestet werden. Drei gute Beispiele dafür sind unser Möbel-Shop „YourHome“, die Bilderkennungsapp „alike“ oder unser Mietservice „OTTOnow“. Hier testen wir sehr viel, um die kritischen Erfolgsfaktoren neuer Anwendungen und Geschäftsmodelle zu erfahren. Dabei haben wir insbesondere die technischen Voraussetzungen und Funktionsweisen der Prototypen im Blick. Gibt es hier keine Beanstandungen, integrieren wir die Services in die otto.de-Webseite oder -App.

Apropos App: Es gestaltet sich häufig schwierig, Apps bekannt zu machen, Kunden zum Download und zur regelmäßigen Nutzung zu bewegen. Wie sind ihre Erfahrungen?

Unsere App-Downloads entwickeln sich aktuell rasant: Im Juni 2018 haben beispielsweise 1,5 Mio. Menschen die otto.de-App genutzt. Die Einkäufe über die App haben sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Da hilft unserer große Grundbekanntheit. Aber in der Tat müssen wir für unsere App genauso Werbung machen wie für Produkte oder Services. Es lohnt sich aber, da neben der Interaktion auch der Servicegrad in der App wesentlich höher sind. Aus Kundenperspektive muss eine App einen echten Mehrwert bieten, um sie herunterzuladen, sich darin zu bewegen oder damit zu bestellen. Daher bieten wir jetzt etwa in unserer YourHome-App auch eine Augmented Reality-Funktion an, mit der bereits 1.400 virtuelle Möbel in die eigenen vier Wände projiziert werden können.

Mit OTTO ready schlagen Sie nun die Brücke zur automatisierten Nachbestellung. Was steckt hinter dem Angebot?

Wir sind davon überzeugt, dass Haushaltsgeräte ohne Internetzugang keine Zukunft haben. Daher verbinden wir diese über die App des Geräteherstellers mit otto.de. Konkret bedeutet dies: Da die Spülmaschine schon vorher weiß, wann der letzte Tab verbraucht wird, erhält der Nutzer rechtzeitig vorher eine Push-Nachricht. Was OTTO ready schafft ist, die Benachrichtigung in eine Bestellung umzuwandeln oder - wie der verantwortliche Kollege Jörg Heinemann immer sagt: "IoT ist das coole Abo von morgen!" Hierfür haben wir das Start-up OrderThis ins Boot geholt, deren Software als Verbindungselement zwischen unserem Onlineshop und internetfähigen Haushaltsgeräten fungiert und so zukünftig den Verkauf von passenden Zusatzprodukten wie Spülmaschinentabs, Kaffeebohnen oder Waschpulver ankurbelt. Hinzu kommt, dass Kunden aus verschiedenen Produkten aussuchen können und nicht auf eine Marke festgelegt werden. Im ersten Pilotprojekt können Geschirrspüler mit Home Connect – beispielsweise der BSH-Geräte – Tabs bei otto.de bestellen.

Blicken wir nun doch einmal auf Technologien, die sich im Hintergrund abspielen: Insbesondere Computer Generated Imagery (CGI) gewinnt im E-Commerce immer mehr an Relevanz. Warum?

Mit CGI gelingt es uns, die Grenzen der Fotografie zu überwinden, um Produktbilder jederzeit ändern und hinsichtlich ihrer Farbe und Größe anpassen zu können. Getrieben wird die Technologie durch die Integration neuer Partner auf unserer Plattform und dem Kundenwunsch nach Konfigurationsmöglichkeiten. Denn unseren Partnern fehlt es oft an adäquaten Bildern, die im Rahmen der Produktpräsentation verwendet werden können. Und der Wunsch nach Konfigurationsmöglichkeiten erfordert eben viele weitere tausende Fotos. Um beiden Wünschen entsprechen zu können, produzieren wir in unserem CGI Lab auf Grundlage der Konstruktionsdaten zunächst einen Digitalen Zwilling. Das ist ein exaktes Abbild des Originalprodukts, das dann in 3D visualisiert und jederzeit verändert werden kann. Bis 2021 sollen 70 Prozent aller Möbelabbildungen bereits CGI-basiert sein. Des Weiteren bildet CGI die Datengrundlage für Augmented Reality-Anwendungen. Denn für die erweiterte Realität braucht es vor allem detaillierte 3D-Modelle.

Wir haben sehr viel über Technologien gesprochen. Wie gelingt es Unternehmen wie OTTO qualifizierte Mitarbeiter zu finden?

Wir bilden auf dem Campus eigeninitiativ viele junge Leute aus, die dann in der Lage sind, Aufgaben zu übernehmen, für die normalerweise ein Studium benötigt wird. Wir konnten auch mit dem „E-Commerce-Kaufmann“ als neuem Ausbildungsgang gut durchstarten und unterstützen in Hamburg sowie in Berlin mehrere schulische Initiativen, die wir entweder zu uns auf den Campus holen oder eigene Mitarbeiter in die Schulen schicken, um das Thema digitale Bildung zu unterstützen und voranzutreiben. Die Geschwindigkeit der Politik bei der Förderung des digitalen Arbeitsmarktes ist aus meiner Sicht leider erschütternd langsam. Sowohl die zwingend notwendige Diskussion hierzu als auch der konkrete Wille zur Veränderung kommt viel zu kurz. Also ist es wichtig, dass wir bei bei OTTO Treiber der Digitalisierung sind und bleiben.

 

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