Die Digitalisierung fordert den etablierten Handel heraus. Welches waren die größten Hürden für Otto?
Dr. Thomas Schnieders: Mit der wachsenden Anzahl unterschiedlicher Kanäle und Endgeräte war und ist es eine große Herausforderung, die relevanten rechtzeitig zu erkennen und im Sinne eines zukunftsorientierten test-and-learn-Ansatzes für unser Geschäftsmodell auszuprobieren – dabei auch Fehler zuzulassen und einzukalkulieren – und gleichzeitig das aktuelle Kerngeschäft auf einem hohen Niveau zu halten. Die große Kunst ist es, das richtige Tempo der Transformation auszuloten.
Die womöglich größte Herausforderung für OTTO war das Inhousing von Technologiekompetenz für unsere E-Commerce-Plattform. Seit 2013 läuft otto.de auf einer intern entwickelten Software, die uns mehr Flexibilität und Geschwindigkeit bringt. Sie hat uns auch völlig neue Arbeitsweisen und ein anderes Verständnis von Führung und Zusammenarbeit gebracht. Denn mit dem Geschäftsmodell muss sich auch die Unternehmenskultur verändern und weiterentwickeln.
Die gemeinsame Studie mit dem ECC KÖLN zeigt, dass mehr als jeder vierte Online-Shopper noch an den PC wechselt, um ein Produkt zu bestellen, das er via Smartphone gefunden hat. Was tut OTTO dafür, dass auch die Bestellung mobil abgeschickt wird?
Dr. Thomas Schnieders: Für uns ist nicht wesentlich, auf welchem Kanal unsere Kunden bestellen. Wir müssen aber unbedingt verhindern, dass wir den Kanalwechsel verursachen – zum Beispiel durch eine schlechte Benutzbarkeit. Deswegen ist unser Onlineshop otto.de heute im Responsive Design angelegt: Das heißt, er wird optimal an jedes beliebige Endgerät und die verfügbare Screen-Größe angepasst. In unserem User Experience Lab arbeiten wir laufend daran, das Einkaufserlebnis auch auf mobilen Geräten noch komfortabler zu machen. Richtig gut sind wir dann, wenn der Kunde gar kein Bedürfnis mehr hat, vor dem Absenden der Bestellung sicherheitshalber nochmal an den Rechner zu wechseln. Wer es doch noch tut, kann nahtlos an seine letzte Session anknüpfen und den Einkaufsprozess an der Stelle fortsetzen, an der er ihn unterbrochen hat: Ein in der U-Bahn per Smartphone in den Warenkorb gelegter Artikel ist beim nächsten Login zuhause vom Rechner im Warenkorb wiederzufinden und andersrum.
Dass wir mit unserem Engagement in Sachen Mobile Shift auf dem richtigen Weg sind, bestätigen uns die Zahlen: Etwa jeder zweite Visit auf otto.de kommt heute schon über Smartphones und Tablets.
Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Trends im B2C-E-Commerce, an denen wir in der nächsten Zeit nicht vorbei kommen werden?
Dr. Thomas Schnieders: Nachdem wir mithilfe von Responsive Design dafür gesorgt haben, dass unser Shop auf verschiedensten Endgeräten optimal funktioniert und eine nahtlose Customer Journey ermöglicht, geht es im nächsten Schritt nun darum, den Shop optimal auf die Bedürfnisse jedes einzelnen Kunden auszurichten. Wir beschäftigen uns intensiv mit den Themen Personalisierung und Individualisierung, um die Relevanz unserer Angebote für die Kunden zu maximieren – intelligent und in Echtzeit. Im besten Fall wissen wir vor den Kunden selbst, was sie als nächstes brauchen, und können entsprechende Kaufanreize und Problemlösungen noch zielgerichteter präsentieren. Unser Anspruch ist es, der beste und persönlichste Anbieter im digitalen Handel zu sein.